Die Nacht Der Jaegerin
Chancerys und Sebbie Dacres Cousine war. Er wusste nur, dass Dacre tot aufgefunden worden und eine verurteilte Mörderin verschwunden war.
Wie kam es, dass Hattie Chancery nicht Teil der Brigid-Parsons-Legende geworden war?
Merrily musste nachdenken, bevor sie ihm antwortete. «Sie ist im Gefängnis schwanger geworden, oder? Ich erinnere mich, vor ein paar Jahren einen langen Artikel über sie im
Observer
gelesen zu haben. Ungefähr ein Jahr, nachdem sie aus der Haft entlassen worden war.»
Sie erinnerte sich an ein Foto, das von großer Entfernung aufgenommen worden war, und das eine Frau auf einem abgeernteten Feld zeigte, vor der ein kleines Mädchen herlief. Das Mädchen, das jetzt Janes Freundin war.
Janes Freundin, die Tochter Brigid Parsons’. Kein Wunder, dass dieses Mädchen so still war.
«War eine peinliche Geschichte», sagte Bliss. «Es musste entweder einer vom Wachpersonal gewesen sein oder jemand, den sie bei ihrer Arbeit draußen kennengelernt hatte. Aber sie hat es nie verraten, und sie wollte das Kind unbedingt haben. Hat es überall mit hingeschleppt. Eigentlich bewundernswert, bei diesen stressigen Jobs im Hotelmanagement noch ein Kind aufzuziehen. Sie musste sich etwas beweisen, nehme ich an.»
«Ich verstehe.» Nun ergab alles Sinn, was Jane erzählt hatte. Die vielen Umzüge, die Ferienanlagen, in denen sie gewohnt hatten, um in der Masse von Saisonangestellten unterzugehen. Schließlich das Herumreisen wie die Zigeuner. «Und ihre Eltern?»
«Die Mutter ist bei ihrer Geburt gestorben. Der Vater hat sie unterstützt, aber dann hat er noch einmal geheiratet und eine neue Familie gegründet. Hat Brigid nicht oft gesehen, bis er vor gar nicht so langer Zeit gestorben ist. Nach seinem Tod ist sie hierhergekommen.»
«Der Schulleiter an der Moorfield High School – Robert Morrell – weiß er, wer Clancys Mutter ist?»
«Kann sein, ich bin aber nicht sicher.»
«Sie gehen mit dieser Situation beunruhigend entspannt um, finde ich, Frannie.»
«Das liegt daran, dass ich weiß, wie es laufen wird. Bis wir sie haben, sammle ich Hintergrundinformationen.» Er lächelte knapp. «Und wir werden sie kriegen. Wir haben Beamte bei Danny Thomas abgestellt.»
«Sie arbeiten mit Mutmaßungen.»
«Nein, ich habe den Beweis ja praktisch vor mir. Eine Frau verschwindet, die in einem Hotel ein paar hundert Meter von dem Fundort einer Leiche arbeitet. Die Todesumstände des Mannes sind verdächtig. Sogar, wenn es sich bei der Frau
nicht
um Brigid Parsons handeln würde ...»
«Bestimmt wurde sie vor ihrer Entlassung intensiv auf ihre psychische Stabilität hin untersucht. Ich meine, wie alt war sie überhaupt, als sie diese beiden Jungen getötet hat? Dreizehn?»
«
Einen
der Jungen getötet hat», sagte Bliss. «Und zwar Mark Andrew Goodison. Der andere, Stuart Petit, hat gerade so überlebt. Sie
dachte
, sie hätte ihn umgebracht, und sie wollte es ganz bestimmt, aber er hat überlebt und sie als Täterin genannt. Wenn er nicht überlebt hätte, wäre sie vermutlich nicht einmal vernommen worden. Angesichts der extremen Brutalität der Tat hat natürlich kein Mensch an ein Mädchen gedacht. Stuart hat ein Auge verloren, wussten Sie das?»
«Ich hatte es vergessen.»
«Die meisten Leute erinnern sich nur an das, was Mark passiert ist. Jedenfalls an das, was die Zeitungen damals zu drucken wagten. Und ganz egal, was die Therapeuten sagen, ich glaube, es kann sehr gut sein, dass das Kind, das diese Tat verübt hat, nicht ganz verschwunden ist. Sehen Sie das nicht genauso?»
«Ich bin ihr nie begegnet.»
«Dann bleiben Sie doch einfach noch ein bisschen», sagte Bliss.
Danny und Jeremy nahmen den Traktor, und Danny fiel auf, dass es mit dem Schnee noch viel schlimmer geworden war, seit er von zu Hause weggefahren war. Aber er
musste
einfach zurück, etwas anderes kam überhaupt nicht in Frage.
Danny Thomas gegen den schlimmsten Winter seit Jahren, Danny Thomas gegen
Gott.
Vor sich sah er oben in den Stanner Rocks die Lichter der Ermittler am Tatort im Naturschutzgebiet. Und er sah die Felsformationen, die an Köpfe erinnerten wie ein primitiver Miniatur-Mount-Rushmore, verschneit und voller Geheimnisse, und am liebsten hätte er das ganze Mysterium in die schwarze Unendlichkeit des Alls geschossen.
«Danny, ich weiß, wie es für dich aussehen muss, und deswegen ...»
«Warum hast du nie einen Ton gesagt?» Danny bog mit dem Traktor auf die tiefverschneite Umgehungsstraße ein. «Ich
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