Die Nacht von Sinos
schüttelte den Kopf. »Das ist nicht mein erstes Kommando. Man kann nur mit jemandem zusammenarbeiten, dem man absolut vertraut, und das ist bei Alekos Leuten nicht der Fall. Es wird zwar schwierig, aber ich komme auch allein zurecht. Das ist mir in diesem Fall lieber.«
»Sei doch kein Narr, Savage«, warf Sarah scharf ein.
Ciasim nickte. »Sie hat recht. Allein bist du schon von vornherein eine Leiche. Nein, Jack, ich fürchte, du kannst mein Boot auch für zehntausend Dollar nicht haben. Ich will dein Geld nicht.«
»Es ist sein Geld«, sagte ich.
»Du verstehst mich falsch. Ich habe ja nichts dagegen, ein Vermögen zu bekommen, aber ich lasse nicht zu, daß du Selbstmord begehst. Das erlaubt mir meine Religion nicht. Nein, es gibt nur eine einzige Möglichkeit: mich zu überreden.«
»Und wozu?«
»Daß du mich nach Sinos mitnimmst«, antwortete er. »Ins Gefängnis, um den armen Teufel herauszuholen.« Ich starrte ihn verblüfft an. Leicht gekränkt fügte er hinzu: »Oder traust du mir das nicht zu?«
Ich war unfähig, etwas zu antworten. Sarah sah man die Erleichterung deutlich an.
Ciasim trank seinen Wein aus und tätschelte ihre Wange. »Sie sind wirklich sehr, sehr schön. Und es ist gut, daß Jack mein liebster Freund ist. Und jetzt gehen wir zu diesem Aleko.«
14
Das Aquamobil ist ein torpedoförmiger Unterwasserschlitten, dessen Propeller durch Batterien angetrieben wird. Man kann mit dem Gerät eine Tiefe bis zu fünfzig Metern erreichen. Es hat einen eigenen Scheinwerfer und erreicht eine Geschwindigkeit von etwas mehr als drei Knoten in der Stunde. Ich brauchte zwei dieser Aquamobile, und zwar so dringend, daß ich sie an erster Stelle auf die Anforderungsliste für Aleko schrieb.
Er akzeptierte die Liste ohne eine Frage, wie er auch der Mitwirkung Ciasims sofort zugestimmt hatte, nachdem ich ihm erklärte, daß die ›Seytan‹ mit behördlicher Erlaubnis in der Mittleren Passage arbeiten durfte. Er schien mir also wirklich völlig freie Hand lassen zu wollen. Er war nur daran interessiert, Andreas Pavlo von der Gefängnisinsel Sinos wegzuholen, und alles, was zu diesem Ziel führte, war ihm recht.
»Sind die Uniformen wichtig, die Sie verlangt haben?« fragte er.
»Absolut.«
Er nickte. »Was Sie hier an zusätzlicher Ausrüstung aufgeführt haben, befindet sich bereits an Bord, bis auf die beiden Unterwasserschlitten.«
»In diesem Teil des Mittelmeeres arbeiten schon eine ganze Reihe von Taucherklubs damit«, erklärte ich. »Sie sind bei einer Athener Firma zu bekommen. Die Adresse habe ich auf die Rückseite der Liste geschrieben. Es dürfte Ihnen nicht schwerfallen.«
»Wenn diese Dinger in Athen zu haben sind, werde ich sie bis morgen früh bekommen. Ich lasse sie heranfliegen.« »Ich zweifle nicht daran«, erklärte ich liebenswürdig. »Mit Geld erreicht man alles.«
»Stimmt.« Die Andeutung eines Lächelns spielte um seine Lippen. »Ich war genau vierzehn, als mein Onkel mich mit nach Amerika nahm. Das Land der Freiheit, Captain Savage. Reine Ironie. Ich sprach kaum ein Wort Englisch. Wir waren so arm, daß wir nur jeden zweiten Tag zu essen hatten. Und es kümmerte sich niemand um uns, verstehen Sie?«
»Und da haben Sie beschlossen, das alles zu ändern?«
»Habe ich das nicht getan?«
Plötzlich fiel die elegante Bostoner Schale von seinem griechischen Kern ab, und die verschiedensten Menschen starrten mich aus seinen dunklen Augen an. Mit einer weit ausholenden Handbewegung deutete er auf alles ringsum: das Boot, den Luxus, die Anzeichen riesigen Reichtums.
Dann sah ich für einen Augenblick den anderen Aleko, den echten, wie er vielleicht gewesen wäre, wenn sich alles ein wenig anders entwickelt hätte. Er zeigte mir ein offenes, liebenswertes Lächeln, das fast etwas jungenhaft wirkte.
»Eine Kleinigkeit habe ich natürlich auch dem Ölfeld in Texas zu verdanken, das mir meine erste Million einbrachte.«
»Ja, Amerika«, murmelte ich und stand auf. »Ich muß jetzt an die Arbeit. Besorgen Sie bis morgen früh die Geräte, dann starten wir morgen abend.«
»So früh?« Er schien überrascht.
»Es hat keinen Zweck herumzulungern, ich möchte es hinter mich bringen.«
»Sind Sie sich denn wirklich schon über alles im klaren?«
»Ich glaube schon. Die Einzelheiten spreche ich nachher noch mit Ihnen durch. Jetzt möchte ich mir erst einmal Ihre Taucherausrüstung ansehen.«
Meine Hand lag schon auf der Türklinke, da sagte er: »Noch etwas - Sarah.«
Ich
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