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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Arthur Conan Doyle?», warf Ben ein. «Wurde nicht auch erzählt, dass Sir Arthur auf Stanner war?»
    Leonard lächelte.
    «Mein Gott, ja», sagte er. «Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.»
    Jane glaubte beinahe, Ben vor Erleichterung seufzen zu hören.
    Doch da kniff Leonard die Augen zusammen und hob den Zeigefinger.
    «Aber er ist niemals wiedergekommen», sagte er. «Deshalb weiß es kaum noch jemand. Er war ein Mal da, aber er kam niemals wieder. Und das ist nur allzu verständlich. Wenn man weiß, was sie getan haben.»

31  Blut und Lärm
     
    Die Hecken zu beiden Seiten der Straße hatten sich in riesige weiße Ballen verwandelt. Es schneite immer noch, aber nur noch schwach, wie ein paar Steinchen, die einem Erdrutsch hinterherkullern.
    In der Führerkabine von Gomers Traktor roch es nach Öl und Sägemehl.
    «Nein, sie hat nie viel von Clancys Mutter erzählt», sagte Merrily. Sie trug Janes alten Dufflecoat, Wollhandschuhe, eine weiße Wollmütze und Lols Schal. Und sie fror immer noch.
    «Wir wussten die ganze Zeit, dasses da was gab, was wir
nich
wussten, Frau Pfarrer», sagte Gomer. «Erst will der Junge Mary Morson heiraten, dann machtse mit diesem Naturheini von den Stanner Rocks rum. Als Nächstes taucht Natalie mit ihrm Wohnmobil und dem Mädel auf, un innerhalb vonner Woche ziehen sie in
The Nant
ein, und das Wohnmobil steht oben auf den Stanner Rocks. Hat die Brücken hinter sich abgebrochen, könnt man sagen.»
    Sie kamen an einer Feldscheune vorbei, eine der wenigen, die noch nicht in ein Luxuswochenendhaus umgebaut worden waren und die deshalb noch für Bauernselbstmorde zur Verfügung standen. Es geschah fast immer in der Scheune. In Scheunen gab es offenes Balkenwerk und Heuballen, die man aufschichten konnte, um zu seinem Galgen hinaufzusteigen. Dutzende von Bauern in dieser Gegend hatten sich während der vergangenen zwanzig Jahre so von der Welt verabschiedet. Es hatte etwas von einem Ritual an sich: Eine aussterbende Art beschleunigte das Unvermeidliche.
    «Liebe auf den ersten Blick?» Merrily dachte an Lol, der ihr im Pfarrhaus das Handy mit den Worten hingehalten hatte:
«Geh ... Du wirst dort gebraucht. Zwei Fliegen, eine Klappe. Lass das Handy angeschaltet.»
    «Kann sein.» Gomer fuhr um eine Kurve. Vor ihnen ragte ein kleiner Baum aus dem verschneiten Feld hervor wie eine steife Totenhand unter dem Leichentuch.
    «Aber?», sagte Merrily.
    «Letztens kommt Danny heim, und da sitzt Mary Morson in seiner guten Stube. Sie sagt, Natalie is in ihrm alten Wohnmobil oben auf den Stanner Rocks gesehen worn. Mit ’nem Kerl. Warn grade kräftig dabei.»
    «Oh.»
    «Na ja, Mary Morson hat sich vorgestellt, sie käm wieder mit Jeremy zusammen, wenn die Sache mit dem Naturheini nich läuft – das meint jedenfalls Greta. Kann auch sein, bei Mary. Erst leiden lassen und dann die Trösterin spielen, so was.»
    «Scheint ja eine reizende Person zu sein.»
    «Ne Seele von Mensch. Also sagt Greta zu Danny: ‹Er ist dein Freund, also erzählst du’s ihm besser. Mary Morson behält das nämlich bestimmt nicht lange für sich.› Na ja, aber Dannys diplomatische Fähigkeiten reichen dann doch nich ganz aus, um seim Kumpel zu sagen, dass seine Frau mit ’nem andern rummacht.»
    «Das ist ja auch ziemlich schwer.»
    «Und für ’nen Bauern aus Radnorshire praktisch unmöglich.»
    «Und wer war der Mann, mit dem sie zusammen war, Gomer?»
    «Weiß ich nich.»
    «Also hat Danny nicht mit Jeremy darüber gesprochen, aber Sie glauben, dass es jemand anderes getan hat, oder?»
    «Mary Morson könnt gut bei ihm angeläutet haben, um ihm brühwarm zu erzählen, dasser nicht der einzige Fisch is, der in Natalies Fluss rumschwimmt.» Gomer unterbrach sich kurz und sagte dann: «Aber, verstehen Sie, es is so – man muss Jeremy nich unbedingt alles erzählen. Er weiß es auch so. Lässt’s vielleicht nich durchblicken, aber er weiß es.»
    «Ach?»
    «Das is nix Besonders, Frau Pfarrer. Na ja, heutzutage vielleicht schon, aber nich, als das Leben für so’n Bauern noch in aller Ruhe laufen konnt, ohne endlosen Papierkram und ohne dass den Leuten die Kontrolleure vom Landwirtschaftsministerium im Nacken gesessen ham.»
    «Wollen Sie damit sagen ...»
    «Der Junge is der geborene Bauer. Im altmodischen Sinn. Der is mit der Natur verwachsen. Macht einfach in aller Ruhe sein Ding.»
    Gomer bog links ab.
    «Meine Ma damals», sagte Gomer, «hat nie ne angeschnittne Zwiebel im Haus gehabt. Entweder hat

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