Die Nacht am See
komme was da wolle. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie bereit, auch im Privatleben ein Risiko einzugehen. Was dabei herauskommen würde, konnte sie nicht vorhersagen. Sie würde einfach Vertrauen haben müssen.
Am nächsten Morgen kam Jocelyn gerade aus der Dusche, als ihr Handy klingelte. Hastig schlang sie sich ein Handtuch um und tapste ins Schlafzimmer. „Hallo?”
„Hallo, ich bin’s, Tess. Es ist etwas passiert, und ich dachte, das solltest du wissen.”
Tess’ Stimme klang ernst, also setzte Jocelyn sich auf die Bettkante und fragte: „Was denn?”
„Ben Cohen ist gestern freigelassen worden. Irgendein bürokratischer Fehler hat die Polizei dazu gezwungen.”
„Oh, nein.”
„Du solltest vielleicht zu Dr. Knight fahren. Soll ich ihn in seiner Wohnung anrufen?”
„Ja. Sag ihm, er soll das Haus nicht verlassen. Ich bin auf dem Weg.”
Jocelyn warf das Handtuch beiseite und zog sich an.
Fünfzehn Minuten später saß sie im Auto, um zu Donovan zu fahren, als erneut ihr Handy klingelte. „Ja?”
„Hier ist Tess. Ich habe es in seiner Wohnung probiert, er antwortet nicht. Ich habe im Krankenhaus angerufen, aber er arbeitet heute nicht. Das heißt, ich konnte ihn nicht erreichen.
Ich hoffe nur, dass alles in Ordnung ist.”
Ein kalter Schauder lief Jocelyn den Rücken hinunter. „Versuch es weiter. Vielleicht ist er auf der Terrasse oder unter der Dusche oder so. Ich bin schon in seiner Nähe. Ich rufe dich an, wenn ich etwas erfahren habe.”
Kurz darauf parkte sie, versicherte sich, dass sie ihre Waffe trug, und stürmte ins Gebäude.
„Briggs, ist Dr. Knight zu Hause?” fragte sie den Sicherheitsposten.
„Nein, Miss Mackenzie. Er ist joggen gegangen. Vor ungefähr einer halben Stunde.”
„Danke.” Sie rannte wieder hinaus und rief Tess an. „Er ist zum Joggen. Ich werde ihn suchen, aber du versuchst es weiter in der Wohnung, falls wir uns nicht treffen. Sag ihm, er soll alles verschließen und sich nicht von der Stelle rühren, bis ich komme. Und ruf mich an, wenn du ihn erreicht hast.”
Jocelyn steckte das Handy in ihre Tasche, bevor sie die Straße entlang zum Park lief, wo sie das erste Mal zusammen mit Donovan gelaufen war, froh darüber, dass sie Turnschuhe angezogen hatte.
Die Sonne wärmte ihren Kopf und die Schultern, und sie kam ins Schwitzen in ihrer Jeans und dem Blazer, doch sie dachte nur daran, dass sie Donovan finden musste, bevor Cohen es tat.
Sie erreichte den Park und beschattete ihre Augen. Zwischen all den Inline-Skatern und Spaziergängern gab es auch viele Jogger, doch kein Zeichen von Donovan.
Dann sah sie jemanden an einen Baum gelehnt im Gras sitzen und erkannte ihn. Ein Seufzer der Erleichterung entfuhr ihr.
Verstohlen blickte sie sich um, um sicherzustellen, dass kein verdächtig aussehender Mann in der Nähe war, bevor sie zu ihm ging.
Er schaute hoch und wurde blass, als sie vor ihm stehen blieb. „Jocelyn, was machst du hier?”
Sie musste erst einmal wieder zu Atem kommen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe.”
Mit zusammengekniffenen Augen blinzelte er sie einen Moment lang an. „Warum?”
„Es ist etwas passiert. Ben Cohen wurde gestern freigelassen. Du bist nicht mehr sicher.”
Er ließ die Worte einsinken. „Ich verstehe.”
„Ich muss dich zurück in deine Wohnung eskortieren.”
Donovan starrte in Jocelyns wunderschöne dunkle Augen und auf ihre vollen Lippen, auf die Wangen, die von der Hitze gerötet waren, und fragte sich, wie es möglich war, dass er sie noch immer so sehr lieben konnte, trotz der Art und Weise, wie sie ihm vor drei Wochen den Laufpass gegeben hatte.
In der Zwischenzeit waren seine Gefühle Achterbahn gefahren. Mal war er wütend auf sie gewesen, und im nächsten Moment hatte er nach dem Telefon gegriffen, ihre Nummer gewählt, nur um aufzulegen, bevor es geklingelt hatte. Er hatte an nichts anderes als an sie denken können.
Verdammt, er hatte gedacht, sie wäre aus privaten Gründen zu ihm gekommen. Er hatte gedacht, er würde sie endlich wieder in den Armen halten können, doch sie war nur wegen Cohen hier. Wieder einmal hatte er sich in ihr getäuscht.
Langsam stand er auf und bemühte sich, nicht in ihr hübsches Gesicht zu schauen oder auf die Jeans, die ihre langen, sexy Beine umhüllte. Wenn er jemals wieder normal fühlen wollte, dann musste er sie vergessen und sich davon überzeugen, dass sie Recht gehabt hatte. Dass das, was
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