Die Mutter der Königin (German Edition)
uns sein Wort gegeben!»
«Welchen Tod sollen diese Rebellen finden?», wiederholt sie und sieht ihren Sohn an. «Diese Männer, die deinen Vater gefangen gehalten haben und es jetzt wagen, mir zu erzählen, er sei krank?»
Der kleine Junge greift nach dem Heft seines Schwerts, als wollte er sie eigenhändig töten. «Wenn sie einfache Männer wären, würde ich sie aufknüpfen», sagt er mit seiner piepsigen Jungenstimme, jedes Wort deutlich ausgesprochen, wie sein Lehrer es ihn gelehrt hat. «Aber da sie Lords sind und Angehörige des Hochadels, sollen sie geköpft werden. Dies ist mein Wille.»
Die Königin nickt ihren Wachen zu. «Tut, was der Prinz gesagt hat.»
«Euer Gnaden!», sagt Sir Thomas leise, um den König nicht zu erschrecken, der seine Hand umklammert hält.
«Geht nicht fort, Sir Thomas», bittet der König. «Lasst mich nicht allein hier mit …» Er sieht zur Königin, doch in seinem wirren Kopf findet er ihren Namen nicht. «Wir können doch weiterspielen», sagt er, als wollte er seinen Freund verlocken, bei ihm zu bleiben. «Ihr spielt doch so gern.»
«Euer Gnaden.» Sir Thomas hält seine Hand und schließt die andere Hand behutsam darüber. «Ihr müsst Ihrer Gnaden, der Königin, beteuern, dass ich mich um Euch gekümmert habe. Ihr habt gesagt, wir sollten bei Euch bleiben, dann würde uns nichts geschehen. Ihr habt uns Euer Wort gegeben! Erinnert Ihr Euch? Lasst nicht zu, dass die Königin uns köpft.»
Der König wirkt verwirrt. «Habe ich das getan?», fragt er. «O ja! Ich habe versprochen, dass ihnen nichts geschieht. Ähm … Marguerite, du wirst diesen Männern doch nichts tun?»
Ihr Gesicht ist wie Eis. «Wie kommst du nur darauf?», sagt sie zu ihm. «Mach dir keine Sorgen.» Und zum Wachmann sagt sie: «Führt sie hinaus.»
«Marguerite», flüstere ich drängend, «sie haben sein Wort.»
«Narren, alle miteinander», zischt sie und nickt dem Wachmann noch einmal zu. «Führt sie hinaus.»
Wir finden Unterkunft im Dormitorium der Abtei von St. Albans, mit Blick auf die gefrorenen Obstgärten. Die Kämpfe fanden in den Straßen um die Abtei statt, deswegen kommen viele Verwundete ins Stiftshaus und in die Scheunen, wo sich Nonnen um sie kümmern. Wenn sie sterben, tragen Mönche sie hinaus, um sie zu beerdigen. Ich kann für Richard einen Badezuber auftreiben, und er wäscht sich mit Wasser aus dem Krug. Er hat am Schwertarm eine Verletzung erlitten, und ich habe sie mit Thymianwasser von zu Hause abgetupft und fest verbunden. Anthony ist Gott sei Dank unverletzt.
«Wo ist John?», frage ich. «Bei der Kavallerie?»
Richard kehrt mir den Rücken zu, steigt aus dem Bottich und tropft den Boden nass. Ich kann sein Gesicht nicht sehen. «Nein.»
«Wo ist er?»
Sein Schweigen erschreckt mich. «Richard, ist er verletzt? Richard? Ist er nicht in der Abtei?»
«Nein.»
Jetzt habe ich große Angst. «Wo ist er? Er ist doch nicht verletzt? Ich muss zu ihm. Ich sollte nach Elizabeth schicken, ich habe es ihr versprochen.»
Richard knotet sich zögerlich ein Tuch um die Lenden, dann setzt er sich an das kleine Kaminfeuer. «Es tut mir leid, Jacquetta. Er ist tot.»
«Tot?», wiederhole ich stumpf.
«Ja.»
«John?»
Er nickt.
«Aber die Kavallerie hat doch Warwicks Front durchbrochen, sie hat die Schlacht für uns gewonnen. Die Kavallerie hat diese Schlacht gewonnen!»
«John ist vorangeritten. Sie haben ihm eine Lanze in den Bauch gestoßen. Er ist tot.»
Ich sinke auf den Schemel. «Das wird Elizabeth das Herz brechen», murmele ich. «Gütiger Gott. Er ist doch noch ein Junge. Und du bist so viele Male unversehrt davongekommen!»
«Glück», sagt er. «Er hatte Pech, das ist alles. Er hatte Pech. Gott segne ihn. Hast du das alles vorhergesehen?»
«Ich konnte für die beiden nie eine Zukunft sehen», sage ich bitter. «Doch ich habe nichts gesagt und sie heiraten lassen. Obwohl ich gar nichts für sie vorhersehen konnte. Trotzdem war es eine gute Partie, und ich wollte, dass sie gut verheiratet ist, mit einem reichen Mann. Ich hätte sie warnen sollen … und ihn auch. Manchmal sehe ich Dinge voraus, doch oft genug bin ich blind.»
Er beugt sich vor und nimmt meine Hand. «Das ist Schicksal», meint er. «Eine grausame Göttin. Schreibst du Elizabeth? Ich kann einen Mann mit einer Nachricht aussenden.»
«Ich reite selbst zu ihr», beschließe ich. «Ich ertrage den Gedanken nicht, dass sie es von jemand anderem erfährt. Ich gehe und sage es ihr
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