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Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Titel: Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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zuschritten. Ihre Bewegungen waren gestelzt und linkisch, als wären an ihren Gliedern Fäden befestigt, an denen von oben gezogen wurde. Zuerst hielt er es für eine Art Scherz.
    »Was machen sie da?«, schrie Pilatus seinen Offizieren zu. » WAS MACHEN SIE DA ?« Doch als Pilatus ihre Gesichter genauer betrachtete, wusste er es. Sie haben keine Ahnung, was sie machen.
    » AUFHÖREN !«
    Doch es war zu spät. Die Fackeln wurden an allen Seiten des Hauses auf den Boden gelegt, und Sekunden später hatten die Flammen auf das Gebäude übergegriffen. Beschleunigt von der Trockenheit, die in ganz Be’er Scheva herrschte, kletterten sie die Mauern hoch. Und obwohl Pilatus es nie beweisen würde können, würde er in dem Glauben sterben, dass der Magier für das Ganze verantwortlich war: Der Mann hatte ihn durch eine Flut an Gedanken abgelenkt. Saß im Schneidersitz in seinem Zelt, die Augen geschlossen, und murmelte irgendeinen seltsamen alten Singsang. Kontrollierte die Männer des Pilatus, während er die ganze Zeit über dachte: Das hast du nun davon, dass du versucht hast, mich an die Kette zu legen, du unbedeutendes kleines Nichts.
    Balthasar und die anderen im Haus wichen zurück, als die Flammen durch die Fenster krochen und das Zimmer mit brütend heißer Luft erfüllten, wobei sie die Vorhänge in Brand steckten. Beinahe sofort drang Rauch in den Raum, kroch über die Decke und zwang die Flüchtlinge dazu, sich hinzukauern. Während Maria das Gesicht des Babys mit ihren Gewändern bedeckte, eilte Sela zu der Wand, die sich am weitesten von dem Feuer entfernt befand, griff nach einer Waschschüssel und schüttete den Inhalt auf die brennenden Vorhänge. Doch das hatte ungefähr die gleiche Wirkung, als würde man in einen Vulkan spucken. Die Flammen breiteten sich zu schnell aus, der Rauch war bereits zu dicht, als dass man ihn hätte zurückdrängen können. Sie standen vor der unappetitlichen Wahl, bei lebendigem Leib zu verbrennen oder aus dem Haus zu rennen und von den Römern ergriffen zu werden.
    Bevor Pilatus seinen Männern befehlen konnte, das Haus zu stürmen und die Flüchtlinge lebendig zu fangen, wanderte sein Blick von der Feuersbrunst zu etwas Dunklem im Westen. Die niedrig hängende Wolke war vom Horizont emporgestiegen und in den wenigen Momenten, die er nicht mehr hingesehen hatte, doppelt so groß geworden. Pilatus hatte noch nie einen Sandsturm – oder sonst einen Sturm – gesehen, der sich so schnell vorwärtsbewegte. Doch das war nicht das einzige Seltsame an dieser Wolke. Sie kreischte. Zuerst war das Geräusch kaum wahrnehmbar gewesen, doch jetzt war es unüberhörbar. Die Wolke kreischte. Gab ein stetes, übernatürliches Geräusch von sich – wie der unablässige Schrei eines wütenden Tieres. Der Schrei eines wütenden Gottes. Eine Million Stimmen im Einklang, die von einer Sekunde zur anderen näher kamen.
    »Sandsturm«, sagte Caspar. »Wir sollten uns Deckung suchen.«
    »Das ist kein Sandsturm«, sagte Pilatus, den Blick starr auf die kreischende Wolke gerichtet.
    Das ist ein Schwarm.
    Heuschrecken. Millionen davon, die in einer so dichten Wolke flogen, dass sie die Sonne zum Ersticken brachten. Sie bewegten sich unnatürlich schnell vorwärts. Nachdem sie in die Stadt eingedrungen waren und die toten Straßen und verlassenen Häuser wie eine Woge überflutet hatten, kamen sie direkt auf sie zu. In Be’er Scheva gab es keine Feldfrüchte mehr, die sie auffressen könnten … und dennoch kamen sie.
    Die Männer des Pilatus sahen es ebenfalls. Sie hörten das Kreischen der Millionen Heuschrecken, sahen die Woge, die durch die Stadt strömte. Genau wie ihr Anführer wandten sie sich von den Flammen ab, die die Hausmauer emporkletterten, und starrten in selbstvergessenem Staunen die Wolke an. Das ist kein Sandsturm …
    Einige traten aus dem Glied und gingen schnell in Deckung, doch es war zu spät. Als sie sich ein paar Schritte zurückgezogen hatten, stieß der vordere Rand der Wolke mit solcher Gewalt mit den Römern zusammen, dass die Männer umgeworfen wurden. Das Pferd des Pilatus bäumte sich angstvoll auf und warf ihn auf die Straße ab. Benommen und verletzt bedeckte er sich das Gesicht mit den Armen und rollte sich zu einer Kugel zusammen, während der kreischende Schwarm über ihn hinwegjagte. Überall um ihn herum hielten sich die Männer ihre Schilde vors Gesicht, um sich vor dem Ansturm zu schützen, und die Insekten knallten dagegen wie die Geschosse einer

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