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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
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hier von selbst. Es war pietätvoller, die Putzfrau unter den Achseln zu packen als an den Füßen. Sie war schwer, rutschte aber leicht auf dem glatten Boden entlang, und ich hatte sie schneller als gehofft aus der Wohnung geschleppt. Die Treppe hinab ging es schon mühsamer. Das Gesicht der Putzfrau war noch immer zum Boden gewandt, und ihre Füße schlackerten hin und her, während wir Stufe um Stufe hinunterpolterten. Ihr Kopf baumelte schrecklich zwischen den Schultern und pendelte bei jedem Aufprall. Einen Moment lang fürchtete ich sogar, das ganze Gerüttel könnte sie aufwecken, sie könnte plötzlich den Kopf heben und mich ansehen, aber sie tat es nicht. Ich war froh, dass ich ihr Gesicht nicht sehen konnte.
    Auf dem Stockwerk der Putzfrau waren die Geräusche von der Straße lauter, deutlicher. Autobremsen quietschten an der Kreuzung, und eine Trambahn rumpelte vorbei. Die Schritte der Passanten hallten vom Gehsteig herauf. Ich nahm den Schlüsselbund aus dem Eimer und erstarrte. Etwa drei Dutzend Schlüssel baumelten an einer Serie ineinanderhängender Ringe, ohne erkennbares Ordnungsprinzip. Manche waren mit roten Wollfäden oder Farbtupfern markiert, trugen Nummern, ins Metall gekratzt oder mit Filzstift daraufgeschrieben. Ich sah mir die Tür an – zu, abgeschlossen, robust. Das Schlüsselloch sah genauso wie Oskars aus, blank poliertes Messing, nur dass hier die Jahre der Politur das Holz ringsum geschwärzt und sich als graugrüne Substanz in den Ritzen abgesetzt hatten. Viele der Schlüssel im Bund sahen dem von Oskar ähnlich. Ich probierte einen auf gut Glück. Er glitt leicht hinein, ließ sich aber nicht drehen. Der zweite blieb auf halbem Wege stecken.
    Ich fühlte eine Ader am Hals pochen und schluckte. Meine Finger schwitzten im Handschuh. Die Schritte der Passanten kamen mir immer lauter vor, jedes Mal schnürte sich mir die Kehle zusammen, und ich wartete atemlos, ob unten die Haustür aufging. Ich fummelte einen dritten Schlüssel hervor, doch er rutschte mir aus der Hand – der Bund fiel klirrend zu Boden. Der Krach ging mir durch und durch. Als ich mich bückte, um die Schlüssel aufzuheben, unbeholfen und lächerlich in den gelben Handschuhen, sah ich mit neuen Augen, was mir dort zu Füßen lag – ein totes Etwas, unleugbar, endgültig, ein wahrhaftiger menschlicher Leichnam, mit einer außerordentlichen Macht, mein Leben auf den Kopf zu stellen und meine Freiheit zu gefährden, wenn ich in seiner Anwesenheit ertappt oder auch nur mit ihm in Zusammenhang gebracht wurde. Und doch nahm er gar nicht so viel Raum ein, war kaum sperriger als eine Truhe oder eine schwere Matratze. Vielleicht war genau das der Schrecken, das unsagbare Geheimnis, das wir alle nicht wahrhaben wollten: dass es gar kein so furchtbarer Albtraum war, sich neben einer fremden Leiche aufzuhalten; es konnte sich sogar normal anfühlen. Einfach nicht zu viel drandenken, sagte ich mir. Ich würde einfach nicht drandenken.
    Der vierte Schlüssel ließ sich nicht drehen. Der fünfte drehte sich glatt im Schloss, und die Tür ging auf, gab den Blick frei auf einen Streifen roten Teppich, gelbgrüne Tapete und haufenweise verblichene Winter- und Regenmäntel an einer Reihe vergrabener Kleiderhaken. Ich stieß die Tür weit auf und zog die Putzfrau in die Wohnung, so schnell ich konnte, holte auch noch den Eimer rein und schlug die Tür hinter mir zu.
    Aufatmend, schweißüberströmt, lehnte ich mich an die Wand. Mir kam es immer noch so vor, als hörte ich Schritte näher kommen, die Treppe heraufkommen, um mich mit der Leiche zu ertappen. Wieder und wieder versicherte ich mir, dass alles in Ordnung sei, keine Gefahr mehr drohe. Die Wohnung der Putzfrau hatte den gleichen Grundriss wie die von Oskar, war aber viel dunkler. Wo Oskar zwischen Flur und Küche eine Glaswand eingezogen hatte, war die Wand hier noch aus Stein, sodass der Flur im Dauerdämmer lag, mit ein paar Bildern an den Wänden und einem Perlenvorhang am Ende.
    Ich drückte mich an die Wand und horchte angestrengt. Nichts. Der dicke Flor des Teppichs machte es einem leicht, geräuschlos aufzutreten, nur der Perlenvorhang klimperte, als ich ihn teilte. Das rote Teppichmeer floss lückenlos weiter ins Wohnzimmer, wo ein Sofa mit Plastiküberzug vor einem Fernseher stand, metallene Klappstühle an einem kleinen Esstisch lehnten

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