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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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am Wasser kamen dann Aleko und Sarah Hamilton in mein Blickfeld. Er hielt immer noch ihren Ellbogen fest, aber ganz plötzlich riß sie sich los. Sie standen ein paar Sekunden da und redeten heftig aufeinander ein. Schlimmer noch: Sie schienen sich zu streiten. Die Auseinandersetzung endete damit, daß sie kehrtmachte und wegging. Er unternahm keinen Versuch, sie zurückzuhalten, sondern marschierte weiter. Ich saß an meinem Tisch und starrte trübsinnig in mein Glas. Es war ringsum sehr still, und die Stimmen der Kinder drangen zu mir wie Laute aus einer fremden Welt.
    »Was sehen Sie da?« fragte sie von der Tür her. »Die Vergangenheit, die Gegenwart oder die Zukunft?« »Es gibt nur die Gegenwart«, antwortete ich. »Keine Zukunft?«
    »Nicht für mich. Ich werde bestimmt nicht alt, das hat meine Großmutter schon gesagt. Wo ist Morg?«
    »Dimitri hat ihm ein paar hundert Drachmen gegeben und gesagt, er soll sich was zu trinken kaufen.«
    »Das reicht ihm für eine ganze Woche. Das war sehr großzügig von Ihrem Mr. Aleko. Was ist eigentlich zwischen euch beiden?«
    »Wollen Sie damit fragen, wie oft wir miteinander schlafen? Ist es das, Savage? Stört Sie das?«
    Sie stand immer noch in der Tür, eine Hand an die Hüfte gestützt, die andere an den Türrahmen. Dann trat sie einen Schritt näher. Ich sprang auf.
    »Nichts zu machen, mein Engel. Bleiben Sie da stehen. Ich warne Sie: Noch einen Schritt, und ich garantiere für nichts.«
    Ich trank mein Glas leer und rannte zur Leiter, weil ich frische Luft brauchte. Am Eingang trafen wir uns.
    »Ich habe gefragt, ob Sie das stört«, wiederholte sie. »Ich meine, Dimitri und ich.«
    Sie machte eine Bewegung, die mir den Atem raubte. Hinzu kam das verdammte Parfüm und der Whisky. Mir wurde schwindelig, und ich spürte wieder den Druck in meinem Magen. Ich packte sie bei den Oberarmen und schüttelte sie. »Also schön, wenn Ihnen dann wohler ist: Es zerreißt mich fast. Für einen Mann in reiferen Jahren ist das ein demütigendes Eingeständnis, aber schon Ihr Anblick schmeißt mich einfach um.«
    Ich ließ sie los. Sie rührte sich nicht. Als sie dann ihre Brille abnahm, bemerkte ich ihr selbstzufriedenes Lächeln. »Gut«, sagte sie. »Kann ich jetzt bitte etwas zu trinken bekommen?«
    »Wenn Sie noch einen Schritt näher treten, ziehe ich Ihnen die Hosen 'runter.«
    Sie legte den Kopf schräg und zog eine Augenbraue hoch. »Das klingt nun wirklich interessant.«
    Ich konnte einfach nicht anders, ich legte ihr die Hand auf den Bauch und ließ sie nach unten gleiten. Sie zuckte nicht einmal zurück, sondern sagte nur gelassen: »Tolle Technik. Das müssen Sie irgendwo in der Hafengegend gelernt haben. Ich finde das ausgesprochen galant.«
    Diese Bemerkung hatte auf mich ungefähr dieselbe Wirkung wie ein rechter Haken von Joe Louis in seinen besten Tagen. Sie tätschelte meine Backe und gab mir einen Kuß.
    »Aber mir gefällt das, Savage, ja, mir gefällt das wirklich.« Sie stieg die Leiter hinauf und war verschwunden, bevor ich richtig wußte, wie mir geschah. Als ich das Deck erreichte, hatte sie schon die halbe Mole hinter sich. Drüben am anderen Ende blieb sie stehen und winkte zurück. Ich hob die Hand, dann war sie verschwunden.
    Ich duschte, rasierte mich und kontrollierte meine Garderobe. Viel war nicht damit los, aber das lag an meinem überhasteten Aufbruch aus Ägypten. Ich fand noch ein sauberes, weißes Hemd und statt einer Krawatte ein buntes türkisches Seidentuch. Dazu zog ich marineblaue Leinenhosen und einen alten doppelreihigen Blazer mit goldenen Knöpfen an, der mich einmal in einem verrückten Augenblick fünfzig Pfund gekostet hatte. Man sah ihm den Preis immer noch an.
    Ich stellte mich vor den Spiegel. Gar nicht so übel. Von jetzt an ging es ohnehin nur noch bergab, sagte ich mir. Dann stieg ich an Deck und wartete auf mein Boot.
    Morgan ließ sich nicht blicken. Aber das überraschte mich nicht. Wenn er zweihundert Drachmen in der Tasche hatte, würde er saufen, bis ihm der Wein aus den Ohren trat. Warum auch nicht? Was gab es sonst noch für ihn? Anscheinend war das mein philosophischer Abend.
    Das Boot kam in elegantem Bogen herangesaust. Ein Mann saß am Ruder, ein anderer stand mit dem Bootshaken im Heck. Sie trugen weiße Uniformhosen und blaue Rollkragenpullover mit dem Zeichen ›Firebird‹ auf der Brust. Aleko schien den Drill der Royal Navy zu lieben. Aber etwas an den beiden Seeleuten stimmte nicht. Ich war sicher, daß

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