Die Nacht der Uebergaenge
Nathan hatte genug.
Wie ein Segel im Wind, flatterte der Stoff seines gefütterten Capes, das zur
Warrioruniform gehörte, die sie alle heute Abend zum Ritual trugen, auf, bevor
es sich sanft um Catalinas Schultern schmiegte, ihre Blöße bis weit über den
Fußboden hinaus bedeckte und ihr zusätzlichen Schutz vor den Blicken der
anderen bot, bevor Nathan sie in seine Arme zog. Er hielt sie fest an sich
gedrückt, starrte mit glühenden Augen auf Manasses und die anderen. Auch seine
Stimme klang fest und keinen Widerspruch duldend. Nie wieder würde er jemandem
die Möglichkeit geben, ihm wegzunehmen, was ihm allein gehörte.
„Ich, Jagannatha, Krieger des Hauses Draco, erbitte den Segen
des Orakels, den meines Anführers Theron, Krieger des Hauses Harpyja und die
Zustimmung der Devena Catalina, das Ritual der Vermählung mit ihr vollziehen zu
dürfen. Ich entsage dem Segen ihres Vaters, Manasses Faelis, und fordere den
Krieger Raziel aus dem Hause Vulpinus zum Duell, sofern er nicht bereit ist,
von seinen Forderungen gegenüber der Devena zurückzutreten. Morgen Abend, nach
Sonnenuntergang, wird Catalina meine Frau. Ob nun Stimmen dagegen sind oder
nicht, ist mir einerlei. Die Zustimmung meiner Brüder kann ich nur erhoffen.
Sollte noch ein einziger der hier Anwesenden wagen, das Wort gegen Catalina und
ihre Wünsche zu erheben, wird er mich kennen lernen.“
Sein glühender Blick traf auf den veilchenblauen, scheinbar
gelassenen Ausdruck in den Augen Manasses’. Der Krieger hatte keine Angst vor
ihm. Unter anderen Umständen hätte es auch keinen Grund dafür gegeben, doch
Nathan würde sich von nichts und niemandem aufhalten lassen.
„Sie ist meine Soulmate. Sie gehört mir.“
Sollten die drei Europäer versuchen, ihn anzugreifen, würden
sie sich gegen sechs weitere starke Krieger durchsetzen müssen, die ganz sicher
auf der Seite ihres Bruders standen, sei es auch nur ihres Schwurs wegen
zusammenzuhalten, bis der Tod sie schied.
Nathan war sich durchaus bewusst, mit seinen offenen Worten gegen jegliche
Regel verstoßen zu haben, aber er meinte es ernst. Todernst, um genau zu sein.
Um Raziel in einem Zweikampf zu besiegen, brauchte er nicht einmal Waffen. Doch
er würde fair kämpfen, wenn es das war, was der Krieger wollte, sollte er auch
nur halb so viel für Catalina empfinden, wie Nathan es bereits tat.
Nico wagte kaum zu atmen, sie rutschte einfach Stückchen für
Stückchen auf der Granittreppe zur Seite, um nicht mehr im Weg zu sein. Dabei
hob sie den Blick und fing Damons entsetzten Blick auf, der jedoch durch sie
hindurch zu gehen schien. Er sah sie nicht wirklich an. Nico wandte sich von
ihm ab und versuchte erneut, sich in die Höhe zu stemmen, da wurde sie einfach
vom Boden aufgehoben und sanft auf die Füße zurück gestellt.
Sie spürte sofort, dass es nicht Damon war, auch wenn sie sich das einen
schwachen Moment lang wünschte. Jemanden, der sie einfach umarmen würde, so wie
Damon das in der Gasse nach dem Angriff des Alburas getan hatte.
„Danke!“, hauchte sie mit schwacher Stimme, die sich belegt
anfühlte.
- Geht es? Soll ich Sie von hier wegbringen? Es könnte
gefährlich werden, Miss D’ Amores! Es war sehr leichtsinnig, sich Catalina in
dieser Form zu nähern! -
Ray Avery hielt ihre schmalen Schultern umfasst und Nico sah schuldbewusst zu
ihm auf, obwohl er nicht belehrend geklungen hatte.
„Ich weiß…“, gab sie zu und blinzelte dann die Tränen weg,
die ihr die Sicht auf seine besonderen Augen nahmen. Sie waren beinahe Gelb,
hatten aber dennoch einen warmen Schimmer, als wären es zwei kleine Sonnen.
Ihre Lieblingsfarbe.
Sie selbst hatte einfach braune Augen, was irgendwie schon immer eine
Enttäuschung gewesen war, nachdem Mélusina ihr erzählt hatte, dass alle Breeds
besondere Augen besaßen. Sie hatte es ja nun selbst gesehen. Romy, Catalina und
die kleine Schwester, die sie so misstrauisch angeblitzt hatte. Ihre Augen
sahen alle aus wie kostbare Edelsteine.
„Es tut mir leid, ich hätte besser nachdenken müssen!“
Rays Mundwinkel zuckte, doch er lächelte nicht, weil er das
Mädchen nicht weiter aufregen wollte. Beinahe erwartete er, dass sie sich
genauso selbst geißeln würde, wie Nathan das immer tat, wenn er sich für eine
Verfehlung bestrafen wollte. Kein Wunder, dass er die kleine Priesterin mochte.
Allerdings bedeutete sie auch jede Menge Probleme, er verstand gut, warum Damon
Abstand zu ihr hielt. Sich mit ihr einzulassen, würde in jedem
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