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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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antwortete ich. Damit hielt er für eine Weile den Mund.
    »Und die zweite Phase?« fragte Aleko ungeduldig.
    »Nach dem Plan steht der Gully im Garten des Festungsteils, in dem jetzt das Lazarett liegt, in Verbindung mit der Kanalisation. Der Abfluß ist mit einem ungefähr einem Meter breiten Eisengitter verschlossen, mit dem wir aber fertig werden müssen. An dieser Stelle oder vielleicht noch früher ziehen wir uns um. Wenn wir erst einmal im Freien sind, spiele ich den Gefängniswärter und Ciasim einen Gefangenen, der von mir ins Lazarett eskortiert wird.«
    »Und wie holen Sie Pavlo heraus?« Das war wieder Melos.
    »Er liegt im dritten Stock in dem Zimmer am Ende des Flurs und wird ständig bewacht«, sagte ich. »Von da an müssen wir improvisieren. Nach der heutigen Information kann er schon wieder ein bißchen gehen, und das genügt uns. Sobald wir das Lazarett hinter uns haben, gelangen wir durch den Regenabfluß im Garten wieder in die Kanalisation.«
    »Und Sie glauben, das hält er durch?« fragte Aleko.
    Ich zuckte mit den Achseln. »Er wird noch viel mehr aushalten müssen, da wir genau auf demselben Weg zur ›Seytan‹ zurückkehren: unter Wasser.«
    Es herrschte bedrücktes Schweigen. Überraschenderweise war es Melos, der mich jetzt unterstützte. »Mit dem Aquamobil dürfte die Strecke selbst bei der höheren Belastung durch zwei Personen in höchstens fünfzehn Minuten zurückzulegen sein. Das ist für Pavlo nicht so anstrengend.«
    »Und was geschieht dann?« fragte Sarah.
    Melos runzelte die Stirn. »Wann?«
    »Wenn Pavlo vermißt wird. Wenn man die Insel abzusuchen beginnt. Da bekannt ist, daß sich die ›Seytan‹ in der Gegend aufhält, wird man sie kontrollieren, besonders dann, wenn sie im Laufe der Nacht verschwindet.«
    Ich mußte zugeben, das war das schwache Glied in meiner Kette. »Die ›Seytan‹ ist in der Gegend gut bekannt. Für die Rückkehr nach Kyros kann man einen technischen Vorwand finden: ein Fehler am Kompressor oder ein Loch im Rumpf. Wenn alles planmäßig abläuft, sind wir um vier Uhr morgens wieder in Kyros. Mit einigem Glück wird Pavlos Fehlen aber erst um sechs Uhr auffallen, weil sich vorher im Gefängnis nichts rührt. Man wird die ›Seytan‹ höchstens routinemäßig kontrollieren und sich mit der hiesigen Polizei in Verbindung setzen, mit der Bitte, Ciasim zu verhören.«
    »Also Sergeant Loukas«, sagte Aleko und sah Melos breitlächelnd an.
    »Keine Sorge«, sagte Melos knapp. »Ein ausgezeichneter Plan, höchst gefährlich, aber idiotisch riskant genug, um zu funktionieren. Wer weiß, Captain Savage, vielleicht kommen Sie sogar lebendig wieder zurück.«
    Ja, wer weiß.
    »Noch ein letzter Punkt: Wir brauchen noch einen Mann auf der ›Seytan‹, falls sie von einem der Schnellboote überprüft wird. Sie wissen ja, daß sie drei Mann Besatzung haben soll.« Ich wandte mich an Melos. »Sie sehen eigentlich wie ein Türke aus.«
    Ciasim bellte vor Lachen, und Melos warf ihm einen Blick zu, wie ihn ein guter Grieche nur für einen Türken übrig hat.
    Aleko sagte: »Kapitän Melos wird helfen, wo er nur kann.«
    Hatte er also wieder das Kommando übernommen? Es gab so viele Dinge, die mir nicht gefielen. Dinge, die sich unter der Oberfläche abspielten. Beziehungen, die nicht stimmten.
    Sehr viel später lag ich in meiner dunklen Kabine und rauchte eine Zigarette. Da ging die Tür auf, sie glitt herein und schloß hinter sich ab. Ich hörte etwas rascheln, dann schlüpfte sie nackt und zitternd neben mir ins Bett. »Du mußt mich wärmen, Savage.«
    »Sobald ich meine Zigarette zu Ende geraucht habe.« Ich legte meinen Arm um sie. »Was kannst du mir über Melos sagen?«
    »Nicht viel. Er ist neu hier, wie alle anderen. Vor dieser Kreuzfahrt hatte Dimitri die ›Firebird‹ ein Jahr lang auf einer Reede liegen. Warum fragst du?«
    »Weil ich feststelle, daß Melos eine Menge zu sagen hat.«
    »Er ist eben Grieche wie die anderen auch.«
    Ich drückte meine Zigarette aus, da kroch sie auf mich, preßte sich an mich und bohrte mir das Gesicht in die Halsbeuge. »Nein, rühr' dich nicht«, murmelte sie gedämpft. »Halt' mich nur einfach fest.«
    Sie begann zu schluchzen. Zum erstenmal, seit ich sie kannte, ließ sie sich wirklich gehen. Die Einsamkeit und Verzweiflung in ihrer Stimme bohrte sich wie ein Messer in mein Herz.
    »Und was geschieht, wenn ich dich verliere? Was soll dann werden?«
    Darauf wußte ich nichts zu sagen. Nichts, was sie trösten

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