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Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)

Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)

Titel: Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Guillermo;Hogan Del Toro
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Zeit.

ERSTES ZWISCHENSPIEL
    Die Geschichte von Mr. Quinlan
    Das Jahr 40 nach Christus war das letzte Herrschaftsjahr des römischen Kaisers Caligula und von Hybris, Grausamkeit und Wahnsinn bestimmt. Der Kaiser, den etliche Dokumente aus jener Zeit als »Jupiter« bezeichnen, erschien wie ein Gott gekleidet in der Öffentlichkeit, ließ die Köpfe der Götterstatuen entfernen und durch sein eigenes Antlitz ersetzen und zwang den Senat, ihn wie ein überirdisches Wesen zu verehren. Allein zu diesem Zweck wurde der kaiserliche Palast auf dem Palatin um einen Tempel erweitert.
    Am Hof Caligulas lebte damals auch ein blasser, schwarzhaariger Junge von vielleicht fünfzehn Jahren. Einst war er ein Sklave gewesen, aber der selbsternannte Sonnengott hatte ihn auf Anraten eines Wahrsagers – der daraufhin nie wieder gesehen wurde – zu sich gerufen. Der Kaiser gab dem Jungen den Namen Thrax.
    Man erzählte sich, dass römische Soldaten Thrax in einem verlassenen Dorf weit im Osten aufgefunden hatten – in einem jener wilden, kalten Landstriche, die von Barbarenstämmen bevölkert waren. Und man erzählte sich, dass sich hinter der zarten fragilen Erscheinung des Jungen äußerste Brutalität und Ruchlosigkeit verbargen. Ja, manche behaupteten sogar, dass er die Gabe des zweiten Gesichts besaß – und das war wohl auch der Grund, warum Caligula so angetan von ihm war. Thrax trat ausschließlich nachts in Erscheinung, gewöhnlich an der Seite des Kaisers; zuweilen sah man ihn aber auch allein im Tempel, wo seine Haut im Mondlicht wie Alabaster leuchtete. Er beherrschte etliche Barbarensprachen und eignete sich in kürzester Zeit Latein und die Naturwissenschaften an. Als politischer Berater Caligulas vergab und entzog er die kaiserliche Gunst und empfahl die Verehrung des Kaisers als Gott. Hin und wieder erschienen sie gemeinsam im Circus Maximus und feuerten bei Pferderennen, die nachts im Schein unzähliger Fackeln abgehalten wurden, die Mannschaft der »Grünen« an; ja, man erzählte sich, dass Thrax einmal nach der Niederlage ihrer Favoriten angeordnet hatte, alle übrigen Pferde zu vergiften.
    Weder Caligula noch Thrax konnten schwimmen, und so inspirierte der Junge den Kaiser zu einer seiner größten Verrücktheiten: eine über drei Kilometer lange Brücke aus zusammengebundenen Schiffen, die die Hafenstädte Baiae und Puteoli verband. Thrax war nicht zugegen, als Caligula auf seinem Pferd Incitatus das erste Mal über die Brücke ritt und dabei den Brustpanzer Alexanders des Großen trug, aber es hieß, dass der frühere Sklave sie später etliche Male bei Nacht überquerte, gehüllt in feinstes Tuch, in einer von vier Nubiern getragenen Sänfte und begleitet von einem Dutzend Wachen – eine mehr als unheilige sedia gestatoria .
    Doch damit nicht genug: Einmal pro Woche wurden Thrax sieben handverlesene Sklavinnen in seine opulenten Gemächer unter dem Tempel gebracht. Er verlangte nach Jungfrauen, nicht älter als neunzehn Jahre und bei bester Gesundheit, und so wurden im Laufe der Woche immer wieder Tupfer ihres Schweißes untersucht, um die Richtigen auszuwählen. Dann, als am siebten Tag die Sonne am Horizont versank, wurde die eisenbeschlagene Tür zu Thrax’ Räumen von innen verriegelt.
    Die erste Sklavin starb stets auf dem großen Bernsteinaltar. An seinen Seiten befand sich ein Relief aus verkrümmten Körpern, die alle ihre Arme Richtung Himmel streckten, und in der Deckplatte waren zwei Ritzen, durch die das Blut der Opfer in goldene, rubinbesetzte Becher floss.
    Lediglich mit dem subligar bekleidet, kam Thrax aus einem schmalen Seitengang und befahl der Sklavin, sich auf den Altar zu legen. Dann trat er neben sie und durchbohrte ihren Hals mit seinem Stachel. Die sieben Spiegel, die um den Altar herum angebracht waren, reflektierten das blutige Mahl. In Sekundenschnelle platzen die Venen der Sklavin, und ihr Körper verlor jegliche Farbe. Mit geübtem Griff hielt Thrax sie fest, bis sie sich nicht mehr rührte.
    Nachdem er sich reichlich an der darauf eintretenden Panik ergötzt hatte, griff er sich die zweite Sklavin, trank ihr Blut, tötete sie. Dann die dritte. Dann die vierte … Bis nur noch eine von ihnen übrig war. Die letzte genoss Thrax immer am meisten.
    Doch einmal, in einer Winternacht, zögerte er, die letzte Sklavin zu töten – er spürte ein ungewöhnliches Pulsieren in ihrem Blut. Er legte ihr die Hand auf den Bauch, der fest und angeschwollen war, und begriff: Diese verfluchte

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