Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
Vom Netzwerk:
selbst wenn man die Seelenmesse nur als Symbol ansieht – könnte sie tatsächlich etwas bewirken. Man muss ja nur daran denken, was allein das Gespräch darüber heute Abend zutage gebracht hat.»
    «Und es hat dafür gesorgt, dass Alice heute Nacht bestimmt nicht schlafen kann.»
    «
Gehen Sie mit offenen Armen darauf zu
, hat Lew gesagt.» Merrily seufzte.
    «Also ich möchte mir lieber nicht vorstellen, dass du Dexter Harris umarmst», sagte Lol.

27  Fünf Kugeln
     
    Jane folgte Ben die Treppe hinunter. Ben sagte auf dem gesamten Weg kein einziges Wort. Er trug eine schwarze Fleece-Jacke, deren Reißverschluss er bis oben zugezogen hatte, und schwarze Jeans. Er sah aus wie sein eigener Schatten.
    Als sie in die Empfangshalle kamen, bemerkte Jane, wie viel Schnee sich inzwischen auf den Fensterbrettern angesammelt hatte.
Er kann mich feuern, aber er kann mich bei diesem Wetter nicht nach Hause schicken.
    Das Büro hinter der Rezeption wurde hauptsächlich von Natalie genutzt. Der elfenbeinfarbene Schreibtisch mit den Goldverzierungen stammte aus Ben und Ambers Londoner Wohnung.
    Ben setzte sich hinter den Schreibtisch in einen Lederdrehstuhl und nickte in Richtung des Stuhls, der vor dem Schreibtisch stand. Jane setzte sich.
    «Hören Sie, Ben, ich wollte nur ...»
    Er brachte sie mit einer Geste zum Schweigen. Über seinem Kopf hing ein Druck der Radierung aus dem
Strand Magazine.
Sie war sehr dunkel, und man erkannte hauptsächlich den weißen Mündungsstrahl einer abgefeuerten Pistole. Unter dem Bild stand:
Holmes jagte dem Untier fünf Kugeln in den Leib.
    Ben sagte: «Dieser ganze Zirkus um übersinnliche Gewalten, Flüche, Geistererscheinungen, mystische Einflüsse der Grenze oder bewahrende Kräfte alter Felsen ... Das ist alles absoluter Quatsch.» Er lehnte sich zurück. «Jane, ich bin ein Bühnenmensch und werde immer einer bleiben. Bei meiner Arbeit geht es darum,
echte
Menschen und
echte
Orte zu benutzen, um eine
Illusion
zu erzeugen.»
    Jane nickte.
    «Wenn man eine Fernsehproduktion plant», sagte Ben, «hat man es mit jeder Menge Egozentrikern zu tun – Schauspieler, Autoren, Geldgeber. Man kämpft um Termine, Aufnahmeorte und mit dem Wetter. Und natürlich ist das Budget immer zu niedrig. Und dann, wenn man das alles hinter sich hat, kämpft man darum, dass die Zuschauer neunzig Minuten am Ball bleiben. Und für mich ist das in Ordnung; es zwingt mich dazu, mich kurz zu fassen.»
    «Um es ... kontrollierbar zu machen?»
    Ben lächelte.
    «Aber wovon ... Wovon genau reden Sie gerade? Von dem Dokumentarfilm oder ...?»
    «Von allem. Vom großen Ganzen. Von dem Unternehmen Stanner Hall. Dieser Ort hat mich auf den ersten Blick angezogen, weil er so vollkommen künstlich ist. Das Haus ist ein pseudogotischer Landsitz. Es ist eine Bühne, eine Inszenierung. Und dann wurde es dank Conan Doyle zu Baskerville Hall, also zu einer weiteren Erfindung.»
    Jane dachte über Bens Worte nach. «Aber wenn der
Hund von Baskerville
auf einer Legende beruht – einer echten Legende –, dann gibt es bei der Geschichte
doch
eine Art Wirklichkeit, oder?»
    «Eine echte Legende?» Ben sah sie gequält an. «Wie
echt
ist denn eine Legende? Was ist der sogenannte Hund von Hergest anderes als ein halbvergessenes Volksmärchen? Wer hat außerhalb der unmittelbaren Region jemals davon gehört? Während der
Hund von Baskerville
 – die Erfindung – weltberühmt und unsterblich geworden ist. Er ist ein unheimlich mächtiges Bild geworden.
Diese
Macht will ich mir zunutze machen. Den Hund von Hergest kann man vergessen. Der hatte ausgedient, sobald Doyles Buch geschrieben war.»
    Typisch.
Jane presste die Lippen zusammen.
    «Was?», sagte Ben. «Los, spuck’s aus.»
    «Er ist aber ...
gesehen
worden.»
    «Wer denn?»
    «Der Hund. Oder so etwas. Etwas, das Schafe reißt. Die bewaffneten Typen ... dahinter waren sie her.»
    Ben nickte langsam.
    Jane blinzelte. «Sie wussten darüber Bescheid?»
    «Über Dacre und seine armselige Prämie? Natürlich wusste ich das. Und natürlich gefällt mir die Vorstellung, da draußen wäre irgendetwas unterwegs, unheimlich gut. Und genauso gefällt es mir, wenn die Leute daran glauben. Sie sollen mir ihre Geschichten erzählen. Ich will sie unbedingt hören.»
    Ben lachte.
    «Nur hat sich Dacre – den ich übrigens weder persönlich kenne noch kennenlernen will – ins eigene Fleisch geschnitten. Als er mitbekam, dass ich herumgefragt habe, wer den Hund gesehen hat,

Weitere Kostenlose Bücher