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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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leise hinter sich zu, um die zu dem großen Saal zu
öffnen, in dem man alle feierlichen Rituale der Immaculate abhielt. Die
Atmosphäre war schier überwältigend, als würden die Wände leise summen und alle
Haare auf ihrem Körper stellten sich zu Berge. Es war richtig, es hier zu tun,
wo sie schon gestern am Abend ihre Hoffnungen begraben hatte, nachdem ihr klar
geworden war, dass sie in einen Warrior verliebt war.
    Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, ging Nico mit
vorsichtigen Schritten auf den Altar zu, auf dem zwei antike Kerzenständer
standen. Die Kerzen darin waren dicker als ihr Unterschenkel und sie zögerte
nicht, sie mit den Worten zu entzünden, die sie gestern auch gesprochen hatte.
Bald flackerten die Flammen auf und warfen tanzende Schatten auf die mit
Seidenteppichen dekorierten Wände, auf denen Szenen aus der Geschichte der
Immaculate eingestickt waren. Kleine Meisterwerke, doch Nico hatte keinen Blick
dafür. Sie streifte den Mantel ab und ließ ihn achtlos zu Boden gleiten, weil
die langen Ärmel sie nur behindern würden. Er konnte sie sowieso nicht vor der
Kälte schützen, die sie in ihrem Inneren empfand. Büßer hatten sowieso kein
Recht auf Bequemlichkeit.
    Mit heftig schlagendem Herzen zog sie das Messer aus der Scheide und
schnitt sich damit entschlossen quer über die Handfläche. Sofort quoll ihr Blut
hervor und tropfte auf den kalten Stein unter ihr. Nico sah nicht genau hin,
weshalb ihr nicht auffiel, dass die Tropfen in den Stein einsanken, als wäre er
porös, sie versickerten regelrecht und verschwanden dann völlig. Sie wechselte
die Hand und schnitt sich auch die andere Handfläche auf, ohne auch nur über
dem Schmerz mit der Wimper zu zucken, dann faltete sie die Hände vor der Brust
und sprach ein konzentriertes Gebet, in dem sie Abbitte für ihre Sünden
leistete.
    ...Ich bereue zutiefst… Ich war schwach und
nehme jede Bestrafung an, die die Götter mir auferlegen möchten… Ich möchte es
wieder gut machen! Ich möchte es wieder gut machen…
    Um die Aufrichtigkeit ihrer Gedanken zu unterstreichen, nahm sie das
Messer vom Altar auf, um mit der anderen Hand einzelne Haarsträhnen zu packen
und sie nur wenige Zentimeter über der Kopfhaut mit heftigen Bewegungen
abzusäbeln, während ihr kleine gepeinigte Laute über die Lippen kamen, weil er
Anblick sie mehr schmerzte als ihre blutenden Hände.
Strähne für Strähne, bis ein kleiner Haufen ihrer Locken auf dem Altar
verstreut worden war. Ihre Hände waren inzwischen blutverschmiert, doch Nico
ließ sich nicht beirren. Sie musste ein Opfer bringen, dessen Verlust ihr wirklich
wehtun würde. Vielleicht würde sie das nun endgültig von ihren völlig
unangebrachten Gefühlen kurieren.
    Er würde sie bestimmt nie wieder ansehen …
Und wenn doch, nur mit Verachtung in seinem Blick.
    Mit geschlossenen Augen ließ sie ihren Dolch im Futteral auf den Boden
fallen und legte beide Hände flach auf der Platte des Altars ab. Es dauerte
Sekunden, bis sie mit einem kleinen Aufschrei die Augen weit aufriss und sich
von der Unterlage löse wollte, doch es ging nicht. Es war, als klebte sie fest.
Nein, das Blut wurde so stark aus ihren Händen gesaugt, dass sie dem Sog nichts
entgegen zu setzen hatte.
    Ihr Kopf fiel in den Nacken und ein lautloser Schrei entrang sich ihrer
Kehle, dann wurde erst alles Schwarz um sie herum, bis sie schließlich in
gleißendes Licht blickte.
Ihr Atem kam immer abgehackter, während in ihren Augen ein Ausdruck des
steigenden Entsetzens zu lesen stand, bis sie beinahe in ein verzücktes Lächeln
ausbrach, obwohl ihre Arme vor Anstrengung, sich auf den Beinen zu halten,
zitterten. Sie war in einer Vision gefangen, aus der es kein Entrinnen für sie
gab, weil der Altar ihre Kräfte nur potenzierte.
    …Ich kann dich sehen… Wer bist du?...
    Nicos Mund entrang sich ein erleichtertes Seufzen, als sie der Altar
endlich freigab und sie nicht mehr in einer regelrechten Symbiose damit zu
stehen schien. Ihre Augen verdrehten sich, ihre Knie gaben unter ihr nach und
sie fiel mit dem abgewandten Gesicht auf die Fläche des Altars und glitt dann
langsam daran herunter, wobei sie sich die Wange aufschrammte, doch dieser
kleine Schmerz ging in dem anderen unter, der innerlich tobte und dann wurde
alles dunkel, weil sie das Bewusstsein verlor.
    Die Flammen der Kerzen flackerten, als hätte sie ein heftiger Lufthauch
erfasst, sie beschienen kurz die traurigen Überreste von Nicos Opfergabe,

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