Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)
Liebsten zurückkehrte? Davon abgesehen war Nora die einzige, die wusste, dass er sich mit den Ukrainern getroffen hatte – und nun kam er mit seiner Trophäe zurück wie ein Schuljunge nach einem Sportwettbewerb. Er war stolz auf sich, weil er wusste, dass sie stolz auf ihn sein würde.
Als er jedoch zu der vom Feuer geschwärzten Tür kam, die in sein unterirdisches Reich führte, bemerkte er, dass sie einige Millimeter offenstand. Ein Fehler, den Dr. Nora Martinez nie gemacht hätte … Vasiliy holte sein Schwert heraus, dann bugsierte er den Pritschenwagen durch die Tür, ließ ihn im verwüsteten Eingangsbereich stehen und ging vorsichtig die Treppe hinunter.
Unten angekommen öffnete er ebenso vorsichtig die Tür zu seiner Kellerwohnung. Eigentlich war es nicht nötig, sein Versteck besonders gut zu sichern – niemand, abgesehen vielleicht von vereinzelten Schmugglern, die sich mit ihren Schiffen in die Nähe Manhattans wagten, setzte mehr einen Fuß auf die Insel.
In der dürftig eingerichteten Küche war nichts Verdächtiges zu erkennen. Vasiliy ernährte sich in erster Linie von abgepacktem Zeug, das er in den Monaten nach dem Umsturz zusammengesammelt hatte: Cracker und Fruchtriegel, Little-Debbie-Cakes und Twinkies. Inzwischen hatte das meiste davon das Ablaufdatum überschritten, und im Gegensatz zur landläufigen Meinung wurde der Kram tatsächlich ungenießbar. Er hatte auch versucht zu angeln, aber der Fluss war so stark mit Chemikalien verschmutzt, dass kein Feuer der Welt das Gift aus dem Fisch hätte kochen können.
Vasiliy kontrollierte die Abstellkammer, dann ging er ins Schlafzimmer. Es war noch nicht lange her, da hatte ihm eine Matratze auf dem Fußboden völlig genügt, aber die Aussicht, Nora könnte einmal die Nacht bei ihm verbringen, hatte ihn bewogen, in den Trümmern nach einem Bettgestell zu suchen. Jedenfalls war niemand hier. Auch im Badezimmer war niemand, wo Vasiliy die Kammerjäger-Ausrüstung und einige andere Gerätschaften aus seinem ehemaligen Laden in den Flatlands aufbewahrte.
Er bückte sich durch das Loch in der Wand, das er mit einem Vorschlaghammer geschlagen hatte, und betrat das nächste Apartment, wo er eine Art Büro eingerichtet hatte. Der Raum war mit zahllosen Kartons vollgestellt, in denen sich Abraham Setrakians Bibliothek und Aufzeichnungen befanden. In der Mitte stand ein abgewetztes Ledersofa, über dem eine Leselampe angebracht war.
Und neben dem Sofa stand ein Mann.
Die Gestalt war bestimmt zwei Meter groß und muskelbepackt. Das Gesicht war hinter einer Kapuze verborgen; nur die roten Augen waren zu erkennen. Die bleichen Hände blätterten in einem von Setrakians Notizbüchern.
Ein strigoi . Aber nicht wie die anderen: Dieser Vampir trug ganz normale Kleidung.
Vasiliy sah sich panisch um. Hatten sie ihn in eine Falle gelockt?
Ich bin allein.
Die Stimme des strigoi dröhnte in Vasiliys Kopf. Der Kammerjäger fixierte den hünenhaften Eindringling. Das hier war sein Heiligtum. Die Bücher und Notizen, die er hier aufbewahrte, waren von unschätzbarem Wert …
»Wo ist Nora, du Bestie?«, rief er, während er das Schwert aus der Scheide zog und sich so schnell wie möglich auf die Kreatur zubewegte. Doch der Vampir war schneller: Er wich zur Seite, packte Vasiliy und drückte ihn nach unten. Das Schwert fiel nutzlos zu Boden. Der Kammerjäger schrie wütend auf und versuchte seinen Gegner mit einigen Ringergriffen zu überwältigen, aber der strigoi hatte für alles einen geeigneten Konter parat. Schließlich nahm er Vasiliy in einen Zangengriff, so dass sich dieser nicht mehr rühren konnte.
Ich sagte doch, dass ich allein gekommen bin. Der Vampir schlug die Kapuze zurück. Erinnerst du dich an mich?
Ja, jetzt erinnerte sich Vasiliy. Das bleiche Gesicht mit den tiefroten Augen … Das alte Gebäude am Central Park … Das Messer, das ihm der Vampir an die Kehle gehalten hatte …
»Du warst dabei, als die Alten vernichtet wurden. Du warst ihr Bodyguard.«
Das ist richtig.
»Aber du bist nicht mit ihnen zu Staub zerfallen. Nicht wie die anderen.«
Auch das ist richtig.
»Q … irgendwas, nicht wahr?«
Quinlan.
Ruckartig befreite Vasiliy seinen rechten Arm und versuchte dem strigoi ins Gesicht zu schlagen, doch eine Sekunde später war seine Hand wieder im Schraubstock gefangen. Und jetzt drehte Quinlan an der Hand. Und das tat wirklich weh.
Hör mir zu, Vasiliy Fet. Wenn ich dich hätte töten wollen, wärst du schon längst nicht mehr
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