Die Nacht der Uebergaenge
jedoch einen Schlussstrich gezogen, als er so weit gehen wollte, ein
Kleid für sie auszusuchen. Bei Bekky mochte das ja angehen, da er sich da auf
eine mädchenhafte Variante eingestellt hatte und sie selbst der Meinung war,
dass Schwarz ihrer Schwester auf keinen Fall stehen würde.
Probatio?
Romy verstand nicht, worum es auf einmal ging und dann überschlugen sich die
Ereignisse. Catalina war so unerschrocken! Sich einfach vor einem der Krieger
aufzubauen und das in diesem knappen Fummel, in dem sich Romy kaum zu bewegen
traute, aus lauter Angst, sie würde zu viel Haut preisgeben. Es war etwas
anderes, wenn sie in Clubs getanzt hatte, das war ihr Job, sie hatte eine Rolle
gespielt, aber hier ging es um ihr Leben und ihre Gesundheit. Sie wäre sich
selbst in einen dicken Pelzmantel gehüllt nackt vorgekommen.
Romy konnte nicht anders, als erschrocken aufzuschreien, als
sich die junge Frau, die ihr bisher als völlig normal und nett vorgekommen war,
vor aller Augen in eine Bestie verwandelte, die ihren Vater ansprang. Sie
taumelte rückwärts und stolperte über den bodenlangen Stoff, so dass sie gegen
den Altar hinter sich stieß und einen Sturz nur verhinderte, weil sie sich mit
beiden Händen auf dem kühlen Stein abstützte.
Sie war vollkommen geschockt und wehrte sich nicht, als Ron Harper sie zur
Seite zog und einen Arm schützend um ihre Schultern legte. Er war schnell genug
gewesen, dass keine Bilder auf sie einstürmten. Sie wollte keine weiteren
Rituale der Immaculate sehen müssen, die sich auf diesem Altar wohl abgespielt
haben mochten.
Die Löwin bleckte ihre scharfen Reißzähne und Romy vergrub das Gesicht an der
Schulter des Kriegers, weil sie nicht sehen wollte, wie jemand getötet wurde.
Warum hielt sie niemand auf?
Sie konnte ihre Angst nicht länger unterdrücken, sie zitterte am ganzen Leib
und fürchtete sich davor, was sie erwarten würde, wenn sie eines Tages diese
Verwandlung angehen würde. Sie wollte sich nicht in ein Tier verwandeln. Das
war schrecklich! Dieses Brüllen!
Als sie Nicos leise Stimme hörte, hob Romy den Kopf und hätte
beinahe wieder aufgeschrien, doch sie hielt sich im letzten Moment zurück, weil
sie die Löwin nicht unnötig provozieren wollte, die nun auf einen der Krieger
zuging, dessen Namen sie vergessen hatte.
Es war einfach unglaublich! Die Rückverwandlung passierte vor ihren Augen und
doch konnte sie kaum glauben, dass sie Zeuge davon geworden war. Catalinas
Worte ließen sie zusammen zucken und sie löste sich von Ron, weil ihr seine
Nähe auf einmal zu viel wurde, obwohl sie eine Schulter zum Anlehnen gut
brauchen konnte.
Das alles wurde beinahe zu viel, aber sie durfte sich keine Blöße geben, nicht
vor diesen Männern und dem Orakel. Was auch immer sie an Rys Harper anzog, sie
durfte dem nicht nachgeben. Allein der Gedanken ließ ihren Magen zu einer
leeren Höhle werden, die sich anfühlte, als könnte man sie niemals füllen. Sie
musste sich jeden Tag aufs Neue zum Essen zwingen, damit niemand merkte, wie
schlecht es ihr ging. Sie konnte Bekky nicht noch weitere Gründe liefern, den
Immaculate zu zürnen. Die Einstellung ihrer Schwester machte es beinahe
unerträglich für Romy, aber sie konnte es verstehen. Könnte sie sie nur nach
Hause zu ihren Eltern schicken...
Romy zog die Brauen irritiert zusammen, weil der Anblick von
Catalina auf dem Boden vor dem Mann, den sie augenscheinlich liebte, ihr einen
heißen Stich versetzte. Sie war nicht eifersüchtig, es ging einfach darum, dass
die andere zu wissen schien, was sie wollte. Diese drückende Ungewissheit
lastete wie ein riesiger Fels auf ihren Schultern und drückte sie jeden Tag ein
wenig mehr herunter.
Ein süßer Geruch stieg ihr in die Nase, der ihre Sinne aufs Äußerste schärfte
und ihren Magen zusammen ziehen ließ. Sie atmete flach und schwankte leicht,
als sie das Blut auf Cats Handfläche erblickte. Reagierte sie etwa darauf? Das konnte
nicht sein.
Die Bilder, die eben in ihr aufstiegen, halfen ihr auch nicht weiter, sie
musste sie mit aller Macht unterdrücken und ballte die Hände an ihren Seiten zu
Fäusten. Wie unter Zwang stehend glitt ihr Blick zu Rys, dessen Augen einen
Moment rot aufleuchteten. Vermutlich die Antwort auf die Herausforderung, die
der andere Krieger gesprochen hatte.
Romy biss die Zähne zusammen und riss sich von seinem Anblick los, um nach dem
anderen Krieger zu sehen, der sich inzwischen erhoben hatte und mit steinerner
Miene auf seine Tochter
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