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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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wollen, dass die Wahrheit herauskommt!»
    «Aber Darrin vielleicht nicht! Vielleicht hat Darrin sogar was dagegen.»
    Eine Weile herrschte Stille. Dann begann Dexter zu murmeln. Lol verstand nicht, was er sagte. Er hörte Alice sagen: «Was ist das denn jetzt? Du hast nie ...» Und Dexter murmelte weiter. Schließlich sagte Alice mit schwacher Stimme:
«Nein. Lieber Gott.»
    Dann sprach Dexter wieder lauter, er hörte sich beinahe panisch an: «Dann sagt er: Tritt schon aufs Gas, du fetter Schwachkopf ...»
    «Dexter!»
    «Nein», sagte Merrily, «sprechen Sie bitte weiter.»
    «Ich war größer als Darrin, aber er war wirklich verrückt, echt. Hat mir mal sein Messer in den Handrücken gerammt. Hatte ein Luftgewehr, mit dem hat er im Garten ein Rotkehlchen abgeschossen. Und am liebsten hat er die Sachen kaputt gemacht, die jemandem besonders gefallen haben. Zum Beispiel hat in dem Fiesta ein Bilderbuch gelegen, das hat er als Erstes genommen, es zerrissen und die Teile aus dem Fenster geworfen. Da hat Roland angefangen zu heulen. Also dreht sich Darrin zu ihm um, kneift ihn so richtig fest und sagt: ‹Wir fahren nach London, und wir kommen nie mehr zurück. Du siehst Mom und Dad nie wieder.›»
    «Gütiger Gott», hauchte Alice.
    «Also wird Roland total hysterisch und fängt an, am Türgriff zu zerren, aber Darrin schreit: ‹Bleib von der Tür weg, oder es knallt.› Da hat Roland gewartet, bis sich Darrin wieder nach vorne gedreht hat, und dann hab ich gehört, wie er an dem Türgriff rumgemacht hat, aber da ist Darrin schon wieder zu ihm rumgewirbelt, ganz plötzlich, und
Peng
, verpasst er ihm eine ins Gesicht. Da waren die Bullen schon hinter uns, mit Blaulicht und so, und Roland hört überhaupt nicht mehr auf zu schluchzen, und da hab ich gedacht, wenn ich über die Straße in die kleine Abzweigung fahre, schaffen es die Bullen, uns zu kriegen. Und so ... ist es passiert.»
    Stille. Dann begann Alice zu weinen.
Routineangelegenheit
, von wegen.
    Merrily sagte: «So haben Sie es der Polizei aber nicht erzählt, oder?»
    «Das hätte ich doch nicht machen können, oder? Aber jetzt wissen Sie, warum Darrin nichts mehr davon wissen will.»
    «Und Ihre Eltern? Haben Sie es Ihren Eltern erzählt?»
    Wieder Stille.
    Dann ein lautes Schluchzen.
    «O Gott, das arme Kind ... sein eigener
Bruder
 ... Und dann war er
tot
! Er ... o Gott ... das wusste ich alles nicht.» Alice war außer sich.
    «Klar hast du das nicht gewusst», sagte Dexter höhnisch. «Und Darrin hätte es dir garantiert nicht erzählt, oder was meinst du?»
    «Es wird immer alles bloß noch schlimmer.»
    «Du hast mich dazu gebracht, Alice. Ich hätt es nie ...»
    «Wie soll ich das bloß meinen Schwestern beibringen?»
    «Gar nicht. Das kannst du nicht machen», sagte Dexter knapp. «Auf keinen Fall.»
    Ein Stuhl wurde zurückgeschoben. Jemand stand auf, Schritte auf dem Fliesenboden.
    Dann sagte Alice: «Jetzt brauchen wir das Seelenamt erst recht.»
    «Was?»
    «
Ich
kann nicht damit leben. Mit dem Wissen, dass das Kind irgendwo da draußen herumirrt.»
    «Er ist nicht da draußen, Alice, er ist verd... Er ist tot.»
    «Wir haben den Heiligen Geist und die heilige Kommunion jetzt nötiger denn je.»
    «Kommt nicht in Frage.»
    «Wie einen großen weißen Vogel.»
    «Das Thema ist beendet!»
    «Wie sollen wir es organisieren, Frau Pfarrer? Wie schnell können wir es machen?»
    «Na ja, das hängt ganz von Ihnen ...»
    «Nein!»
Eine Faust wurde auf den Tisch geschlagen. Lol sprang auf. «Ich will es nicht!», brüllte Dexter. «Ich will nicht, dass es stattfindet, verstehst du mich jetzt endlich? Warum musst du ... Wieso musst du dich immer überall einmischen, Alice? Kein Mensch hat dich gebeten, mit diesem Scheiß anzufangen. Ich hab dir gesagt, du sollst damit aufhören, verdammt nochmal!»
    Durch den Türspalt sah Lol einen kräftigen Mann mit rasiertem Schädel mitten in der Küche stehen. Er sah aus, als stünde er einem Tränenausbruch näher als einer Gewalttat, aber er hatte die Fäuste geballt und atmete keuchend durch den Mund. Dann steckte er die rechte Hand in die Tasche seiner Lederjacke. Lol legte die Hand an die Tür, bereit, sie aufzureißen.
    Dexter hob die Hand. Er hielt sich einen Inhalator vor den Mund.
    «Ihr stresst mich. Ich will nichts mehr davon hören, verdammt. Ist das klar?»
    Türenschlagend verließ er die Küche.
    «Alice», sagte Merrily, die außerhalb von Lols Blickfeld stand. «Lassen Sie ihn am

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