Die Mutter der Königin (German Edition)
genau?»
Sie zuckt die Achseln und verzieht das Gesicht, als sei es unter ihrer Würde, darüber zu sprechen, oder als sei es peinlich oder – noch schlimmer – zu unangenehm für Worte. «Ach, meine Liebe, du musst einfach nur deine Pflicht tun. Er wird dir sagen, was er erwartet. Er wird dir sagen, was du tun musst. Er erwartet jedenfalls nicht, dass du irgendetwas weißt, und er wird es vorziehen, dein Lehrer zu sein.»
«Tut es weh?»
«Ja», sagt sie, nicht gerade hilfreich. «Aber nicht lange. Da er älter ist und sich auskennt, sollte er dich nicht zu sehr verletzen.» Sie zögert. «Aber wenn er dir weh tut …»
«Ja?»
«Dann beklage dich nicht.»
Die Hochzeit soll am Mittag stattfinden, und um acht Uhr morgens fangen wir mit den Vorbereitungen an. Die Zofe trägt Brot, Fleisch und Dünnbier herein, um mich durch den langen Tag zu bringen. Ich kichere, als ich das Tablett mit dem vielen Essen sehe. «Ich gehe nicht auf die Jagd, weißt du.»
«Nein», sagt sie unheilverkündend. «Ihr werdet gejagt.» Und die anderen Dienerinnen gackern wie die Hühner. Das ist der letzte Witz, den ich an diesem Tag mache.
Schmollend esse ich, und sie spinnen immer neue Versionen des Themas aus, wie ich gejagt und erbeutet werde und wie ich die Jagd genieße, bis meine Mutter hereinkommt, zwei Diener im Schlepptau, die das große Badefass hereintragen.
Sie stellen es vor den Kamin in meinem Schlafgemach, legen es mit Linnen aus und schütten einen Krug heißes Wasser nach dem anderen hinein. Die Mägde laufen geschäftig hin und her, bringen Tücher und legen frische Unterkleider aus, wobei sie Bemerkungen über die Spitzen und die Bänder machen, wie schön alles sei und wie viel Glück ich hätte. Meine Mutter bemerkt meine angespannte Miene und scheucht sie aus dem Raum. Nur meine alte Kinderfrau nicht, die mir den Rücken schrubbt und die Haare wäscht und heißes Wasser nachfüllt. Ich fühle mich wie ein Opferlamm, das gewaschen und gebürstet wird, bevor man ihm die Kehle durchschneidet. Kein schönes Gefühl.
Aber meine Kinderfrau Mary ist fröhlich und bewundert wie immer mein schönes Haar und meine schöne Haut. Wenn sie auch nur halb so gut ausgesehen hätte wie ich, wäre sie nach Paris durchgebrannt, meint sie lachend. Und nachdem ich gebadet bin und sie mein Haar getrocknet und geflochten hat, lasse ich mich von dem neuen Unterkleid aus Leinen mit den neuen Bändern aufmuntern, von den neuen Schuhen, von dem schönen golddurchwirkten Gewand und dem hohen Hennin. Die Dienerinnen kommen zurück, um mir beim Ankleiden zu helfen, sie verknoten die Bänder des Gewands, setzen mir den Kopfschmuck auf und ziehen den Schleier über meine Schulter, und schließlich befinden sie, ich sei bereit für die Hochzeit. Und so schön, wie eine Braut sein sollte.
Ich drehe mich zu dem großen Spiegel um, den meine Mutter ins Zimmer hat bringen lassen. Die Dienerinnen kippen ihn nach unten, sodass ich zuerst den Saum meines Gewandes sehe, der mit kleinen steigenden Löwen bestickt ist, dem Wappentier unseres Hauses, und die roten Schnabelschuhe aus Leder mit den hochgebogenen Spitzen. Dann stellen sie den Spiegel gerade hin, sodass ich das golddurchwirkte Kleid betrachten kann, das hoch in der Taille zusammengehalten wird, sowie den schweren, bestickten Gürtel aus Gold, den sie mir um die schmale Taille geschlungen haben. Ich bedeute ihnen, den Spiegel nach hinten zu kippen, damit ich die teure cremefarbene Spitze anschauen kann, die mein tiefausgeschnittenes Dekolleté verschleiert, die goldenen Ärmel, die von meinen Schultern fallen, das weiße Unterkleid aus Leinen, das aufreizend durch die Schulterschlitze blitzt, und schließlich mein Gesicht. Mein helles Haar ist geflochten und unter den hohen Kopfschmuck gesteckt, und mein Gesicht blickt mich feierlich an, noch verstärkt durch den silbrigen Schimmer des Spiegels. In diesem Licht sind meine grauen Augen groß, meine reine Haut schimmert wie Perlen, und der Spiegel verleiht mir das Aussehen einer Statue der Schönheit, eines Marmormädchens. Ich starre mich an, als wüsste ich, wer ich bin, und einen Augenblick meine ich, Melusine zu sehen, die Begründerin unseres Hauses, die mich durch mondbeschienenes Wasser ansieht.
«Wenn du Herzogin bist, wirst du einen großen Spiegel für dich haben», sagt meine Mutter. «Alles vom Besten. Und du bekommst all ihre alten Kleider.»
«Die Kleider von Herzogin Anne?»
«Ja», sagt sie, als müsste es mir ein
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