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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
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unwissentlich aufgehalten hatte.
    Mit der ängstlichen Sorgfalt des Verkaterten, dem jede Bewegung schwerfällt, zog ich die offene Weinflasche aus dem Regal und stellte sie auf den Küchentresen. Ich zögerte kurz, ob ich nicht vielleicht den Korken suchen sollte, aber dann schüttete ich den Rest, von Wut und Reue übermannt, doch einfach weg.
    Ich ließ Wasser über ein Geschirrtuch laufen, wrang es aus und wischte damit die immer noch feuchte Mitte der Lache aus. Eine ganze Menge von dem schon getrockneten Wein ging gleich mit ab. So tröstlich das auch war, gab es doch kein Entrinnen. Der Fleck war unauslöschlich. Ich spülte das Handtuch aus und wischte mit aller Kraft weiter, aber der zweite Anlauf machte keinen großen Unterschied mehr. Ich rieb und rubbelte über die strahlenförmigen Ausläufer, die sich entlang unsichtbarer Rillen und Senken im Boden gebildet hatten, durch die subtilen Schwankungen der Oberflächenspannung hie und da von ihrem Kurs abgelenkt. Alles, was an Wein wegzuwischen war, hatte ich jetzt entfernt, aber was blieb, war dieser bläulich rote Fleck, die physische Manifestation eines Geschehens, das mir nachgerade metaphysisch vorkam – der Kreideumriss um die Leiche meiner Freundschaft mit Oskar, der bedrohliche Schatten, den die kommende Konfrontation vorauswarf.
    An sich wirkte der Fleck, dessen wahre Ausmaße noch durch den feuchten Rand verwischt waren, gar nicht so bösartig. Eher war es der Boden, der Feindseligkeit auszustrahlen schien, wie Radon oder Schimmelsporen. Er, nicht der Fleck, war gegen mich. Die Holzdielen lagen da und nahmen das Rot tiefer und tiefer in sich auf, scheinbar willenlos, wie passiv-aggressive Märtyrer. Wäre der Boden aus Linoleum gewesen oder auch einfach nur versiegelt, dann wäre das alles nicht passiert. Aber Oskar musste ja immer alles vom Feinsten haben. Es musste ja unbedingt dieses Holz sein, pures Holz, alles andere wäre so imageschädigend gewesen wie eine falsch angeschlagene Note. Alles musste stets am Rande des Desasters balancieren, auf Messers Schneide, ohne den kleinsten Freiraum für Fehler. War diese Art von Kalamität da nicht unausweichlich? Begriff er das denn nicht? Seine kostbaren, empfindlichen Holzdielen trugen ihr Schicksal schon von Anfang an in ihre saugfähige Maserung eingraviert.
    Wenigstens wurde es jetzt nicht mehr schlimmer. Die Feuchtigkeit war beseitigt, das Holz konnte nichts mehr aufsaugen. Blieb noch der Ärger mit dem Schlafzimmer. Was mochte dort unter dem Bett lauern? Nach dem Saufgelage die Kotzorgie. Ich konnte mich immer noch nicht dazu aufraffen, dem Horror zu begegnen. Beine wie Blei. Ich schlurfte zum Sofa und setzte mich seufzend.
    Das Kopfweh rührte sich jetzt wieder, und die Übelkeit schwappte wie Vanillesoße unter einer dicken Haut. Ich war müde, ich wollte nichts als schlafen. Aber dann hätte ich mich mit dem Ärger unter dem Bett befassen müssen. Ich war ins Exil getrieben. Mein Kopf sank herab und vergrub sich in meinen Händen. Die Liste der Dinge, die getan werden mussten, um das Chaos in den Griff zu bekommen, wurde immer länger. Doch mir fehlte die Energie. Und da war noch etwas – eine psychologische Barriere, wie ein Schott, das durch den Druck dahinter dicht versiegelt war. Ich mochte gar nichts mehr tun. Ich war es nicht, der diese Zerstörung verursacht hatte, und ich wollte nicht derjenige sein, der sie wieder in Ordnung bringen musste. Selbst wenn ich mir die größte Mühe gab, konnte ich keinen Erfolg damit haben. Der Schaden war nicht aus der Welt zu schaffen, die Brücken hinter mir abgebrannt. Ich war exiliert, aus dem Schlafzimmer, aus Oskars Freundschaft, aus dem Zustand der Gnade.
    Ich konnte ihn anrufen. Das war immer noch möglich. Ich konnte Oskar anrufen und ihm erklären, was passiert war. Oskar, es hat leider einen Unfall gegeben …
    Â»Vielen Dank für deine Hilfsbereitschaft. Du bist ein wahrer Freund.« Vor Erleichterung darüber, dass ich bereit war, seine Wohnung zu hüten, hatte Oskars Miene sich merklich aufgehellt. »Mir ist nicht wohl dabei, die Wohnung so lange allein zu lassen, nicht mit den Katzen …« Er schwieg einen Moment, hing vielleicht Gedanken an die Katzen nach. Ich fragte mich, wie viel Mühe sie wohl machen konnten.
    Ich lächelte geschmeichelt, genoss die Anerkennung für etwas, das keine große Überwindung zu kosten

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