Die Nacht am See
Donovan war es egal, was mit Cohen passierte, er hörte kaum, dass die Polizisten ihm seine Rechte vorlasen. Es zählte einzig Jocelyn, die schluchzend in seinen Armen lag.
„Es ist vorbei”, sagte er und streichelte ihr Haar. „Er ist festgenommen.”
Sie schüttelte den Kopf an seiner Schulter und schniefte.
„Deshalb weine ich nicht. Solche Sachen mache ich doch ständig.”
Er musste lachen. „Weshalb weinst du dann?”
Sie schaute ihn an. Ihr Gesicht war feucht, und ihre Nase lief. „Weil ich Angst hatte, dich zu verlieren, und dir dann niemals hätte sagen können, wie Leid mir alles tut.”
Eine Stimme in seinem Inneren warnte ihn. Vielleicht tat es ihr nur Leid, dass sie die Schießerei nicht verhindert hatte. Vielleicht tat es ihr Leid, dass sie ihm im Ferienhaus wehgetan hatte. Er wollte nicht daran glauben, dass sie bedauerte, ihm Lebewohl gesagt zu haben …
„Was tut dir Leid?”
Der Beamte namens Charlie trat zu ihnen. „Ich brauche noch Zeugenaussagen von Ihnen beiden.”
Donovan und Jocelyn traten auseinander. Jocelyn wischte sich die Nase und riss sich hastig zusammen, bevor sie zu erzählen begann, was geschehen war. Abschließend wies sie noch darauf hin, dass sie Cohen die Waffe aus der Hand geschossen hatte und dass diese eingesammelt werden musste. Nachdem der Beamte auch Donovan noch einige Fragen gestellt hatte, schloss er seinen Notizblock und erklärte, er würde sich gegebenenfalls noch einmal melden.
Donovan und Jocelyn standen in der Seitenstraße und waren endlich allein. Keiner von ihnen sagte etwas.
„Bist du okay?” fragte Donovan schließlich und wünschte, sie wären kurz zuvor nicht unterbrochen worden. Jocelyn hatte in seinen Armen gelegen. Er wollte sie zurückhaben.
Doch das würde wohl nicht passieren. Jetzt nicht. Der Moment war vorüber, und er war sich nicht sicher, was nun kam. Sie nickte und starrte auf den Boden. Jetzt sah sie wieder wie die unnahbare Leibwächterin aus.
„Wollen wir bei mir etwas trinken?” fragte er, ohne zu wissen, wohin das führen würde.
Doch er wollte sich alle Chancen offen halten. „Ich muss mich erst einmal erholen, schließlich habe ich noch nie einen Verbrecher festgenommen.” Er hob eine Hand und ließ sie zittern.
Zumindest ein kleines Lächeln konnte er ihr damit entlocken. „Ja, gern, ich könnte auch eine Stärkung vertragen.”
Sie hatte Ja gesagt!
Aufregung packte ihn.
Im nächsten Augenblick verkrampfte sich sein Magen, als er sie anlächelte und erkannte, wie sehr sein zukünftiges Glück von der nächsten halben Stunde abhing.
12. KAPITEL
Donovan zog den Schlüssel heraus und öffnete die Tür zu seiner Wohnung.
„Warte.” Jocelyn berührte seinen Arm und hielt ihn zurück. „Lass mich erst reingehen und alles prüfen. Man kann nie wissen.”
Donovan atmete tief durch. Sie war ein absoluter Profi, und er bewunderte sie dafür, selbst wenn er jetzt lieber zum Privaten übergegangen wäre.
Er wartete an der Tür, bis sie die Alarmanlage ausgeschaltet und seine Wohnung durchsucht hatte. Kurz darauf kam sie wieder aus seinem Schlafzimmer geschlendert.
Was würde er dafür geben, wenn er sie jeden Morgen dort herausschlendern sehen könnte
…
Er verscheuchte den Gedanken, begrub vorläufig diese Hoffnung und lächelte. „Alles in Ordnung?”
„Ja, sieht so aus. Wie wäre es jetzt mit etwas zu trinken?”
„Kommt sofort. Mach es dir gemütlich.” Es war merkwürdig, sie wie einen Gast zu behandeln, wo sie doch bis vor kurzem noch seine Geliebte gewesen war.
Donovan zog sich eine Jeans und ein sauberes Hemd an und ging dann in die Küche, um die Getränke zu holen.
Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer blieb er auf einmal stehen, als er seine Eric-Clapton-CD spielen hörte. Erinnerungen an jenen ersten Abend mit Jocelyn überkamen ihn.
Da hatte er zum ersten Mal hinter ihre kühle Fassade blicken können und die Frau dahinter entdeckt. Er erinnerte sich, wie sie gelächelt hatte, als sie diese Lieder gehört hatte.
Er schluckte, weil er auf einmal fürchtete, dass der heutige Tag genauso enden könnte wie dieser schreckliche Abend vor drei Wochen im Ferienhaus.
„So, bitte schön.” Er kam ins Wohnzimmer und reichte ihr ein Glas. „Prost. Trinken wir darauf, dass Cohen jetzt hinter Gittern bleibt.”
„Darauf trinke ich gern.” Sie stießen an und nippten an ihren Getränken.
„Setz dich”, meinte Donovan, der sich plötzlich unsicher fühlte. Er bemühte sich, locker zu sein,
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