Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
Vom Netzwerk:
den Wahnsinn zu treiben.

DRITTER TAG
    Ich lag in Oskars Bett, noch ganz im Schlaf gefangen, als mir auffiel, dass meine Umgebung sich über Nacht auf ungute Weise verändert hatte. Das Bett wirkte auf einmal unendlich groß. Zuerst befürchtete ich, dass ich geschrumpft wäre, aber die Theorie hielt keiner genaueren Überprüfung stand. Die weiße Steppdecke war so dick, wie sie beim Einschlafen gewesen war, die Nähte im Gewebe hatten die gewohnte Größenordnung, nur die Matratze nahm kein Ende mehr. Wohin ich auch blickte, erstreckte sie sich in alle Richtungen auf einen unsichtbaren Fluchtpunkt zu, einen weißen Baumwollhorizont vor einem gipsweißen Himmel. Himmel oder Zimmerdecke? Man konnte es nicht erkennen, und es schien auch nicht wichtig zu sein. Unter mir, so stellte ich mir vor, dehnte sich eine unauslotbare Unterwelt aus staubigen Bettfedern. Über mir das irrelevante Nichts.
    Allmählich setzte Panik ein. Ich sah mich schon über eine weglose Wüste aus Steppdaunen taumeln, in trügerischen Kopfkissensümpfen versinken, der Schneeblindheit anheimfallen und schließlich (in T-Shirt und Boxershorts, in denen ich schlief) jämmerlich erfrieren. Erst einmal wieder unter die Steppdecke zu kriechen, schien mir der bessere Plan, zumindest war der Kältetod dann abgewendet. Aber eine Steppdecke dieser Größe musste doch tausende, Millionen Tonnen wiegen, fiel mir ein, und wenn man zu tief drunterkroch, würde man unweigerlich im Dunkeln ersticken, noch ehe die erste Meile zurückgelegt war.
    Ich hatte wirklich kein Glück. Meine unmittelbare Umgebung an ihrer angemessenen Stelle, in vernünftigen Proportionen, hätte bequemer nicht sein können – ich lag einfach im Bett. Aber dieses Bett war auf Weltgröße angeschwollen und dadurch zu einer Todesfalle geworden, ebenso menschenfeindlich und gnadenlos wie die Arktis oder die Taklamakkan. Jeder Ort, sagte ich mir, egal wie bequem und vordergründig einladend, ist letztlich nur behaglich, wenn die Aussicht auf andere Orte besteht, die man außerdem noch aufsuchen kann.
    Da ich nichts anderes tun konnte, drehte ich mich um. Der Horizont, ein verschwommenes Grau, das eigentlich nur ein neues, fernes, horizontales Weiß war, kam in Sicht. Ein leichter Anflug von Seekrankheit ergriff mich und verging. Seekrankheit ohne den leisesten Hauch eines Ozeans; nicht mal ein einziger Tropfen Wasser. Wie lange konnte man ohne Wasser überleben? Nicht, dass ich die Zeit hätte messen können – ich konnte mir nicht vorstellen, dass dieser ascheweiße Dom über mir sein Erscheinungsbild je nach Tag oder Nacht veränderte. Ich würde meine eigenen Flüssigkeiten aufbewahren und recyceln müssen, überlegte ich mir. Die Vorstellung, meinen Urin zu trinken, war nicht eben angenehm. Und ich hatte nichts, womit ich ihn … auffangen konnte. Würde ich darauf angewiesen sein, meine Handfläche als Trinkschale zu benutzen, oder etwa … irgendwie zu zielen ? Man mochte sich die ganze Vorgehensweise gar nicht ausmalen. Und danach würde ich an einen neuen Platz im Pioniergelände umziehen müssen, soviel war mal sicher. Ich wollte nicht auf einem feuchten Fleck liegen. Der sichere Tod in öder Wildnis war eine Sache, in meinen eigenen Absonderungen herumliegen eine andere. Zum Glück – und das war der einzige Lichtblick – gab es genug identische Orte, an die man sich verlagern konnte.
    Unglaublich – seit höchstens zehn Minuten befand ich mich in dieser neuen Situation, und schon erwog ich, wie ich es am besten bewerkstelligen könnte, mich selber anzupissen. Natürlich meldete sich auf das Stichwort hin mein Unterleib mit mildem, unverkennbarem Druck, der von Minute zu Minute nur dringlicher werden konnte. Und noch etwas stimmte bedenklich: In der Ferne jenseits meiner Füße wuchs die Dunkelheit. Vielleicht hatte ich mich in der Tag-Nacht-Abfolge hier geirrt, und es war die Abenddämmerung. Eigentlich wirkte es aber eher wie eine steigende Flut, eine Sturmflut, dräuend und dunkel wie verschütteter Wein, Homers weinfarbenes Meer, das in die weiße Baumwolle der endlosen Steppdecke sickerte und im Vorankommen immer dunkler wurde. Zunächst erschien es wie ein wachsender See, der sich meinen Füßen näherte, aber dann wurde mir träumerisch bewusst, dass die Flut sich schon zu meiner Rechten und Linken ausbreitete, sodass

Weitere Kostenlose Bücher