Die Mutter der Königin (German Edition)
Bauern mit schmuddeligem Gesicht zum Enkelkind?»
Ich schneide eine Grimasse. Er weiß, wie viel mir unsere Bücher und Musikinstrumente bedeuten und wie entschlossen ich bin, dass alle meine Kinder drei Sprachen lesen und schreiben können und höfische Umgangsformen lernen.
«Meine Kinder müssen ihren Platz in der Welt einnehmen.»
«Du bist ehrgeizig», findet er.
«Das bin ich nicht! Ich war die erste Dame Frankreichs. Ich war so hoch oben, wie eine Frau es sich nur erträumen kann. Und ich habe es aufgegeben, um der Liebe willen.»
«Du hast Ehrgeiz für deine Familie, für deine Kinder. Und für mich – es gefällt dir, dass ich Baron bin.»
«Ach, ein Baron», erwidere ich lachend. «Jede Frau wünscht sich einen Baron zum Gemahl. Das zählt für mich noch nicht als Ehrgeiz. Das ist nur … verständlich.»
«Und ich verstehe es», pflichtet er mir bei. «Aber möchtest du wirklich auf dem Land leben und nicht an den Hof zurückkehren?»
Ich denke einen Augenblick an den nervösen König und die junge Königin. «Wir können sie nicht allein lassen, oder?», frage ich nachdenklich.
Er schüttelt den Kopf. «Es ist unsere Pflicht, dem Hause Lancaster zu dienen. Ich weiß auch nicht, wie sie ohne uns zurechtkämen. Ich glaube kaum, dass wir uns einfach von ihnen abwenden und fortgehen können. Was würden sie dann machen?»
Wir bleiben eine Woche in Grafton. Es ist die schönste Zeit im Jahr, die Obstgärten stehen in voller Blüte, und die Kühe kalben. Die Lämmer laufen schon mit ihren Müttern auf den höher gelegenen Weiden herum und lassen ihre Schwänzchen hinter sich hertanzen wie Wollfäden. Das hohe Gras wiegt sich im Wind, und die üppigen Felder stehen schon knöchelhoch. Meine älteren Kinder, Elizabeth, Lewis, Anne und Anthony, waren bei unseren Cousins, um ihre Manieren zu verfeinern und zu lernen, wie man sich in einem vornehmen Haushalt benimmt, doch über den Sommer kommen sie nach Hause, um bei uns zu sein. Die vier Kleinen, Mary, Jacquetta, John und Richard, sind außer sich vor Freude, ihre großen Geschwister bei sich zu haben. Mary, die Siebenjährige, ist die Anführerin des kleinen Bataillons, die anderen sind ihre treuen Lehnsleute.
Das Kind unter meinem Herzen zehrt an meiner Kraft. An warmen Tagen nehme ich den kleinen vierjährigen Richard in die Arme, und wir legen uns zusammen hin und dösen in der Wärme. Wenn er schläft und es sehr still ist, nehme ich manchmal die Karten, drehe sie eine nach der anderen um und betrachte die Bilder. Ich mische sie nicht und lege sie auch nicht aus, ich versuche nicht, sie zu deuten. Ich betrachte nur die vertrauten Darstellungen und frage mich, was das Leben mir und meinen geliebten Kindern bringen wird.
Tagsüber hört Richard sich die endlosen Klagen der Menschen der Umgebung an: Ein Nachbar hat heimlich einen Zaun verrückt, Vieh ist umhergestreunt und hat Feldfrüchte zertrampelt. Als Gutsherr ist es seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass auf unseren Ländereien Gerechtigkeit herrscht, unsere Nachbarn sich nicht bestechen lassen und den Geschworenen nicht vorschreiben, für welche Urteile sie sorgen sollen. Richard stattet den kleinen Landadligen Besuche ab, um sie an ihre Pflicht zu erinnern, für ihn anzutreten, wenn sie gebraucht werden, und versichert ihnen, dass der König ein starker Lord und der Hof vertrauenswürdig ist, dass der Staatsschatz sicher ist und dass wir die restlichen Besitzungen in Frankreich halten werden.
Ich arbeite in meiner Destillationskammer mit Elizabeth als gewissenhaftem Lehrling an meiner Seite. Wir tunken Kräuter in Öl, prüfen die geschnittenen und getrockneten Kräuter, zerstoßen sie zu Pulvern und verstauen sie in Gläsern. Ich tue dies nach dem Stand der Gestirne und nach der Lektüre der Bücher meines Lords. Einmal stoße ich auf ein Buch, das ich übersehen hatte, in dem steht, wie man das aqua vitae herstellt, das Wasser des Lebens, oder wie man mit destilliertem Wasser Unreinheiten ausbrennt, doch da fällt mir Eleanor Cobham hinter den kalten Mauern von Peel Castle ein, und ich nehme Elizabeth das Buch weg und lege es ganz oben auf ein hohes Regal. Ich pflanze und verarbeite nur solche Kräuter, die jeder guten Köchin bekannt sind. Auch Wissen ist etwas, das man in diesen Zeiten verbergen muss.
Ich hoffe, wir können noch einen Monat zu Hause bleiben, ich bin müde von dem Kind, das in mir wächst, und wage zu hoffen, den ganzen Sommer auf dem Land verbringen zu können, und
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