Die Nacht Der Jaegerin
Scheiße.
Eine fleischige Hand umfasste sein Kinn und knallte ihm den Kopf an die Wand, sodass es knackte und ein wilder, weißer Schmerz durch Lols Schädel fuhr. Dann wurde er von der Wand weggerissen, auf den Boden geschleudert, in den Brustkorb getreten, in den Bauch. Lol japste vor Schmerz, krümmte sich zusammen, rollte zuckend herum und richtete sich schließlich an einem Tischbein wieder halb auf. Wie schnell man fertiggemacht werden konnte.
«Das Beste ist», Dexter trat ihn erneut zu Boden, «wenn du einfach liegen bleibst und davon träumst, deine Pfarrerin zu bumsen oder was. Ich werd nämlich nicht aufhören, kapiert? Ich hab keine andere Wahl, und das weißt du auch, und Zeit hab ich auch keine, wo ich doch Alice noch zu ihrem Grab zurückbringen muss. Also bleibst du einfach ganz friedlich da liegen, verdammt. Und du erträgst es ohne einen Mucks, bis es vorbei ist. Sind wir uns einig, Mister Lol?»
«Uhhh.»
Ein Stiefel schrammte über Lols Gesicht. Er lag ganz still – Schmerz, Angst, Erniedrigung und Hoffnungslosigkeit ballten sich um ihn zusammen. Er hörte Alices rasselnden Atem. Dann ein Sirren in der Luft – Dexters Stiefel. Der Tritt sollte ihn am Kopf treffen, doch Dexter verfehlte ihn. Lol versuchte sich vom Boden aufzurappeln, spürte, wie der Fuß zurückgezogen wurde, um zu einem erneuten heftigen Tritt auszuholen, presste sich so eng wie möglich an die Fliesen, spürte den kühlen Stein an der Wange.
Ein heftiges Atemholen, dann ein Knirschen oberhalb von Lols Ohr und Dexters Grunzen. Er hatte anscheinend gegen ein Tischbein getreten. Lol hörte ihn ein paar Schritte zurückgehen, und da rollte er sich auf die Seite, kam unsicher auf die Füße und schwankte unter den Schmerzen, die durch seinen gesamten Körper rasten. Dann wurde die Angst stärker als der Schmerz. Er versuchte, die Situation zu durchdenken. Vermutlich würde Dexter damit rechnen, dass er in die Eingangshalle ginge, um die Haustür zu erreichen.
Also musste er andersherum gehen. Er drückte sich mit dem Rücken an die Wand. Auf der anderen Seite der Küche knallte die Tür zur Eingangshalle zu. Dexter wollte ihm den Weg zur Haustür abschneiden.
Stille. Bis auf Alice und den Aga-Herd. Doch Lol hatte das Gefühl, dass Dexter lautlos durch den Raum schlich, mit ausgestreckten Händen, um ihn zu packen. Lol überlegte, ob er es ins Spülküchenbüro schaffen konnte. Dort könnte er durchs Fenster steigen, in die frische, kalte Luft und die Schneeflocken, die einem auf dem Gesicht schmolzen.
Dexter stolperte und zischte ärgerlich vor sich hin. Lols Finger ertasteten die Tür zur Spülküche.
Zu.
O nein!
Bei dem Geräusch, das er machen würde, wenn er die Klinke herunterdrückte, hätte sich Dexter schneller auf ihn gestürzt, als er entkommen konnte, und dann würde es ganz schnell gehen, denn er konnte ja kaum mehr aufrecht stehen.
«Du kommst hier nicht mehr raus, Kumpel.» Als hätte Dexter seine Gedanken gelesen.
Ganz langsam schob sich Lol an der Wand entlang zu der zweiten Tür, die zu einem Gang Richtung Hintertreppe und Hintertür führte. Die Hintertür war immer abgeschlossen. Wo bewahrten sie den Schlüssel auf? Lol konnte sich nicht erinnern.
Die zweite Tür war nur angelehnt, aber Lol wusste, dass sie eigentlich immer knarrte. Er konnte die Küche verlassen, aber das Knarren der Tür würde Dexter verraten, wo er war. Wenn er es in den ersten Stock schaffte, in Merrilys Schlafzimmer mit dem Telefon ... wenn Dexter doch nur selbst ein bisschen Lärm machen würde ...
«Wenn ich dich kriege ... dann wird’s richtig wehtun, das garantiere ich dir.»
Es reichte.
Ganz langsam schob Lol die Tür zur Hintertreppe auf. Er selbst hörte dabei kaum ein Geräusch. Als er in dem Gang war, ging er sofort auf die Treppe zu. Es hatte keinen Zweck, es an der Hintertür zu probieren. Er stolperte über die erste Treppenstufe, landete auf allen vieren, und auf allen vieren kroch er die nächsten Stufen hinauf.
Oben angekommen, krümmte er sich auf dem Boden zusammen und ... atmete, weiter nichts.
Als er aufzustehen versuchte, wäre er beinahe in Ohnmacht gefallen vor lauter Schmerzen. Er kroch zur Treppe zurück.
«Komm schon, Kumpel.»
Verdammt.
Lol sagte erschöpft: «Du bist am Arsch, weißt du das? Sie werden an ihr überall deine DNA finden.»
«Aber noch mehr von deiner, Kumpel. Und du wirst verschwunden sein. Du wirst abgehauen sein. Sie werden dich nicht finden.»
Lol schaute die steile
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