Die Mutter der Königin (German Edition)
ein Kind, ich muss euch beide beschützen. Jetzt habe ich zwei, um die ich mich kümmern muss.»
«Ich werde Jacquetta Woodville heißen», sage ich verträumt und drehe und wende den Namen. «Jacquetta Woodville. Und sie wird Elizabeth Woodville.»
«Elizabeth? Bist du sicher, dass es ein Mädchen wird?»
«Ja. Sie wird Elizabeth heißen und das erste von vielen Kindern sein.»
«Falls sie mich nicht wegen Hochverrats köpfen.»
«Sie werden dich nicht enthaupten. Ich spreche mit dem König und wenn es sein muss auch noch mit Königin Catherine, seiner Mutter. Wir werden glücklich sein.»
Als er mich in dieser Nacht verlässt, ist er noch hin- und hergerissen zwischen der Freude, dass wir heiraten, und der Verzweiflung darüber, dass er mich in Schwierigkeiten gebracht hat. Ich setze mich ans Fenster, lege die Hand auf meinen Bauch und betrachte den Mond. Der Neumond ist als schmale Sichel zu sehen, eine gute Zeit für Neuanfänge, neue Hoffnungen und den Beginn eines neuen Lebens. Aus einer Laune heraus nehme ich die Karten, die mir meine Großtante geschenkt hat, und lege sie verdeckt aus. Meine Hand schwebt über einer Karte, dann über einer anderen, bevor ich eine auswähle. Es ist meine Lieblingskarte: die Königin der Kelche, die Königin des Wassers und der Liebe, Melusines Karte, eine Karte der Erkenntnis und Zärtlichkeit. Ein Mädchen, dessen Karte dies ist, wird selbst Königin werden, eine geliebte Königin.
«Ich werde deinen Vater heiraten», sage ich zu dem kleinen Funken Leben in mir. «Und ich werde dich zur Welt bringen. Ich weiß, dass du schön wirst, denn dein Vater ist der ansehnlichste Mann in ganz England, aber ich frage mich, was du mit deinem Leben machen wirst, wie weit du gehen wirst, wenn dir alles klarwird – wenn du den Mann siehst, den du liebst, und weißt, was für ein Leben du leben willst.»
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Grafton, Northampton
HERBST 1436
W ir warten, bis sich der Hof gemächlich auf den Rückweg nach London macht und wir in Northampton übernachten. Früh am Morgen, bevor meine Hofdamen aufwachen, schlüpfe ich aus meinen Gemächern und treffe Richard vor den Ställen. Er hat Merry gesattelt und ihr das Zaumzeug angelegt, und sein eigenes Schlachtross steht bereit. Wir reiten die kleine Straße hinab in sein Heimatdorf Grafton. Hier lebt ein Priester allein und zurückgezogen, und neben dem Herrensitz steht eine kleine Kapelle. Dort erwartet uns Richards Vater mit ernstem und angespanntem Gesicht, drei Zeugen an seiner Seite. Während Richard den Priester holt, tritt sein Vater auf mich zu.
«Ich hoffe, Ihr wisst, was Ihr tut, Euer Gnaden», sagt er ungeschliffen, als er mir vom Pferd hilft.
«Ich heirate den besten Mann, den ich je kennengelernt habe.»
«Es wird Euch teuer zu stehen kommen», warnt er mich.
«Es wäre schlimmer, ihn zu verlieren.»
Er nickt vage, als sei er sich dessen nicht so sicher, doch er bietet mir seinen Arm an und geleitet mich in die Kapelle. Vor dem kleinen Steinaltar mit dem Kreuz und einer brennenden Kerze steht Richard neben dem Priester in der braunen Franziskanertracht. Richard dreht sich zu mir um und lächelt mich schüchtern an, als stünden wir vor Hunderten von Zuschauern und trügen golddurchwirkte Gewänder.
Ich schreite durch den Gang, und gerade als wir im Wechsel mit dem Priester das Ehegelöbnis sprechen wollen, fällt ein Sonnenstrahl durch das runde Buntglasfenster über dem Altar, und ich vergesse für einen Augenblick, was ich zu sagen habe. Auf dem Steinfußboden der Kapelle liegt ein farbiger Schleier zu unseren Füßen, und benommen denke ich, dass ich jetzt hier bin und den Mann heirate, den ich liebe, und dass ich eines Tages hier stehen werde, wenn meine Tochter den Mann heiratet, den sie sich ausgesucht hat, einen Regenbogen zu ihren Füßen und eine Krone vor ihr. Die plötzliche Vision lässt mich zögern, und Richard sieht mich an. «Wenn du Zweifel hast, auch nur den Hauch eines Zweifels, dann brauchen wir nicht zu heiraten», sagt er schnell. «Ich lasse mir etwas einfallen; ich beschütze dich, Geliebte.»
Ich sehe lächelnd zu ihm auf, und wegen der Tränen in meinen Augen ist auch er von einem Regenbogen umkränzt. «Ich habe keine Zweifel.» Ich wende mich an den Priester. «Fahrt fort.»
Er leitet uns durch das Gelöbnis, dann erklärt er uns zu Mann und Frau. Richards Vater küsst mich auf die Wangen und nimmt seinen Sohn kräftig in die Arme. Richard zahlt die drei Kirchendiener
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