Die Nacht am See
kontrolliert. „Das sehe ich.” Er kam langsam auf sie zu.
„Was geht hier vor, Jocelyn? Und wieso habe ich das Gefühl, dass ich dich nach unserer Abreise hier nicht wieder sehen werde, wenn es nach dir geht?”
11.KAPITEL
Jocelyn ging zurück in ihr Zimmer, um ihre Sachen zu packen. „So wird es nicht sein. Uns verbindet doch etwas, Donovan. Wir bleiben in Kontakt.”
Er folgte ihr. „Das übliche ,Wir können doch Freunde bleiben’? Komm schon, Jocelyn.”
Sie öffnete die Schubladen, zog ihre Sachen heraus, legte sie zusammen und warf sie in ihre Reisetasche.
Donovan kam zu ihr und nahm ihren Arm. „Hör doch bitte mit dem Packen auf und sprich mit mir.”
„Wir können im Wagen reden. Es ist eine lange Reise, und ich möchte gern losfahren, damit ich dich vor Mitternacht zurück in dein Penthouse gebracht habe.”
„Du wirst mich einfach abliefern und dann weiterfahren?”
Sie hielt einen Moment inne und schaute ihn an. „Es besteht keine Gefahr mehr. Cohen ist hinter Gittern, und es gibt keinen Grund, warum du noch für einen weiteren Tag meinen Lohn zahlen solltest.”
„Oh, du tust mir also einen Gefallen, ist es das? Sparst mir ein paar Dollar? Ich wusste gar nicht, dass ich für deine nächtlichen Dienstleistungen zahle.”
Jocelyn klappte der Mund auf. Das war jetzt wohl die gerechte Strafe für all den Schmerz, den sie ihm zufügte. Alles nur, weil sie zu ängstlich war, ein Risiko einzugehen.
Niedergeschlagen ließ sie sich auf der Bettkante nieder. „Donovan, es tut mir Leid. Ich weiß, ich benehme mich unmöglich.” Sie schaute bittend zu ihm auf. „Vielleicht können .wir uns weiterhin treffen, die Sache aber ein wenig langsamer angehen lassen.”
Er überdachte das einen Augenblick und schüttelte dann grimmig den Kopf. „Ich glaube nicht, dass ich das kann. Es wäre die Hölle für mich. Ich liebe dich, Jocelyn. Von ganzem Herzen. Ich will in deiner Nähe sein. Ich möchte abends zu dir nach Hause kommen und jeden Morgen neben dir aufwachen. Das Leben ist zu kurz für etwas anders.”
Jocelyn seufzte tief auf und starrte auf das T-Shirt in ihrer Hand. „Es geht nicht, Donovan.
Ich kann nicht deine liebevolle Ehefrau sein, die dir ihr ganzes Herz schenkt. Es wäre niemals real. Ich würde immer etwas von mir zurückhalten, und das weißt du. Du verdienst etwas Besseres, denn du hast es nie gehabt, und ich sehe, wie sehr du es dir wünschst. Zu glauben, dass ich die Richtige für dich bin, ist lediglich Wunschdenken. Du liebst die Frau, die ich hier war, aber das ist nicht mein wirkliches Ich, und, offen gesagt, es ist auch nicht dein wirkliches Ich. Wir haben uns etwas vorgespielt. Haben so getan, als wäre das Leben perfekt und als ob uns nichts berühren könnte. So ist es aber nicht in Chicago.”
Eine ganze Weile starrte er sie nur an, bevor er nickte und sich umdrehte. „In Ordnung. Ich gehe packen.”
Er verließ das Zimmer. Jocelyn war geschockt. Geschockt von all dem, was sie gerade gesagt hatte und geschockt, weil er gegangen war.
Sie blieb auf dem Bett sitzen und starrte ihm hinterher. In ihren Augen sammelten sich heiße, brennende Tränen, und in ihrem Inneren tobte das reinste Chaos.
Sie hasste es, dass sie ihm das angetan hatte! Aber war es nicht besser, es jetzt zu tun, solange es nur eine Verliebtheit war und bevor die Sache noch ernster wurde?
Eine Träne rann ihr über die Wange, und sie wischte sie entschieden weg. Himmel, wann hatte sie das letzte Mal geweint? Sie konnte sich nicht erinnern. Ihr ganzes Leben lang hatte sie versucht, hart und tapfer zu sein. Weder hatte sie geweint, als Tom sie verlassen hatte, noch damals, als ihr Vater gegangen war. Wut und Ärger hatten die Tränen verdrängt.
Rückblickend vermutete sie, dass sie geahnt hatte, dass Toms Herz nicht bei der Sache gewesen war, genauso wenig wie das ihres Vaters. Sie waren zu oberflächlich, mehr darauf bedacht, was die Nachbarn dachten, als was Jocelyn oder sonst jemand, der ihnen nahe stand, fühlte.
Donovan war das Gegenteil. Er war ein feinfühliger Mensch, deshalb wollte er auch ein Beratungszentrum für trauernde Kinder errichten, weil er aus eigener Erfahrung wusste, wie sehr Kinder unter dem Verlust ihrer Eltern litten. Deshalb war er noch allein stehend. Er nahm die Liebe ernst
Doch sie hatte seinem Herzen grausame Wunden zugefügt. Wie hatte sie das tun können?
War sie wirklich die kühle, harte, unnahbare Person, die sie vorgab zu sein? In ihrem Bemühen, nicht
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