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Die Nacht der Wölfe

Die Nacht der Wölfe

Titel: Die Nacht der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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Leute hier untersuchen? Ich bin aus Fairbanks ja einiges gewöhnt, aber das hier … Hier kann ich nicht arbeiten.«
    »Natürlich können Sie das.« Clarissa holte einige Decken von ihrem gemeinsamen Bett und breitete sie auf der fleckigen Matratze aus. »Denken Sie an die Krankenschwestern im Krieg, die haben es noch schwerer. Oder wollen Sie sich von den Männern als hochnäsige Städterin beschimpfen lassen?«
    Noch bevor Clarissa ihr Gepäck vom Schlitten hereinholen konnte, erschien ein junger Mann mit belegten Broten und heißem Tee und stellte beides auf dem Tisch ab. Er war keine fünfzehn und errötete verlegen, als er den beiden Frauen gegenüberstand. »Ich soll … mein Onkel, der Bürgermeister, sagt … ich soll Sie zu Joe führen …« Er blickte Clarissa an. »Sind Sie der Doc?«
    »Ich bin Clarissa Carmack«, erwiderte sie, »das ist Schwester Betty-Sue … Sie wird sich um den Verletzten kümmern. Und wer sind Sie, junger Mann?«
    Der Junge merkte erst jetzt, wie unhöflich er sich benahm, und riss seine Schiebermütze vom Kopf. »Andy Shockley, Ma’am. Tut mir leid, ich …« Er wandte sich an Betty-Sue. »Kommen Sie bitte mit, Doc … äh … Schwester!«
    »Ich helfe Ihnen«, sagte Clarissa rasch, als sie den unsicheren Blick der Schwester bemerkte. Sie folgte dem Jungen und Betty-Sue nach draußen und schnappte sich die Arzttasche, als sie am Schlitten vorbeikamen. Leichter Wind wirbelte Schnee über die Hauptstraße und vertrieb einen zottigen Hund, der sich eilig in den Windschatten eines Hauses verzog und sich jaulend einrollte.
    Der Junge führte sie zur Hintertür des Saloons und durch einen schmalen Flur. Die Tür zum Hinterzimmer stand offen. Zwei junge Männer standen am Bett von Joe Blake, einem bärtigen alten Haudegen, der nur mit seiner roten Unterwäsche bekleidet war und hastig die Decke hochzog, als er Clarissa und Betty-Sue entdeckte. »Hey«, wehrte er sich, »was wollen denn die Weibsbilder hier? Ich brauch einen Doktor! Doc Boone soll kommen, aber ein bisschen plötzlich! Ich hab keine Lust, den Rest des Lebens mit einem Holzbein rumzulaufen, und so wird es garantiert kommen, wenn er nicht bald hier auftaucht.«
    »Doc Boone ist leider verhindert«, entschuldigte sich Betty-Sue, die beim Anblick des bärtigen Goldsuchers erschrocken zusammengezuckt war. »Ich bin Schwester Betty-Sue und werde mich um Ihr verletztes Bein kümmern.«
    »Sie?«, erschrak der Mann.
    »Betty-Sue kennt sich aus«, erwiderte Clarissa, die nur auf einen solchen Einwand gewartet hatte. »Sie war OP-Schwester in einem großen Krankenhaus in San Francisco und hat schon ganz andere Verletzungen verarztet. Also, schlagen Sie endlich die Decke zur Seite und lassen Sie Ihr Bein sehen?«
    »Und Sie? Sie wollen die ganze Zeit dabeistehen?«
    »Ich werde ihr helfen, Joe Blake. So schön sind Sie nun auch wieder nicht, dass Sie Angst vor uns haben müssten, also machen Sie endlich! Wir sind nur heute Abend hier, und Schwester Betty-Sue hat auch noch andere Patienten.«
    Clarissa wusste, wie man mit Typen seines Schlags umgehen musste, und wandte sich auch an die beiden jungen Männer, dem Aussehen nach die Söhne des Verletzten. »Und Sie schaffen am besten schon mal heißes Wasser ran! Wie ich Joe kenne, müssen wir sein Bein erst mal gründlich waschen. Oder wollen Sie, dass Ihr Vater eine Blutvergiftung bekommt? Nun machen Sie schon!«
    Die beiden Männer verschwanden, gefolgt von dem jungen Andy, und überließen es Clarissa und Betty-Sue, sich um den Verletzten zu kümmern. Joe Blake fluchte vor Verlegenheit, als er die Decke zurückschlug, und schloss rasch die Augen, als Betty-Sue sich an seinem gebrochenen Bein zu schaffen machte. »Seien Sie bloß vorsichtig!«, warnte er die junge Schwester.
    Betty-Sue schloss für einen kurzen Moment die Augen und schien ein anderer Mensch zu werden, als sie ihre Denkpause beendete. Keine ängstliche und etwas schüchterne junge Frau mehr, die sich vor den Gefahren der Wildnis fürchtete und am liebsten wieder nach San Francisco zurückgekehrt wäre, sondern eine erfahrene Krankenschwester, die schon wesentlich schlimmere Verletzungen gesehen hatte und genau wusste, was sie tat. Selbst ihr Gesichtsausdruck hatte sich verändert, er wirkte entschlossener und erwachsener.
    Nachdem die Söhne des Patienten das heiße Wasser gebracht hatten, wusch sie sich die Hände und bat Clarissa, ihr die Schere aus ihrer Arzttasche zu reichen. Mit geübten Bewegungen schnitt sie

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