Die Mutter der Königin (German Edition)
der König und die Königin würden ihre Reise verlängern und uns in Ruhe lassen. Doch als wir nach einem Besuch bei Nachbarn bei Sonnenuntergang nach Hause reiten, sehen wir einen königlichen Boten an der Wasserpumpe warten. Sobald er uns sieht, steht er auf und reicht Richard einen mit dem königlichen Wappen versiegelten Brief.
Richard reißt ihn auf und überfliegt ihn. «Ich muss gehen», sagt er. «Es ist dringend. Ich muss unterwegs Soldaten anmustern.»
«Was ist passiert?», frage ich, während ich aus dem Sattel gleite.
«Ein Aufstand in Kent, wie jeder Narr vorhersehen konnte. Der König beruft mich an seine Seite, um die königliche Standarte zu tragen.»
«Der König?» Ich kann kaum glauben, dass unser König an der Spitze dieser Männer in die Schlacht reiten wird. Sein Vater war schon in jungen Jahren ein außergewöhnlicher Kriegsherr, doch unser König hat seine Rüstung bisher nur zum Tjosten getragen. «Der König reitet selbst in die Schlacht?»
«Er war sehr wütend wegen der Ermordung de la Poles – Gott hab ihn selig», erinnert er mich. «Er hat Rache geschworen, und die Königin hat gelobt, seine Mörder mit dem Tod zu bestrafen. Jetzt bekommt er die Gelegenheit.»
«Du musst vorsichtig sein.» Ich fasse ihn am Arm und sehe ihm ins Gesicht. Zwischen uns steht der unausgesprochene Gedanke, dass sein Befehlshaber ein junger Mann ist, der nicht die geringste Kriegserfahrung hat. Er hat nicht einmal eine Belagerung aus der Ferne miterlebt. «Du musst ihn beraten.»
«Ich gebe auf mich acht», erwidert mein Gemahl bitter. «Und ich gebe auch auf ihn acht, wenn ich kann. Sie haben dem Sheriff von Kent befohlen, sämtliche Männer, Frauen und Kinder zu vertreiben. Das werden wir schwer büßen müssen. Ich muss zurück und schauen, ob ich ihn zur Vernunft bringen kann. Ich muss einen Weg finden, sie davon zu überzeugen, das Land mit weniger Zwistigkeiten zu regieren. Sooft sie sich an das Parlament wenden, machen sie sich Feinde. Die Königin reitet durch die Straßen von London, als würde sie sogar die Pflastersteine hassen. Wir müssen ihnen dienen, Jacquetta. Wir müssen sie anleiten, in ihrem ureigenen Interesse zu handeln, wir müssen dieses königliche Paar wieder im Herzen seines Volkes verankern. Es ist unsere Pflicht. Es ist unsere Aufgabe. Es ist das, was unser Lord, der Duke of Bedford, von uns erwartet hätte.»
In dieser Nacht halte ich ihn im Bett in meinen Armen, und in den kühlen Morgenstunden wird mir bang. «Du reitest nur mit dem König aus und trägst seine Standarte? Du gehst nicht nach Kent, Richard?»
«Ich hoffe, niemand geht nach Kent», sagt er grimmig.
Er beendet sein Frühstück, und ich folge ihm angsterfüllt in den Stallhof. «Aber wenn eine Truppe aufgestellt wird, um die Menschen in Kent zu bestrafen, dann meldest du dich doch nicht dazu, oder?»
«Strohdächer in Brand stecken? Die Kühe armer Bauern am Spieß braten?», fragt er. «Ich habe so etwas in Frankreich mit ansehen müssen, und ich war noch nie der Meinung, es sei der rechte Weg, sich Treue zu sichern. Der Duke of Bedford hat mir beigebracht, was man tun muss, um das Herz eines Mannes zu gewinnen. Man muss ihn anständig behandeln und für seine Sicherheit sorgen. Wenn mich irgendjemand fragt, werde ich ihm diesen Rat geben. Doch wenn jemand mich im Namen des Königs hinausschickt, dann muss ich gehen.»
«Ich folge dir, sobald du nach mir rufst.» Meine Worte sollen zuversichtlich klingen, doch meine Stimme ist brüchig vor Angst.
«Ich warte auf dich», verspricht er mir plötzlich voller Wärme, als er meine Furcht spürt. «Pass gut auf dich und auf das Kind unter deinem Herzen auf. Ich werde auf dich warten. Ich werde immer auf dich warten. Vergiss nicht, was ich dir versprochen habe – du wirst nie vergeblich nach mir Ausschau halten.»
Ich räume das Haus auf und weise die Diener an, meine Abreise vorzubereiten. Klatsch kommt mir zu Ohren, der König und die Königin seien nach London zurückgekehrt, und der König sei persönlich gegen die Menschen in Kent hinausgeritten. Dann erhalte ich eine handschriftliche Nachricht von Richard.
Liebste,
es tut mir leid, dass ich Dir Kummer bereiten muss. Der König hat sich von der Königin überzeugen lassen, nicht selbst nach Kent einzumarschieren, sondern er hat mir befohlen, die Banditen an der Spitze seiner Truppe zu verfolgen, und ich tue, wie mir geheißen. Vertrau darauf, dass mir nichts geschieht und ich zu Dir nach Hause
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