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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Savage. Das ist ja der Zweck der Übung, wie man so schön sagt.«
    Und jetzt horchte ich auf. An der Wand hinter ihm hing eine große Landkarte des östlichen Mittelmeers. Er stand auf und drehte sich um.
    »Vor ungefähr vier Wochen fand eine Versammlung in einem Dorf in der Nähe von Pilos auf dem Peloponnes statt. Als Ergebnis dieses Treffens wurde eine Liste von über zweihundert prominenten Männern aufgestellt, die dem gegenwärtigen Regime feindlich gesonnen sind. Eine solche Liste brauchte das Hauptquartier der Organisation auf Kreta dringend für bestimmte Planungen. Die Liste wurde einem Sonderkurier, einem gewissen Apostolides, anvertraut. Er trug sie in einer Aktenmappe, die mit einer Kette an seinem Handgelenk befestigt war. Eine Maschine flog ihn von einem privaten Landestreifen in der Nähe von Pilos nachts hinaus. Es handelte sich um eine ›Piper Aztec‹, und der Pilot war ein junger Mann namens Andreas Pavlo.«
    »Eine Aktenmappe ist keine besonders gute Idee«, sagte ich. »Ist ihnen nichts Besseres eingefallen?«
    »Mit dem Schloß war eine Sprengladung verbunden, die gezündet wird, wenn ein Unbefugter die Mappe zu öffnen versucht.«
    »Und Apostolides?«
    »Er war ein Revolutionär mit Leib und Seele.«
    »Ach so, er hat's also nicht geschafft?«
    »Leider geriet die ›Piper Aztec‹ mit Maschinenschaden vor der Küste Kretas in ein schweres Gewitter. Bei dem Absturz wurde Apostolides entweder getötet oder bewußtlos, jedenfalls sank die Maschine auf der Stelle, und er konnte sich nicht mehr aus der Kabine befreien. Pavlo entkam mit knapper Not.«
    »Und was geschah dann?«
    »Er trieb zwei Tage lang in einem Schlauchboot auf dem Meer. Schließlich fand ihn ein Fischerboot und brachte ihn sofort zur nächsten Insel. Er fieberte und lag sozusagen im Sterben.«
    »Und das hat die Polizei auf den Plan gerufen?«
    »Pavlo hatte insofern Pech, als in jedem Polizeirevier Griechenlands sein Steckbrief hängt. Sie sind schon seit über einem Jahr hinter ihm her.«
    »Und wo ist er jetzt?«
    »Im politischen Gefängnis auf Sinos. Dort gibt es auch ein kleines Lazarett.«
    »Weiß man denn, was er vorhatte? Weiß man etwas über Apostolides, der irgendwo vor Kreta mit der Aktenmappe an seinem Handgelenk im Meer liegt?«
    »Noch nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Das kommt später, wenn er verhört wird. Ich weiß, daß es eine Zeitlang sehr schlecht um ihn stand. Er wäre fast gestorben. Armbrüche, Rippenbrüche, Lungenriß.«
    Ich nickte und dachte über alles nach. »Eines begreife ich nicht: Woher wissen Sie so genau, was geschah, als die Maschine abstürzte?«
    Er lächelte mild. »Von dem Maat des Fischerboots, das ihn nach zwei Tagen in seinem Schlauchboot auffischte. Pavlo hat im Delirium eine Menge geredet. Der Mann hat es für sich behalten.«
    »Warum?«
    »Teilweise vermutlich aus Angst. Wie die meisten einfachen Leute wollte auch er mit einer solchen Sache nichts zu tun haben.«
    »Und Sie haben ihn dazu überredet, es sich anders zu überlegen?«
    »Nicht ohne Gegenleistung.«
    »Und jetzt soll ich Pavlo herausholen?«
    Er nickte eifrig. »Ich habe gewisse Verbindungen nach Sinos. Die Namen darf ich natürlich nicht einmal Ihnen gegenüber erwähnen, aber ich kann Ihnen alle erforderlichen Informationen geben. Ich besitze Landkarten und Pläne. Ich kann Ihnen genau zeigen, wo sich Pavlo befindet und wie er bewacht wird.«
    Er öffnete eine Seitentür seines Schreibtischs und holte eine zusammengerollte Landkarte heraus.
    »Sparen Sie sich die Mühe«, sagte ich. »Ich will sie gar nicht sehen.«
    Er sah mich erschrocken an, und zum erstenmal kam bei ihm der griechische Bauernjunge zum Vorschein.
    »Aber das wäre doch ein Kinderspiel, verglichen mit Pelos.«
    »Sie sind Geschäftsmann, Aleko«, sagte ich. »Ich müßte mich schon sehr irren, wenn Sie Ihren Erfolg nicht durch die Beachtung einer schlichten Regel erreicht hätten: billig einkaufen, teuer verkaufen. Wenn Sie bereit sind, mir fünfundzwanzigtausend Dollar für Pavlo zu bieten, dann ist die Sache sehr viel mehr wert, und dann ist das alles viel zu heiß für mich.«
    Er beugte sich vor, legte beide Hände flach auf die Tischplatte und sah mich stirnrunzelnd an. »Na schön, dreißigtausend.«
    »Sie begreifen offenbar immer noch nicht«, sagte ich. »Ich bin nicht daran interessiert. Noch habe ich meine gesunden Glieder und das Schiff. Das ist besser, als tot zu sein.«
    Plötzlich stieß er ein scharfes Lachen aus, als

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