Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
Vom Netzwerk:
dieses verlieren, wie alle anderen zuvor. Seine
Bestimmung lag auf dem Schlachtfeld und nicht in der Kindererziehung.
    „Und sie roch so gut. So lebendig. Ich war auf der Stelle in
sie verliebt. Zu ihr fühlte ich diese Art von Verbundenheit, die ich mit ihrer
Mutter niemals gehabt habe. Dabei vergaß ich vollkommen, dass ich dieses Glück
beinahe nie hätte erleben dürfen. Irina verlor bei der Geburt sehr viel Blut.
Da ich nicht da war, um ihr meins zu geben, obwohl Frauen in der Gravida ...
entschuldige, du nennst es Schwangerschaft, mehr denn je darauf angewiesen
sind. Auch während der zwölf zurückliegenden Monate ließ ich sie nur dann an
mich ran, wenn es absolut nötig war. Ich wollte dieses Kind nicht. Ich wollte
nicht mehr auf Irina aufpassen als nötig und dafür wurde ich beinahe schwer
bestraft. Das Kind steckte stundenlang in ihrem Becken fest. Ein Kaiserschnitt
war aufgrund der Lage nicht mehr möglich und wie es letztendlich geboren wurde,
war es dem Tod genauso nah wie die Mutter. Nichts konnte helfen und vielleicht
wäre es, wenn man damals die Zukunft gekannt hätte, besser gewesen, wenn sie
beide im Kindbett gestorben wären.“
Die Augen des großen, unbezwingbaren Kriegers schimmerten verdächtig
tränenfeucht, doch er blinzelte das Gefühl von Trauer gepaart mit Schuld fort,
um zu Ende zu erzählen.
    „Die Tri’Ora kamen zu ihr. Du hast auf der Party heute Abend
sicher schon ein paar Gerüchte über sie gehört. Nur die wenigsten davon sind
wahr. Fakt ist allerdings, dass einige von ihnen sehr stark sind und so
mächtiges Blut in sich tragen, dass sie fähig sind, das Leben eines Immaculates
zu retten, ihn von der Schwelle des Todes zurückzuholen. Mutter schickte nach
ihnen, nachdem ihr Blut bei Irina keinerlei Wirkung zeigte und sie Angst bekam,
Schwiegertochter und Enkelin zu verlieren, während ihr Sohn außer Haus weilte.
Der Bote brauchte fast zu lang.“
    Nathan machte noch eine Pause. Cat hatte hoffentlich nicht
gedacht, dass die Tri’Ora mittels Kristallkugeln in die Welt sahen, um
herauszufinden wo sie gebraucht wurden. Nein, man schickte nach ihnen auf dem
schnellsten Weg, den man zur Verfügung hatte und hoffte, dass sie rechtzeitig
kamen. Wären sie hellsichtig, dann wären sie längst zur Stelle gewesen, als
Winston sich Wendys Seele und Leib bemächtigt hatte und hätten ihn wohl selbst
ohne zu Zögern hingerichtet, um das Mädchen zu retten.
    „Da es sich um das Kind und die Frau eines Kriegers handelte,
kam die Anführerin persönlich. Das Baby hatte zu diesem Zeitpunkt bisher nicht
ein einziges Mal geschrien und Irina war schon jenseits von Gut und Böse. Man
glaubte nicht, überhaupt noch etwas für sie tun zu können. In der Tat sah
selbst Tiponi schwarz für meine Familie. Sie nahm meiner Mutter das Kind ab,
flüsterte behutsam auf es ein, biss sich in den kleinen Finger und schob diesen
dem Baby in den Mund. Wenn es nicht saugen und das Blut trinken würde, würde es
sterben. Laut Mutter hat es einige qualvolle ungewisse Sekunden gedauert, bis
das Wunder geschah. Die Freude war unermesslich. Für die Tri’Ora gibt es nichts
Schlimmeres, als Kinder todgeweiht zu sehen. Irina trank ebenfalls und erholte
sich rasch, während das Baby auf den Armen seiner Großmutter mit neuerwachten
Lebensgeistern strampelte und schrie. Normalerweise bekommt es das erste Blut
neben der Milch immer von der Mutter oder Vater, um sich von Anfang an an den
Geschmack zu gewöhnen und die Zusammengehörigkeit mit einem ersten Bund zu den
Eltern zu besiegeln. In diesem Fall unmöglich, da ich nicht da war und Irina
selbst zu schwach und krank. Das Baby war also nun etwas ganz Besonderes, da es
sozusagen durch die Rettung der Tri’Ora gesegnet und für immer mit ihr
verbunden war. Tiponi selbst gab ihr den Namen Awendela. Das bedeutet Der
Morgen in der Sprache ihrer Herkunft. Es sollte das Kind immer an seine
Rettung erinnern.“
    Zur Wahl hatten sonst nur russische Namen gestanden, die
Irina in ihrem Tagebuch notierte und Nathan hin und wieder an den Kopf geworfen
hatte. Er hatte sich selbst nie um dergleichen gekümmert. Ihm war egal gewesen,
wie dieses Kind, das er nicht gewollt hatte, heißen sollte. Ob nun Alexandra
oder Katherina. Igor oder Jefim. In seinen Ohren klang alles gleich und
eindeutig furchtbar.
Awendela dagegen klang wie ein verheißungsvolles Flüstern. Wiegendes
Gras im Wind. Nach Sehnsucht, nach Ferne, nach Abenteuerlust und dem
Versprechen, dass alles Schlechte, das man

Weitere Kostenlose Bücher