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Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Titel: Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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dich«, sagte Balthasar, »die glauben, jeder Tropfen Pisse sei ein Segen des ›allmächtigen Gottes‹. Menschen, die ihr erbärmliches kleines Leben damit zubringen zu schlottern und zu murmeln, ihre Schriftrollen zu lesen und ihre Ziegen abzufackeln – immer in der Angst, sie könnten eine falsche Speise essen oder ein falsches Wort sagen oder einen falschen Gedanken denken, und BUMM ! kommt Gottes Faust aus den Wolken herniedergeschossen und macht sie platt. Tja, lass mich dir eines sagen – und ich spreche da aus Erfahrung –, Gott kümmert sich nicht darum, okay? Er kümmert sich nicht um dich oder mich oder darum, was wir tun oder sagen oder essen oder denken.«
    »Er hat sich so sehr gekümmert, dass er mir seinen Sohn geschickt hat.«
    Diesmal versuchte Balthasar gar nicht erst zu verbergen, dass er die Augen verdrehte. Das ist doch wohl ein Scherz …
    »Richtig, richtig – der Messias. Und lass mich dir eine Frage stellen: Von all den Tausenden und Abertausenden von Juden in all den Jahrtausenden, aus denen Gott auswählen konnte, sucht er sich einen armen Zimmermann und ein kleines Mädchen aus, die seinen Sohn aufziehen sollen? Warum keinen König, hä? Warum lässt er ihn nicht Sohn eines Kaisers sein? Gibt ihm eine echte Chance, die Dinge zu verändern?«
    Josef dachte darüber nach, während das Baby nebenan zu weinen anfing. Tatsächlich brachte er nichts Besseres zustande als: »Ich weiß es nicht. Ich weiß bloß, dass er es getan hat.«
    »Siehst du?« Balthasar lächelte. »Das ist das Problem an deinem Gott. Er denkt nicht gro…«
    » BALTHASAR … VON … ANTIOCHIA !«
    Die Stimme von draußen schnitt den Rest von Balthasars Beleidigung ab. Eine unbekannte Stimme vor dem Haus. Balthasar spürte, wie ihm jegliche Kraft aus den Gliedern schwand. Das Blut in seinen Fingerspitzen gefror, genau wie in dem Augenblick, als er die römischen Legionen in Hebron gesehen hatte.
    Sie haben uns gefunden.
    Es folgte Stille. Totenstille, während Balthasar und Josef einander angstvoll ansahen. Ihr Streit war längst vergessen, als sie sich auf das nächste Fenster zubewegten, um einen verstohlenen Blick durch die Vorhänge zu werfen.
    Sie sahen die leeren Häuser von Be’er Scheva. Davor standen in ordentlicher Formation römische Soldaten – angeführt von einem jungen Offizier auf einem braunen Pferd. Weit hinter den Soldaten und leeren Häusern hing eine lange, dunkle Wolke in der Nähe des Horizonts, still und reglos. Sandsturm , dachte Balthasar. Und zwar ein großer.
    »So heißt du doch?«, fragte der Offizier. »›Balthasar‹?«
    Auf einmal hörte Balthasar Babygeschrei. Maria und Sela kamen, von dem Lärm angelockt, in das Zimmer gelaufen. Sobald sie Balthasar und Josef am Fenster knien sahen, wussten sie Bescheid. Sie haben uns gefunden.
    »Können wir hinten raus?«, fragte Sela.
    »Das bezweifle ich«, sagte Balthasar.
    Dieser Offizier war klug. Diesmal hatte er bestimmt dafür gesorgt, sie zuerst zu umzingeln. Sicherzustellen, dass es keine Fluchtmöglichkeit gab. Während diese entmutigenden Gedanken noch in Balthasars Kopf herumschwirrten, bemerkte er zwei Männer, die neben dem Pferd des Offiziers standen. Doch das waren keine römischen oder judäischen Soldaten. Es waren Lügner und Diebe. Feiglinge und Verräter.
    Caspar und Melchyor.
    »Ich begreife, warum du deinen Namen nicht verwendest«, fuhr der Offizier fort. »›Der Geist von Antiochia‹ ist viel schillernder und bedrohlicher.«
    Balthasar warf den anderen Weisen wütende Blicke über die breite Straße zu. »Wie lange?«, schrie er. »Wie lange arbeitet ihr beiden schon für diese Hunde? Haben sie uns auf diese Weise in Hebron gefunden? Habt ihr sie direkt zu uns geführt?«
    »Bei meinem Leben«, sagte Caspar, »das haben wir nicht.«
    »Dein ›Leben‹? Dein ›Leben‹ ist noch nicht einmal die Spucke in deinem lügnerischen Maul wert! Du hast überhaupt nur ein Leben, weil ich es verschont habe! Ich habe dich gerettet! Euch beide!«
    Hier war der Beweis. Der Beweis für alles, woran Balthasar glaubte. Hier war der Beweis, dass Menschen Hunde waren, und alle Herzen leere Gefäße. Es ist zu schade, dass ich nicht lange genug leben werde, um es Josef unter die Nase zu reiben.
    »Du musst es verstehen«, sagte Caspar, »sie haben uns auf dem Markt geschnappt! Sie … sie haben uns wiedererkannt. Uns blieb keine andere Wahl, als …«
    »Lügen!«
    Balthasar hatte recht. Caspar hatte diesen Verrat schon seit Tagen

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