Die nachhaltige Pflege von Holzböden
stürzte, sie stürzte â ein Moment, als risse ein Faden, und dann war ich hier. Hinter mir in der Küche befand sich das Problem, das mir den Kopf sprengte und drohte, alles zu zerstören. Die Tatsache, dass die Putzfrau tot war, nahm langsam in mir Gestalt an, breitete sich aus, und ihr toter Körper schwoll wie der Beutel eines alten Staubsaugers, prall verpackt in das gleiche, wächserne Material. Ich dachte daran, was passierte, wenn man starb, an das Bankett der Bakterien, das einen aufblies wie einen Ballon ⦠dachte an die Katze in ihrem schwarzen Sack unten im Kanal, dachte an alles, was passiert und nicht mehr rückgängig zu machen war, dreiÃig Lebensjahre, die sich sinnlos abspulten bis zu diesem trostlosen Moment in einer fremden Wohnung, mit einer Leiche, die nichts mit mir zu tun hatte â sie ging mich gar nichts an! Ich war nicht für ihren Tod verantwortlich! Ich hatte ihr nichts getan!
Ein Laut brach aus mir hervor, halb Schluchzen, halb Wutschrei. Dieses Geräusch war so laut und so rau in meiner Kehle, dass es mich verblüffte und mir die Augen aufriss. Ich holte tief Luft, versuchte, den Kopf klar zu bekommen. Das Problem, die Frage, was zu tun sei, hatte sich mir beim Grübeln zu einem Knäuel von Abstraktionen verzwirbelt. Ich musste das Ganze auf seinen simpelsten Nenner reduzieren, nämlich, dass eine Leiche auf Oskars Küchenboden lag.
Ich stand auf und ging sie mir ansehen. Sie hatte sich nicht gerührt, wie ich etwas enttäuscht feststellte. Das war also eine Leiche, die erste, die ich je gesehen hatte. Meine Familie bevorzugte geschlossene Särge und Einäscherungen. Der Körper kam mir kleiner vor, als ich ihn in Erinnerung hatte, doch seine ungeheure Stille verlieh ihm eine Aura von Feierlichkeit. Welch eine Stille! Ich kniete mich hin und legte der Putzfrau die Hand auf die Schulter. Sie war warm â oder jedenfalls nicht so gruselig kalt, wie ich erwartet hatte. Ich schüttelte sie, versuchte noch einmal, sie zum Leben zu erwecken.
»Aufwachen«, sagte ich und kam mir sofort blöd vor, kindisch, weil ich den Tatsachen nicht ins Auge sah. Also gut, noch nicht kalt. Was hier lag, waren die sterblichen Ãberreste eines Menschen.
Ich stand auf. »ScheiÃe.« Meine Kehle wurde eng, und es brannte in den Augen. Tränen ? Ich blinzelte heftig, holte tief Luft und hielt den Atem an. Nicht drandenken, nicht drandenken. Die Krise ging vorüber. Es war wieder gut â alles war gut.
Trotzdem machte ich mir Sorgen, wie die Szene einem hypothetischen Beobachter erscheinen musste â würde man da nicht sofort an Schuld, Verbrechen, Mord denken? Die Leiche lag mit dem Gesicht am Boden, umgeben von Weinflecken, die ein Blutbad suggerierten, obwohl an Blut ja nur das auf der Klinge im Spülbecken und das auf ihrem Bein vorhanden war. Der Wein, das Messer, die Leiche â gut sah das nicht aus.
Vielleicht lieà es sich ja verbessern. Ich drückte mich um die Leiche herum zur Spülmaschine und schob die Lade zu. Zwei Blutstropfen waren auf die Innenseite der Klappe gefallen. Ich dachte an den einzelnen schwarzen Tropfen, den die Katze im Piano hinterlassen hatte, schloss die Klappe und schaltete die Maschine ein. Sie klickte und rauschte. Ich lächelte. Ein selbstreinigender Tatort. Nur ein paar simple Handbewegungen, und die Beweise waren verschwunden, in einer geheimen, lichtlosen Welt aus kraftvollen Spülmitteln und kochendem Wasser aufgelöst. Die Fernseh-Kriminalisten würden im Dunkeln tappen.
Wenn doch alles andere auch so einfach wäre. Die Leiche lag immer noch da, unumgänglich. Am liebsten hätte ich sie auch einfach per Knopfdruck weggeputzt.
Vielleicht war das gar nicht so unrealistisch. Das Messer war weggeräumt, und mit dem Mopp war ich flink genug gewesen, sodass es kein Blut mehr am Boden gab. Was hatte sie sonst noch an Spuren hinterlassen? Abgesehen von der Leiche waren da nur noch die Putzmittel im Eimer, der Mopp und der Schlüsselbund auf der Arbeitsfläche. Diese Sachen konnte man problemlos entfernen.
Blieb nur noch die Leiche selbst, das elementare Problem. Die musste ich irgendwie loswerden. Sie war zwar eines natürlichen Todes gestorben â aber in Oskars Wohnung konnte sie nicht liegen bleiben, ohne dass es mich aufs Peinlichste mit ihrem Ableben in Verbindung gebracht hätte. Vielleicht war es ja gegen das Gesetz, die Meldung eines
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