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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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angreift.»
    «Sie haben ihn auf dem Meer erwischt?»
    «Sie haben ihn an Bord ihres Schiffes genommen und auf Deck enthauptet», weint sie mit von Schluchzern erstickter Stimme. «Zur Hölle mit ihnen, dass sie solche Feiglinge waren. Seinen Leichnam haben sie am Strand von Dover zurückgelassen. Jacquetta!» Blind streckt sie die Hand nach mir aus und klammert sich jammernd an mich. «Sie haben seinen Kopf auf einen Pfahl gesteckt wie den eines Verräters. Wie soll ich das ertragen? Wie soll Alice das ertragen?»
    Ich wage es kaum, einen Blick auf William de la Poles Witwe zu werfen, die schweigend dasitzt, während der Königin über seinem Tod schier das Herz bricht.
    «Weiß man, wer es war?», wiederhole ich. Meine erste Angst ist: Wenn jemand es wagt, den engsten Berater des Königs anzugreifen, gegen wen richtet er sich dann als Nächstes? Gegen die Königin? Gegen mich?
    Sie weint so sehr, dass sie kein Wort herausbringt, ihr schlanker Körper bebt in meinen Armen. «Ich muss zum König», sagt sie schließlich, richtet sich auf und wischt sich die Augen. «Das hat ihm sicher das Herz gebrochen. Wie sollen wir ohne William zurechtkommen? Wer soll uns nun beraten?»
    Benommen schüttele ich den Kopf. Ich weiß nicht, wie sie ohne William de la Pole zurechtkommen werden, und ich weiß auch nicht, was für ein Abgrund sich da vor uns auftut, wenn ein edler Lord von seinem eigenen Schiff entführt und auf einem schaukelnden Boot mit einem rostigen Schwert enthauptet werden kann und man seinen Kopf am Strand auf einen Pfahl steckt.

[zur Inhaltsübersicht]
    Grafton, Northamptonshire
SOMMER 1450
    I n den wärmeren Monaten reisen der König und die Königin nach Norden. Sie lassen verlauten, während der heißen Monate, da die Pest in der Stadt grassiert, wollten sie sich nicht in London aufhalten, sondern lieber die guten Menschen in Leicester besuchen. Doch wer im Palast lebt, weiß, dass die Wachen an den Toren verdoppelt und Vorkoster angestellt wurden. Sie haben Angst vor den Menschen in London, sie haben Angst vor den Männern in Kent, sie haben Angst, dass derjenige, der William de la Pole umgebracht hat, ihnen die Schuld für die Verluste in Frankreich gibt, für den steten Strom geschlagener Soldaten und Bauern, die jeden Tag in sämtlichen englischen Häfen an Land gehen. Es ist kein Geld da, um die Londoner Kaufleute zu bezahlen, und die Königin misstraut den Menschen in der Stadt. Der Hof geht nach Leicester, doch in Wirklichkeit laufen sie fort und verstecken sich.
    Richard und ich erhalten die Erlaubnis, unsere Kinder in Grafton zu besuchen, und wir reiten schnell aus London fort, das zu einer verdrießlichen Stadt geworden ist, wo geheimnistuerische Menschen an Straßenecken flüstern. Es geht das Gerücht, der König und die Königin werden schreckliche Rache an Kent nehmen. Sie geben dem Küstenstrich die Schuld, an der William de la Poles entehrter Leichnam abgelegt wurde. Lord Say aus Knole und sein unbarmherziger Schwiegersohn, der Sheriff von Kent, sagen, zusammen werden sie die Schuldigen jagen und sie und ihre Familien auslöschen. Sie wollen Kent entvölkern und es zu einer Einöde machen.
    Sobald wir aus der Stadt sind, fort von den Stadtmauern, reiten Richard und ich nebeneinanderher und halten einander an der Hand wie junge Liebende, während unsere kleine Eskorte zurückfällt. Die Straßen sind frei und trocken, die grasbewachsenen Wegesränder voller Blumen, die Vögel singen in den grünen Hecken, auf den Dorfteichen schwimmen Enten, und die Rosen stehen in voller Blüte.
    «Was wäre, wenn wir nicht an den Hof zurückkehrten?», frage ich ihn. «Was wäre, wenn wir nur die Gutsbesitzer von Grafton wären?»
    «Mit einer Kinderstube voller Kinder?» Er lächelt.
    «Viele, viele Kinder», sage ich. «Mit acht und einem unter dem Herzen bin ich noch nicht zufrieden, ich hoffe auf ein ganzes Dutzend.»
    Er lächelt mich an. «Ich würde trotzdem einbestellt», sagt er. «Selbst wenn ich der unbedeutendste und ruhigste Gutsherr von Grafton mit der größten Familie in ganz England wäre, müsste ich trotzdem antreten und in die Schlacht ziehen.»
    «Aber du würdest wieder nach Hause kommen.» Ich verfolge den Gedanken weiter. «Und wir könnten von unseren Feldern und Höfen leben.»
    «Aber nicht besonders gut, Mylady. Das wäre nicht das Leben, das du dir wünschst. Unsere Kinder würden Pachtbauern heiraten, und unsere Enkelkinder würden verwildern. Möchtest du einen kleinen

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