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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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verstummten. Als die Uhr auf dem Kaminsims Mitternacht schlug, wachte Nick wieder auf. Er ließ den Kopf über die Armlehne nach hinten fallen und sah zum Fenster.
    »Vollmond demnächst«, sagte er. »Zwei, drei Tage?«
    »Zwei.«
    »Ich werde rennen müssen. Und du?«
    Ich brachte ein kleines Lächeln zu Stande. »Du weißt ganz genau, dass ich nicht zu rennen brauche, weil ich das vor drei Tagen erst getan habe – mehr als genug. Was du wirklich wissen willst, ist, ob ich mit dir rennen gehe und dich vor dem grauenhaften Schicksal bewahre, allein rennen zu müssen.«
    »Ich weiß gar nicht, wie du das in Toronto all die Monate über ausgehalten hast«, sagte er schaudernd. »Letzten Winter habe ich's ein paar Mal machen müssen. Tonio war geschäftlich unterwegs, und Logan hatte mit irgendeinem Fall zu tun, und Clay – na, jedenfalls hab ich die Wandlung allein über mich ergehen lassen müssen.«
    »Armer Liebling.«
    »Es war einfach grässlich. Ungefähr so – rausgehen in den Wald, Wandlung, in der Gegend rumstehen, bis genug Zeit vorbei ist, zurückverwandeln. Es war ungefähr so spaßig, als ginge man scheißen.«
    »Was für ein hübscher Vergleich.«
    »Im Ernst. Komm schon, Elena. Gib's zu. Genauso ist das, wenn man allein ist. Ich weiß noch, als ich ein Junge war, vor meiner ersten Wandlung, und Clay hat immer –«
    Er unterbrach sich. Diesmal sprach er nicht weiter. Es wurde still, und ich wandte mich wieder dem Feuer zu, stocherte darin herum und sah zu, wie Funken von den Scheiten emporsprühten. Die Tür öffnete sich. Ich hörte Jeremy hereinkommen, drehte mich aber nicht nach ihm um. Einen Augenblick später ächzten die Sprungfedern des Sofas, als Nick aufstand. Er ging quer durchs Zimmer, und die Tür schloss sich wieder. Jeremy setzte sich neben mich vor den Kamin. Seine Hand berührte meinen Hinterkopf, zögerte und strich mir dann übers Haar.
    »Ich weiß, wie schwer dies alles für dich ist, Elena. Ich weiß, wie viel Angst du hast, wie sehr du fürchtest, ihn zu verlieren.«
    »Das ist es nicht. Ich meine, natürlich habe ich Angst, ihn zu verlieren. Aber wenn du glaubst, das liegt daran, dass ich plötzlich gemerkt hätte, wie sehr ich ihn liebe, und dass ich, f… wenn wir ihn zurückhaben, nach Hause komme, und es wird alles in Ordnung sein, dann irrst du dich. Es tut mir Leid. Ich weiß, dass du das willst, es wäre einfacher für dich und alle anderen, aber es wird einfach nicht passieren. Ja, mir liegt an ihm. Sehr viel sogar. Und ja, ich will ihn zurückhaben. Ich will ihn für dich und für Nick und für das Rudel zurückhaben. Ich bin nur ziemlich fertig, weil ich das Gefühl habe, es ist meine Schuld.«
    Jeremy sagte nichts.
    Ich sah mich über die Schulter nach ihm um. »Du findest also auch, dass es meine Schuld ist?«
    »Nein, ganz und gar nicht. Ich habe nicht geantwortet, weil ich glaube, es ist besser, wenn ich über den Rest den Mund halte. Wenn du glaubst, das ist der Grund, weshalb du verstört bist –«
    »Das ist der Grund.«
    Er schwieg einen Augenblick lang und streckte dann den Arm aus, um mir den Rücken zu massieren; seine Finger fanden den harten Knoten zwischen meinen Schulterblättern. »Was immer der Grund dafür ist, dass du dich quälst, ich mache dich nicht verantwortlich für das, was passiert ist. Wir haben schon darüber gesprochen. Ich hätte euch beide an einen anderen Ort schicken sollen. Ich habe es für eine gute Idee gehalten, aber ich habe nicht einmal gemerkt, dass etwas passiert war, bis ich versucht habe, an diesem Abend mit Clay Kontakt aufzunehmen…«
    »Hast du es seither versucht?«, fragte ich, während ich mich aufsetzte und zu ihm umdrehte. »Hast du Kontakt mit ihm aufgenommen, seit sie ihn gefangen genommen haben? Du hast es versucht, nicht wahr? Was hat er gesagt? Ist er –«
    Jeremy legte einen Finger auf meine Lippen. »Ja, ich habe es versucht. Versucht und wieder versucht. Aber ich komme nicht zu ihm durch. Es sind die Medikamente.«
    Es gab noch einen weiteren möglichen Grund, weshalb Jeremy keine Verbindung zu Clay bekam, aber ich wagte ihn nicht auszusprechen. Jeremy schien ihn nichtsdestoweniger in meinem Gesicht zu lesen und schüttelte den Kopf.
    »Denk das nicht. Du hast das Foto gesehen. Er sieht nicht gut aus, aber er ist am Leben.«
    Er hörte sich so müde an. Das Rudel befand sich in einem Belagerungszustand, und die Mutts rissen unsere Befestigungen so schnell nieder, wie Jeremy sie errichtete. Es kostete ihn

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