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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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erlebt und gesehen hatte, vergessen
sein würde, wenn man nur in diese wundervollen rosafarbenen Augen sah, die
vertrauensvoll zu einem aufblickten.
    Sie in den Armen zu halten, war immer ein Trost für ihn
gewesen, wenn er von der Jagd heimgekommen war. Er machte Orsen zu ihrem Paten
und legte ihr die Welt zu Füßen. Zwölf Jahre lang war sein Leben besser als
jemals zuvor. Zwölf Jahre lang war er glücklich und Wendy liebte ihn so
abgöttisch, dass sie jedes Mal, wenn er sie verließ, um mit den anderen
Kriegern in die Schlacht zu ziehen, herzzerreißend um ihn weinte und ihn
beschwor, ja gesund zu ihr zurückzukommen.
    Und dann kam er eines Tages wie an vielen anderen zuvor, heim
und fand sie vollkommen verändert vor. Sie steckte mittendrin in dem, was man
heute Pubertät nannte. Sie verbrannte ihre Puppen, wollte so gern und unbedingt
erwachsen sein und hatte für ihren liebenden Vater nichts als Verachtung übrig.
Er war nie zuhause gewesen, wenn man ihn gebraucht hatte und nun wurde er
tatsächlich nicht mehr gebraucht.
Irina unterstützte sie. Schließlich war Nathan ihr nie ein guter Ehemann
gewesen. Er verdiente es, mit Nichtachtung und kindlichem Hass bestraft zu
werden. Allerdings ging die Sache weit über das erträgliche Normalmaß hinaus.
Es dauerte insgesamt weitere zwölf lange Jahre und endete an dem Tag von Wendys
Rettung.
Ohne sentimentale Ausschmückung schilderte Nathan Cat, was sich damals kurz vor
Wendys fünfundzwanzigstem Geburtstag, dem Tag ihres Erwachsenwerdens zugetragen
hatte und wie die Narben ohne Aussicht auf Heilung in ihrem makellosen Gesicht
zurückblieben.
    „Ich war rasend vor Wut. Ich hatte die Wahl. Entweder meine
Tochter, die ich trotz des Zwist und ihrer Verachtung, die mir seit Jahren
entgegenschlug und die ich mit eigener Ungeduld und Arroganz nährte,
abgrundtief liebte oder dieser Hurensohn Winston. Ich wählte wieder einmal
selbstsüchtig meine Rache und heute wünsche ich mir, ich hätte mich nicht
meinem Zorn hingegeben und auf den folgenden Prozess gewartet. Dann hätte ich
wenigstens etwas gut gemacht. Ash hat Wendy gerettet. Er gab ihr sozusagen die
Bluttaufe, die sie dringend benötigte, damit sie am Leben blieb. Fünfundzwanzig
ist die Stufe, in der die Kinder der Immaculates endlich in den Status eines
Erwachsenen übergehen. Bis dahin trinken sie hin und wieder das Blut der
Mutter, um gesund zu bleiben. Damals gab es kein Plasma, das wir ihr hätten
geben können und wer weiß, ob mein Blut ausreichend gewesen wäre. Ich bin
schließlich mit ihr verwandt. In ihrem geschwächten Zustand hätte ihr Körper es
vielleicht nicht angenommen. Orsen durfte nicht, da Jackie zu diesem Zeitpunkt
ein Kind erwartete und ich dir ja bereits sagte, wie wichtig das Blut des
Partners in diesem Fall ist. Ash war der erste, der Wendy erreichte, nachdem
ich mit Winston aus dem Fenster stürzte und ihn zu Brei stampfte. Wendy weiß es
bis heute nicht. Sie denkt, ich wäre es gewesen. Irina wollte damals mit ihr
zurück nach Russland. Ihr jüngerer Bruder Grigori Jefimowitsch, in den Geschichtsbüchern
besser bekannt als Rasputin, hatte damals gerade erst Geschmack daran gefunden
als Wunderheiler aufzutreten und wurde berühmt. Er war bereit, Irina und Wendy
bei sich aufzunehmen und somit konnte sie sich endlich von mir trennen, da ihr
Bruder für sie aufkommen und das Kind eventuell sogar einen russischen Adligen
heiraten könnte, sofern sich ein Immaculate oder ein Breed darunter befand. Von
uns gab es auch damals viele. Wendy hätte in jedem Fall eine gute Partie
gemacht. Diesbezüglich hatte ich noch keine konkreten Pläne mit ihr. Sie war in
meinen Augen durch Irinas und meinem fehlenden Einfluss nicht reif genug für
eine ewige Bindung. Dann kam die Entführung und danach hat sich zumindest für
mich jedes Denken in diese Richtung erledigt.“
    Er sparte sich nicht, Cat von dem Schwur zu berichten, den er
seinen Brüdern abgeknöpft hatte. Niemand durfte Wendy die Wahrheit sagen und
nicht im Traum wäre er auf die Idee gekommen, Ash seine Hilfsbereitschaft damit
zu danken, dass er seine Tochter ehelichen dürfte. Das ließ ihn viel zu sehr an
die eigene Zwangsverbindung denken. Wendy hatte sich nach ihrer äußerlichen
Genesung so sehr verändert, dass es in ihren Augen zu sehen war. Das Rosa war
einem milchigen Bunt gewichen. Thersites sagte im Scherz, es käme daher, dass
das Mädchen nun im Gegensatz zu vorher zu viel grübelte. Was zweifellos
stimmte, allerdings hatte

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