Die Mutter der Königin (German Edition)
einheimsen. Er vermietet uns sein Herrenhaus in Grafton. Eigentlich tut er uns keinen Gefallen, denn wir können es uns nicht leisten, aber er weiß, dass ich es haben will. Es ist nicht weit von meinem Elternhaus entfernt; es hat mir schon als Junge gefallen.»
«Dann verkaufe ich meine Juwelen», sage ich. «Und die Bücher, wenn es sein muss. Wir können meine Ländereien beleihen und andere Sachen verkaufen, um den Mietzins aufzubringen.»
«Ich habe dich heruntergezogen. Jetzt bist du die Gemahlin eines Gutsherrn mit den Schulden eines Adligen», sagt er wütend. «Du solltest mich hassen. Ich habe dich verraten.»
«Wie sehr liebst du mich?», entgegne ich nur, nehme seine Hände und drücke sie an mein Herz. Bei dieser Geste schluckt er und sieht mich an.
«Mehr als mein Leben, das weißt du.»
«Wenn du einen Preis nennen müsstest?»
«Das Lösegeld für einen König. Ein Vermögen.»
«Dann überleg doch, mein Gemahl, was für einen guten Handel wir abgeschlossen haben, denn unsere Ehe kostet uns nur tausend Pfund.»
Sein Gesicht erhellt sich. «Jacquetta, was bist du für eine Freude. Und Abertausende wert.»
«Dann pack deine Sachen, denn wir können den Hof heute Nachmittag verlassen», sage ich.
«Heute Nachmittag? Willst du, dass wir vor der Schande fliehen?»
«Nein, ich will nur, dass wir heute Nachmittag zu Hause sind.»
Er zögert einen Moment, dann lächelt er über das ganze Gesicht, als ihm klarwird, was ich sage. «Wir verbringen unsere erste gemeinsame Nacht als verheiratetes Paar? Wir gehen als Gemahl und Gemahlin in unser Schlafzimmer? Und morgen früh können wir ganz offen zusammen frühstücken? Ach, Jacquetta, jetzt fängt das Leben erst richtig an.» Er verbeugt sich und küsst meine Hand. «Ich liebe dich», sagt er noch einmal. «Und so es Gott gefällt, wirst du immer finden, für tausend Pfund einen guten Handel abgeschlossen zu haben.»
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Grafton, Northamptonshire
HERBST 1436–1439
A llerdings halte ich es für einen guten Handel. Wir bringen das Geld für die Strafe auf, indem wir meine Witwenländereien beleihen, und dann borgen wir uns noch mehr, um dem Earl of Suffolk das Herrenhaus in Grafton abzukaufen. Trotz seines listigen Lächelns weigert er sich nicht, der in Ungnade gefallenen Herzogin und ihrem Gutsherrn das Haus zu verkaufen. Er ist auf unsere Freundschaft angewiesen: Wir sind seine Verbündeten auf dem Land, während er bei Hofe immer mächtiger wird.
Richard geht nach Calais und bereitet die Garnison auf eine Belagerung vor, denn mein Verwandter, der treulose Herzog von Burgund, zieht gegen seine ehemaligen Verbündeten. Die großen englischen Lords, der Earl of Mortmain und der Duke of York, kämpfen für ihr Land, und Richard hält Calais für sie. Schließlich setzt Humphrey, der Duke of Gloucester, Segel auf Calais und erntet viel Lob für die Rettung der Stadt, obwohl die Belagerung bereits niedergeschlagen war, bevor der Onkel des Königs mit fliegenden Standarten dazukam – wie Richard am Rande bemerkt.
Mir ist das einerlei. Ganz England hat gesehen, wie mutig Richard ist, niemand kann an seiner Ehre zweifeln. Er übersteht eine Belagerung und mehrere Überraschungsangriffe ohne eine Schramme und kehrt als Held nach England zurück. Mein erstes Kind, eine Tochter, wie ich vorhergesehen habe, bringe ich ohne Schwierigkeiten zur Welt, als die Hecken in unserem ersten Frühling auf dem Land mit weißen Blüten überzogen sind und die Amseln in der Dämmerung singen. Im Jahr darauf wird unser Sohn und Erbe geboren.
Wir nennen ihn Lewis, und ich bin ganz hingerissen, Mutter eines Sohnes zu sein. Er hat sehr helles Haar, fast silbern, aber seine Augen sind dunkel wie der Nachthimmel. Die Hebamme, die mir bei dieser zweiten Geburt beisteht, erklärt mir, dass alle Neugeborenen blaue Augen haben und sich seine Haar- und Augenfarbe noch ändern können, aber für mich ist er fast ein Elf mit seinen engelhaften Farben. Seine große Schwester schläft noch in der Kirschholzwiege der Woodvilles, und so lege ich sie in der Nacht zueinander, Seite an Seite wie hübsche kleine Puppen.
Zufrieden meint Richard, ich hätte ganz vergessen, dass ich eine Ehefrau und Geliebte sei. Er wäre ein elendiglich vernachlässigter Mann. Aber er scherzt nur, er schwelgt in der Schönheit unserer kleinen Tochter und in der Kraft unseres Sohnes. Im nächsten Jahr bringe ich noch eine Tochter zur Welt, meine Anne, und während ich mich vor der
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