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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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sie alles verwendet oder den Rest weggeworfen. Und beim ersten Neumond im Mai hat sich mein Dad an die Brennnesseln gemacht. Wenn man es zu dem Zeitpunkt gemacht hat, sin sie nich wiedergekommen. Und sie warn nich mal
so
abergläubisch, verstehn Sie? Aber die meisten Leute ham ja so ein oder zwei von diesen Sachen an sich.»
    «Mmm. Ich fürchte, ich zähle Elstern.»
    «In Jeremys Familie ham sie alles gewusst. Warum man nie ’ne Beerdigung durch ein Fernglas beobachten darf. Warum ’ne Frau zu Weihnachten nich als Erste ins Zimmer gehen darf, es sei denn, sie hat am Tag davor in dem Zimmer übernachtet, und
schon gar nich
, wenn sie neue Schuhe anhat. Mit alldem is der Junge groß geworden. Mit
allem.
Bei den meisten Jugendlichen wird so was in Frage gestellt, wenn sie anfangen, gegen alles zu rebellieren, was ihnen altmodisch vorkommt, aber Jeremys Dad is gestorben, als Jeremy noch sehr jung war, und dann hat er den Hof übernommen, und das war’s dann mit seiner Kindheit. Hat den Hof übernommen, un zwar mitsamt den Traditionen. Kleine Welt. Keine Ablenkungen. Und dann hat er rausgefunden, dasser ...
Talent
hat. Können Sie mir folgen, Frau Pfarrer?»
    «Sprechen Sie weiter.» Merrily dachte an ihren Großvater aus Herefordshire und seine Beziehung zu Apfelbäumen.
    «Danny würd sagen, es spricht alles zu ihm: der Boden, die Bäume ... die Tiere. Er sieht Sachen, die manchen von uns nie im Leben auffallen, un diese Sachen erzählen ihm was. Klingt ziemlich besoffen, oder?»
    «Vielleicht ein bisschen heidnisch.»
    «Nein, auf kein’ Fall. Waren zu allen Zeiten fleißige Kirchgänger, die Berrows. Deswegen hat Danny ja gefragt, ob
Sie
kommen können.»
    «Ich verstehe.»
    «Er ...» Gomer zögerte. «Er konnt noch nie gut mit Menschen, verstehn Sie? Sogar der Gottesdienst hat ihm Angst gemacht. Aber er is allein hingegangen, wenn die Kirche leer war, und hat was fürs Erntedankfest dagelassen. Als wir hier die Maul- und Klauenseuche hatten, hat er jeden Morgen un jeden Abend für sich allein inner Kirche gesessen. Nich lange, is nur auf ’nen Sprung reingeschlüpft. Und um
The Nant
hat die Maul- und Klauenseuche ’nen Bogen gemacht. Und die Berrows ham nie irgendwelche Chemie benutzt.» Gomer warf Merrily einen kurzen Blick zu. «Ich will damit nichts Bestimmtes andeuten, Frau Pfarrer. Der Junge hat einfach nur still und leise sein Ding gemacht, das is alles.»
    «Sie sagten, er ... wusste Dinge, ohne dass er sie erzählt bekommen hatte.»
    Wieder mal bekam sie von Gomer keine direkte Antwort.
    «Danny war vorher schon mal bei ihm. Der Junge hatte schon seine Schafe in den Stall gebracht und die Zufahrt geräumt. Und als er dann angerufen hat, um zu fragen, ob Greta die Kleine für die Nacht nehmen kann, wusste Danny sofort, dass da was nich stimmt. Die Frau hat das Kind abends immer zu Jeremy auf den Hof gebracht. Danach is sie zurück nach Stanner, wenn sie spät in der Bar oder so arbeiten musste.»
    «Also hat
sie
dort übernachtet, wollte aber nicht, dass ihre Tochter auf Stanner schläft.»
    Als Merrily Jane gefragt hatte, ob Clancy auch an den Wochenenden im Hotel arbeitete, hatte Jane geantwortet, das würde Natalie nicht erlauben, weil Clancy in der Schule so viel nachzuholen hatte. Natalie war ziemlich streng, was Hausaufgaben und pünktliches Schlafengehen anging. Und das hatte Jane reichlich komisch gefunden, denn man konnte Natalie wirklich nicht als konservativen Typ bezeichnen.
    «Aber, Gomer, Jeremy muss doch gewusst haben, dass Danny misstrauisch wird und sofort zu ihm auf den Hof kommt. Und dass Danny das auch bei diesem Schnee schaffen würde.»
    «Dann wollt der Junge vermutlich sicher sein, dass es Danny is, der ihn findet, nich?»
    «Oh.»
    Gomer stellte die Scheibenwischer ab. Es hatte beinahe aufgehört zu schneien. Auf den Hügeln von Wales war kein einziges Licht zu sehen. Manchmal lag Wales beinahe bedrohlich vor einem. Das legte sich, sobald man die Grenze überquert hatte und unten im sanften Weideland des Radnor Valley war. Die bedrohliche Stimmung herrschte nur in dieser Zwischenzone.
    «Das ist eine ... merkwürdige Gegend hier, oder? Dieses Tal. Hergest ... Stanner ... der, mmh, Hund.»
    «Sie reden nich drüber. Über nichts davon, das wissen Sie doch. Jedenfalls nich die Einheimischen.»
    «Stimmt.»
    «Wollen das Schicksal nich rausfordern, verstehn Sie?», sagte Gomer. «Wenn man die Leute fragt, kriegt man zu hören:
Ach, das ist doch alles bloß ein Haufen

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