Die Nacht der Uebergaenge
fantastisch!
Aubrey war ihr mit wenigen Schritten so nahe gekommen, dass er
sekundenlang eine Spur ihres Dufts in der Nase hatte. Eigentlich hatte er sie
nun aufhalten wollen, doch daran war gerade nicht zu denken. Nico war zu
betörend. Sie hatte versucht, es abzuspülen. Sogar Seife benutzt, die das
scharfe, ein bisschen staubig anmutende Aroma ein klein wenig aber eben nicht
ganz überdeckte. Und noch etwas anderes war darin auszumachen. Etwas Süßes,
Klebriges, das er nicht sofort einordnen konnte. Blake atmete noch einmal tief
ein und schloss die Augen, um sich zu konzentrieren. Es kam ihm so verdammt
bekannt vor, aber es war nicht diese metallische Schwere von Blut. Dazu fehlte
die entscheidende Komponente von Eisen.
Um besser nachdenken zu können und nicht von ihren Gedanken daran
gehindert zu werden, blieb er einen Moment stehen. Nico legte derweil an Tempo
zu, verpasste keine Abzweigungen in den Gängen mehr und machte auch nicht mehr
so schnell kehrt. Sie wollte nicht riskieren, doch noch erwischt zu werden und
schien sich ab einer bestimmten Stelle besser orientieren zu können als Damons
Vater in ihrem Kopf. Aubrey brach den einseitigen, mentalen Kontakt, hielt sich
am letzten Rest ihres Dufts fest und als er endlich von einer Erkenntnis
getroffen die kornblumenblauen Augen aufriss, war es fast schon zu spät.
„Damon, du Bastard! Wenn ich dich in die Finger kriege, dann kann auch
das Orakel nichts mehr für dich tun!“
Aubrey stieß ein wütendes Knurren aus und rannte, so schnell er konnte, den
Gang entlang. Erneut musste er tief einatmen, um die Fährte der Sophora, die
ganz sicher etwas Dummes tun würde, allerdings wohl kaum, um seinem Sohn zu
schaden, aufzunehmen. Diesmal hatte er Schwierigkeiten, Nico zu orten, denn er
kam dem verschlossenen Altarsaal immer näher und somit auch der Vorhalle, in
der am Abend die anderen Immaculates gestanden, miteinander geflirtet und in
verborgenen Ecken auch mehr getan hatten, so dass die Luft hier verpestet war
mit den verschiedensten Abstufungen von Paarungsgerüchen. Im Vergleich zu Nicos
unvergleichlichem Odeur eine Beleidigung seiner feinen Nase.
Da ist es wieder!
Blake wirbelte auf dem Absatz herum und sah sich direkt mit der Tür konfrontiert,
hinter der Nico heute durch das magische Feuer gegangen war. Sie war da drin.
Im Altarsaal. Ohne zu zögern, stürmte er darauf zu, fand aber keinen Einlass.
Der Zutritt war ihm verwehrt und er versuchte es um so verbissener
hineinzukommen, denn es hieß, wenn sich die Türen zu diesem Saal nicht öffnen
ließen, dann ging dahinter etwas Magisches vor sich. Etwas Magisches, das nicht
unbedingt gut sein musste. Vor Hexerei hatte der Lord keine Angst. Dafür war er
zu lange mit einer als Hexe verschrienen Frau verheiratet und kannte ein paar
ihrer Freundinnen besser, als ihm lieb war. Seine aufsteigende Panik richtete
sich mehr auf die Sophora. Vielleicht hatte der Fehler, den sie machte oder
machen würde, nichts mit Damon zu tun.
Aubrey schlug mit beiden Fäusten gegen das schwere, reich verzierte Holz
der Türblätter. Seine Schläge vermochten mitunter die stärksten Gegner
niederzustrecken, doch gegen die Magie, die das Schmuckstück in den Angeln
hielt und niemals freigeben würde, waren sie so kraftlos wie die eines kleinen
Kindes.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie endlich nachgab und sich lautlos für
ihn öffnete. Im Raum dahinter war alles dunkel. Aubrey brauchte nicht lang, um
sich daran zu gewöhnen. Alles schien vollkommen normal. Vielleicht hatte er
sich auch nur eingebildet, hier würde etwas Schlimmes vor sich gehen, was mit
Bestrafung zu tun haben könnte. Die Sophora könnte auch einfach nur einen Raum
gesucht haben, in dem sie sich von allen zurückziehen und zur Ruhe kommen
konnte. In dem sie weinen konnte und irgendwann Trost fand.
Auf dem Boden lag ihr Mantel. Von Nico war nichts zu sehen. Wo war sie?
Warum hörte er sie nicht schluchzen? Aubrey trat weiter in den Saal hinein. Und
dann roch er es wieder. Ihren Duft, der ihm fast die Tränen in die Augen trieb,
weil diesmal nicht nur das Pflaumenaroma darin war, sondern das zuvor vermisste
Ferrum.
Sie lag ohnmächtig ausgestreckt hinter dem Altar. Sie blutete. Gott sei
Dank weniger schlimm, als er befürchtet hatte. Die Wunden an ihren Handflächen
hatten groteske Spuren auf dem weißen Seidenstoff ihres Shortys hinterlassen
und das Blut aus dem Kratzer ihrer Wange war schon dabei, zu gerinnen. Das
Messer, das er in ihrem
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