Die Nacht der Wölfin
Anweisungen hatte ich nicht die Absicht, untätig herumzusitzen. Schließlich hatte er mir nicht ausdrücklich verboten, etwas zu unternehmen. Also begann ich zu planen.
Erster Schritt: Einen Verbündeten finden. Das war nicht weiter schwer. Okay, sehr viel Auswahl hatte ich nicht, aber selbst wenn ich sie gehabt hätte, wäre Nick immer noch der geeignetste Kandidat gewesen. Nicht nur, weil er Clays bester Freund war, sondern auch, weil er ebenfalls nicht in den Plan eingeweiht worden war und darüber genau so unglücklich war wie ich. Jeremy behauptete zwar, er brauche Nick als meinen Beschützer, aber selbst Nick war klug genug, um zu merken, dass Jeremy ihm nicht alles erzählte, aus Furcht, er würde es an mich weitergeben. Ich brachte Nick auf meine Seite, indem ich ihm sagte, ich wolle einfach nur Informationen sammeln, mit denen wir Jeremy unsere Nützlichkeit beweisen konnten. Nicht, dass das gelogen war. Ich hatte durchaus vor, jede Information, die ich fand, mit Jeremy zu teilen. Und wenn er sich dann immer noch weigerte, mich helfen zu lassen? Darüber machte ich mir vorläufig keine Gedanken. Ich konnte mein Arrangement mit Nick immer noch neu aushandeln. Zweiter Schritt: Die Vorgehensweise planen. Jeremy würde herauszufinden versuchen, wo die Mutts Clay festhielten. So viel konnte ich mir denken; dazu brauchte man kein Genie zu sein. Mit Daniel zu verhandeln würde als Vorwand dienen und Daniel etwas zu tun geben, während Jeremy herausfand, wo sie steckten. Nick bestätigte mir dies. Am Tag zuvor, bevor er vom Rest des Plans ausgeschlossen wurde, hatte Jeremy ihn und Antonio zur Big Bear Motor Lodge geschickt. Daniel war am Mittwoch ausgezogen, alle anderen schon am Montag. Meine Schlussfolgerung und höchstwahrscheinlich auch Jeremys Schlussfolgerung war, dass die Mutts ein anderes Versteck gefunden hatten und Clay nach ihrer Rückkehr aus Toronto dorthin gebracht hatten. Ich wollte Jeremys Plänen nicht in die Quere kommen – oder realistischer ausgedrückt, ich wollte mich nicht dabei erwischen lassen, dass ich ihnen in die Quere kam –, musste die Suche nach den Mutts also ihm überlassen und mir eine andere Methode überlegen, wie ich Clay finden konnte.
Dritter Schritt: Die Aufmerksamkeit von meinem Tun und Lassen ablenken. Bei jedem anderen hätte ich die Rolle des eingeschüchterten Untergebenen gespielt. In Jeremys Augen allerdings wäre das ein sicheres Anzeichen dafür gewesen, dass ich irgendetwas plante. Also nörgelte ich und beschwerte mich und machte ihm das Leben zur Hölle. Er erwartete schließlich nichts anderes von mir. Ich nutzte jede Chance, die sich mir bot, verlangte, schmeichelte oder bettelte, in seine Pläne eingeweiht zu werden. Schließlich, nachdem ich einen Abend und den darauf folgenden Vormittag lang jede sich bietende Gelegenheit genutzt hatte, das Thema zur Sprache zu bringen, stellte ich ihm ein Ultimatum. Wenn er Clay in drei Tagen noch nicht gefunden hatte, würde ich mich selbst auf die Suche machen, mit seiner Erlaubnis oder ohne sie. Folgerichtig ging er davon aus, dass er jetzt drei Tage lang seine Ruhe haben würde, bevor ich wieder anfing, ihm die Hölle heiß zu machen, und ließ prompt in seiner Wachsamkeit nach. In aller Bescheidenheit: Es war ziemlich einfallsreich eingefädelt.
Nick hatte sich zwar bereit erklärt, mir zu helfen, weigerte sich aber, den von Jeremy verhängten Hausarrest zu ignorieren, also konnte ich in Person nirgends hingehen. Ja, gut, ich hätte Nick etwas Schweres über den Schädel schlagen und dann die Flucht ergreifen können, aber das würde ich ihm nie antun. Außerdem hätte Jeremy mich aufgetrieben und zurückgeholt, und eine Gehirnerschütterung hätte Nicks Bereitwilligkeit, mir ein zweites Mal zu helfen, vermutlich nicht gefördert.
Als Erstes rief ich im St. Michael's Hospital in Toronto an. Ich hatte nicht vergessen, dass ich Philip blutend auf dem Boden unserer Wohnung zurückgelassen hatte. Ich gebe zu, ich hatte nicht so viel Zeit darauf verwendet, daran zu denken, wie ich vielleicht darauf hätte verwenden sollen. Aber ich wusste, dass seine Verletzungen nicht lebensgefährlich waren, jedenfalls nachdem ich die Blutung gestillt und Hilfe geholt hatte, und Clays Situation war sehr viel trostloser, also glaube ich, es ist mir zu verzeihen, wenn meine Aufmerksamkeit zwischen beiden nicht gleichmäßig aufgeteilt war. Philip war nicht im St. Mike's. Die Notaufnahme war am vergangenen Dienstagnachmittag für neue
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