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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
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ich war schweißgebadet; selten habe ich mich unwohler gefühlt, selbst in überfüllten U-Bahnen oder Supermärkten nicht so eingekeilt und ausgeliefert.
    So stieß und schob es mich vorwärts, allseits von bösen Blicken aufgespießt, bis ich endlich zum Nationaldenkmal gelangte, wo das Gedränge etwas nachließ. Wie als Antwort auf die Feuchtigkeit in den Achselhöhlen und im Kreuz fing nun auch der Himmel an, Regen zu schwitzen vor lauter Mühe, seine Wischlappenwolken über das Firmament zu schleifen. Ich erklomm die Stufen zum Denkmal, einer auf das Zehnfache ihrer normalen Größe aufgeblasenen Kanonenkugel aus Granit, von felsbrockenhaften Soldaten gestemmt, deren Arme sich auf eine Weise verbogen, die sowohl der Ästhetik als auch der Anatomie Hohn sprach. Das Monument war ein Stumpf in Erwartung einer Prothese. Aber immerhin eine Insel der Ruhe, auf der man über die Menge hinweg den Marktplatz betrachten konnte.
    Marmorglatte, von der Airbrushtechnik geheiligte Götter und Göttinnen spähten hinab auf die dumpf drängelnde Herde. Ihre Avatare starrten blicklos wie ägyptische Grabmalereien – das Krokodil, der Zentaur (mit drohend erhobenem Poloschläger). Sie verhießen Erlösung. Weil du es dir wert bist. Erlösung, von Calvin Klein.
    Hinter den Bretterverschlägen bröckelte der Stuck. Die bleichen Steinwächter des Nationaldenkmals überschauten die Massen, die sie vor dem einen -ismus zugunsten eines anderen -ismus gerettet hatten.
    Warum gefiel es Oskar hier? Gefiel es ihm hier überhaupt, abgesehen davon, dass es zufällig sein Geburtsort war? Bei seinem ungeheuren Talent und Erfolg hätte er überall arbeiten können, und trotzdem hatte er das hier gewählt, mit den Kopftüchern und den ockerfarbenen Geldscheinen mit den vielen Nullen.
    Nahebei verkaufte jemand Wasserflaschen. Ich holte mir eine und setzte mich auf die Stufen des Denkmals. Das Summen der Menge und das allgegenwärtige, bimmelnde Rumpeln der Straßenbahnen verwob sich zu einem Klangteppich, und allmählich fühlte ich mich wieder wohler in meiner Haut.
    Oskar hatte von seiner Heimat erzählt, als wir uns das erste Mal zusammen betranken, nach der großen Wodka-Suchaktion. Wir stießen auf seine Rache an und auf die Qualität des unverfälschten eiskalten Getränks. Nicht, dass ich etwas von seiner Qualität verstanden hätte – es brannte einfach nur in der Kehle und stumpfte ab. Zum Mixen hatte ich nur eine lauwarme Dose Cola da, die Oskar für ein Sakrileg hielt, obwohl er von Knoblauch sprach, den seine Landsleute manchmal dem kostbaren Alkohol beigaben. Ich fragte ihn nach seiner Herkunft, neugierig auf diesen Typen, der quasi aus Versehen zu meinem Freund geworden war. Eigentlich erwartete ich ja eine mitteleuropäische Heimwehschnulze, aber Oskar widmete sich der Frage mit seltsamer Ernsthaftigkeit und überlegte lange, bevor er sich dazu äußerte.
    Â»Die Heimat ist mir wichtig.« Noch ein Schluck Wodka. Pause. Ich holte schon Luft, um das Schweigen zu brechen, als Oskar mir zuvorkam. »Wenn ich mein Studium hier beendet habe«, sagte er, »werde ich in Amerika weiterstudieren oder hier, oder ich suche mir hier oder dort eine Stellung. Vielleicht kehre ich auch nach Hause zurück. Aber …«
    Noch eine Pause. Noch ein Schluck.
    Â»Ihr seid komisch, ihr Engländer. Immer macht ihr euch Sorgen, ihr könntet – wie sagt ihr? – ›Vor die Hunde gehen‹. Ewig diese Angst, und doch habt ihr immer ganz zufrieden auf eurer Insel gehockt, und keine Armada, keine Nazis konnten euch was anhaben. Mein Heimatland ist ein ständig veränderter Umriss auf der Landkarte, immer neue Herrscher und Armeen fegen darüber hinweg, es verschwindet und wandelt sich, nur ein Farbfleck, ein Spielball der Geschichte. Doch ich weiß, und mein Volk weiß, dass mein Land immer da sein wird. Ihr Engländer dagegen, ihr denkt, die Welt bricht zusammen, wenn eure roten Telefonkabinen verschwinden.«
    Er leerte sein Glas und schenkte es wieder voll, ebenso wie meins, und trank mir mit sardonischem Lächeln zu.
    Â»Auf unsere Vaterländer«, sagte er. »Saufen wir sie uns schön.«
    Was wir taten.
    Das Nationalmuseum war menschenleer bis auf eine Brigade finsterer alter Kopftuchweiber. Eine saß auf einem Holzstuhl in der Eingangshalle und verkaufte Tickets an einem

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