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Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Minensuchers.« Sir Bullock goß sich Orangensaft ein und schob Hansen die Whiskyflasche und den Eisbehälter zu. »Sie haben an unser Innenministerium geschrieben, daß eine mit Ihnen befreundete deutsche Familie bei uns einwandern möchte. Ein paar Tage später traf der Antrag der Familie …«
    »Baumann. Alexander Baumann …«
    »… richtig, Baumann, im Ministerium ein. Wegen der außergewöhnlichen Begründung dieses Antrages wurde mir das Ersuchen vorgelegt. Ein Junge, der nur noch zwei Jahre zu leben hat. Soll er hier sterben?«
    »Nicht unbedingt.«
    »So einfach ist das nicht, Mr. Hansen. Auch wir haben unsere Einwanderungsbestimmungen. Wie überall ist die Grundbedingung: völlige Gesundheit. Ein kranker Tourist, das ist sein persönliches Problem. Aber kranke Neubürger, das geht den Staat an.«
    »Der Junge hat keine ansteckende Krankheit, Exzellenz. Die übrige Familie ist kerngesund. Alexander Baumann ist ein Bursche, der Bäume ausreißen kann.«
    »Auch das liegt nicht unbedingt im Interesse des Staates«, sagte Sir Bullock sarkastisch. »Wir sind stolz auf unsere Bäume.«
    Hansen grinste. Britischer Humor. »Nehmen wir es wörtlich, Exzellenz: Wenn die Familie Baumann sich auf einer Seychelleninsel ansiedeln will, wird sie auch Bäume fällen und Brachland kultivieren. Wir haben dem Innenministerium geschrieben, daß wir um Zuweisung einer unbewohnten Insel bitten. Sie haben genug davon.«
    »Aber das ist doch romantische Fantastik, um es mild auszudrücken.« Sir Bullock strich mit dem Zeigefinger über sein Bärtchen, das einzige Zeichen einer leichten Erregung. »Wenn neunzig Prozent unserer Insulaner hier auf Mahé wohnen, dann hat das seinen Grund. Kennen Sie die anderen Inseln, Mr. Hansen?«
    »Weiße, unberührte Sandstrände, ein kristallklares Meer, blau und türkis schimmernd, in Jahrtausenden glatt geschliffene Granitfelsen, Palmenwälder, an der Küste Korallenbänke voll bunter, schillernder Fische. Zimt und Vanille, deren Duft schwer im Wind liegt, Paradiesvögel mit flammendem Gefieder.«
    »Hören Sie auf, Mr. Hansen! Das sind die Superlative der Reisebüros.« Sir Bullock trank einen Schluck Orangensaft. »Die Entdeckung der Seychellen durch den Tourismus brachte uns eine Devisenflut, aber gleichzeitig auch Bodenspekulanten, Hotelkonzerne, eine widerlich kitschige Souvenirindustrie und einen Bauboom, der beginnt, hysterisch zu werden. Wir mußten neue Gesetze erlassen, die den Immobilienerwerb kontrollieren. Kein Gebäude darf höher als eine Kokospalme sein.«
    »Ich glaube nicht, daß die Familie Baumann Hochhäuser bauen will.«
    Sir Bullock stutzte. Er musterte Titus Hansen schweigend, vielleicht aber suchte er auch nur nach dem treffenden Wort, denn er schien eine Vorliebe für geistvolle Bemerkungen zu haben.
    »Der Fall Baumann stellt eine Ausnahmesituation dar«, sagte er dann.
    »So kann man es auch nennen, Exzellenz. Die Familie Baumann kommt in Ihr Land, um ein Paradies zu suchen. Sie ist unabhängig, fällt keinem zur Last, ist politisch neutral, das ist ja heute wichtig! Sie will nur in Ruhe leben; menschlich leben!«
    »Wenn sich das herumspricht, sind die Seychellen bald so übervölkert wie Japan!«
    »Es wird keine neue Völkerwanderung geben, Exzellenz. Der normale Mensch klebt an seiner Zivilisation. Ohne die Bequemlichkeit der Automatisation ist er heute hilflos. Wenn zum Beispiel die Wasserspülung im WC nicht klappt, wird er unruhig. Ein Stromausfall führt beinahe schon zur Panik. Robinsone sind verträumte Romanfiguren, aber keine Wirklichkeit. Ein zivilisierter Hintern braucht seinen Sessel, keinen Stuhl aus Palmknüppeln.«
    Sir Bullock griff nach einem silbernen Kasten, holte sich eine Zigarre heraus und schnitt mit britischer Exaktheit die Spitze ab. Hansen dankte, als Sir Bullock auf den Kasten zeigte. Als die Zigarre endlich rundherum glühte und der erste Rauch im Sog der Klimaanlage davonschwebte, schenkte er Hansen wieder einen Blick. »Ich kann eine Ansiedlung nur gestatten, wenn ein Mindestmaß an Überlebenschancen vorhanden ist. Wir werden strenge Auflagen machen.«
    »Die Familie Baumann hat acht Hände, Exzellenz, und die Natur wird dem Tüchtigen helfen, wie man sagt.«
    »Die Natur ist immer feindlich.« Sir Bullock betrachtete seine Zigarre. »Eine völlig unbewohnte Insel, wie die Tschagos-Inseln oder die Amiranten – ausgeschlossen! Ich kenne die Familie Baumann nicht, aber die Einsamkeit dieses Eilands kann auch den stärksten

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