Die Nacht der Uebergaenge
Scham erfüllte, weil
sie schwach geworden war. In den Armen eines Mannes, der nicht das geringste
Interesse an ihrer Person haben konnte.
Edward Sterling hatte sie ausgelacht, weil sie Gefühle für Damon hatte, die
tiefer gingen, als sie sich selbst eingestehen mochte. Sie war ja so dumm und
naiv. Es geschah ihr ganz recht, dass sie es nun am eigenen Leib erfahren
hatte, weil sie es sonst nicht geglaubt hätte. Tief in ihrem Herzen zweifelte
sie immer noch, dass ein Mann wie Damon dazu fähig sein konnte, sie dermaßen zu
belügen.
Und warum hat er mir nicht gesagt, dass er ein
Krieger ist, und mit nur hilft, weil es seine Pflicht ist? Sie hatte gedacht, er würde sie mögen…
Machte es ihm Spaß, mit den Gefühlen seiner Mitmenschen zu spielen? Wollte er
sich nur austoben, bis er sich verheiratete? War es nicht das, was Männer
taten? Sie hatte es ihm schließlich nicht besonders schwer gemacht mit ihrer
blinden Heldenverehrung, die beinahe abstoßend gutgläubig gewesen war.
Wahrscheinlich lachte er genauso über sie, wie es Edward und dessen Schwester
getan hatten.
Nico sank vor ihrem Bett auf die Knie und vergrub das glühende Gesicht
in den kühlen Laken, die von einem guten Geist aufgeschlagen worden waren. Sie
konnte nicht zu Bett gehen, sie verdiente keine Ruhe. Sie musste Buße für ihr
Fehlverhalten tun. Sie war eine Santera und nun auch zur Sophora berufen worden,
die nun eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte, wie wenig weise sie in
Wirklichkeit war. Wenn das herauskam, dann machte sie Catalina Schande und das
war das Letzte, was sie wollte. Sie und Nathan würden wahnsinnig enttäuscht von
ihr sein und Cat würde sich wünschen, sie hätte nicht so viel Vertrauen in sie
gesetzt.
Nico ging immer wieder die bunten Perlen der Kette durch, die sie sich
um das Handgelenk gewickelt hatte, doch keines der Gebete, die sie mit leiser
Stimme murmelte, verschaffte ihrer Seele Erleichterung. Stunden vergingen und
sie fühlte sich immer schlechter. Vor allen Dingen weil sie sich nach Damon
verzehrte, sie wollte seine tröstende Umarmung spüren und seine Nähe. Ihr
blutendes Herz klammerte sich an Hoffnungen, die niemals wahr werden würden. Es
hatte nichts zu bedeuten, dass er ihre Wunden am Hals verschlossen hatte, das
hatte er nur aus eigennützigen Motiven gemacht. Es sollte niemand Fragen
stellen, was auch gut war. Sie konnte ihm nicht mal ein bisschen Schuld
zuweisen, sie war ganz allein dafür verantwortlich, was geschehen war.
Es ist einfach nicht genug, die Götter sind
zornig und müssen besänftigt werden.
Nico erhob sich mit zitternden Beinen vom Boden und sah sich mit vor
Müdigkeit tränenden Augen im dunklen Zimmer um. In dem Spiegel über der
Frisierkommode sah sie aus wie eine Geistererscheinung. So blass und leblos,
was durch das weiße Shorty, das sie trug nur noch unterstrichen wurde. Sie nahm
den bunten Seidenkimono vom Bett und zog ihn über. Sie hatte ihn auf einem Markt
in China Town erstanden, als sie erst kurz in der Stadt gewohnt hatte. Blass
Gelb mit bunten Schmetterlingen bedruckt. Sie entlockten ihr sonst immer ein
Lächeln, doch das würden sie wohl nie wieder tun…
Nicos Miene wurde wild entschlossen und sie kramte ihre bunte Stofftasche aus
dem Schrank, um ihren rituellen Dolch heraus zu suchen. Er steckte in dem mit
Türkisen besetzten Futteral, das ihr ihr Vater zur bestandenen Prüfung zur
Santera geschenkt hatte. Nico zuckte schuldbewusst zusammen, weil er bestimmt
auch sehr enttäuscht von ihr sein würde, wenn sie ihm eingestand, was sie getan
hatte. Sie war eine Schande für ihren Stand.
Nico schlüpfte aus ihrem Zimmer in den dunklen Gang. Alle Fenster waren
mit lichtundurchdringlichen Jalousien geschützt, damit die Lost Souls sich im
Haus gefahrlos bewegen konnten, auch nachdem die Sonne aufgegangen war. Der
Mond würde bald untergehen und sie musste sich beeilen, wenn sie ihren Plan in
die Tat umsetzen wollte.
Das Futteral fest an ihre Brust gepresst, huschte Nico durch die Gänge
und versteckte sich mehrmals vor einigen Hausangestellten, weil sie nicht
wollte, dass jemand von ihrem Tun erfuhr. Das war eine ganz persönliche Sache,
wenn sie sich für ein Vergehen bestrafen wollte. Sie wollte den Schwur erneut
ablegen und ihre Hingabe an den Glauben und an ihre neue Aufgabe beweisen.
Nachdem sie ein paar Mal falsch abgebogen war, erreichte sie endlich den
Raum, in dem sich die Krieger gestern nach dem Ritual versammelt hatten. Nico
schluckte und zog die Tür
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