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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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drehte mich um und war plötzlich sehr wachsam. »Was ist mit ihr?«
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Sarah von jetzt ab so wenig wie möglich in diese Sache verwickeln würden.«
    »Muß sie das nicht selbst entscheiden?«
    Er sah mich lange schweigend an, dann stand er auf, ging zu einem Eckschrank und holte eine Karaffe Kognak und zwei geschliffene Schwenker heraus. Er war sehr ernst und würdevoll.
    Er reichte mir eines der Gläser und schenkte mir ein. »Ich halte mich nur an Tatsachen, Captain Savage, denn etwas anderes lohnt sich nicht. Nur so konnte ich das werden, was ich bin. Weil ich ohne Illusionen die Dinge akzeptiere, wie sie wirklich sind.«
    »Klingt ganz vernünftig«, sagte ich. »Andererseits, was soll dann diese Sache mit Pavlo? Für einen Mann, der sich nur mit harten Fakten abgibt, ist das eine seltsame Räuberpistole.«
    Er schien überrascht zu sein. »Auch Ihnen ist doch klar, daß sich das gegenwärtige Regime nicht halten wird, da brauchen Sie nur die Geschichte unseres Landes anzusehen.«
    Das war alles schön und gut, aber wir kamen um keinen Schritt weiter.
    »Und Sarah?« fragte ich. »Paßt sie in das Bild?«
    Seine Hand spannte sich um das Glas. »Meine Frau war mir alles auf der Welt. Ihretwegen liebe ich Sarah wie meine eigene Schwester.«
    Vielleicht meinte er es wirklich ehrlich. Jedenfalls war seiner Stimme eine deutliche innere Erregung anzuhören.
    »Chronische Leukämie ist bei einem Mädchen in Sarahs Alter ungewöhnlich. Die Symptome machten sich zuerst in Biafra bemerkbar.«
    »Das weiß ich«, sagte ich und wollte auf einmal nichts mehr davon hören. Ich ahnte, was nun kommen würde.
    Aber er sprach unerbittlich weiter. Seine Stimme klang jetzt etwas beherrschter. »Sie muß Ihnen wie jedes normale, gesunde Mädchen dieses Alters vorkommen, aber ich hab' sie in anderer Verfassung gesehen. Zum Beispiel letztes Jahr beim ersten schweren Anfall. Sie starb fast daran.«
    »Aber sie lebt noch«, sagte ich mit trockener Kehle.
    »Stimmt, die Ärzte haben sie gerettet. Sie hatte Glück. Bei ihr schlugen die Medikamente an. Ihre Blutsenkung normalisierte sich allmählich. Jetzt gehört sie zu den fünfzehn Prozent aller Leukämiekranken, die gute Aussicht haben, fünf Jahre am Leben zu bleiben.«
    Ich war ganz sicher, daß er mir die Wahrheit sagte. Ich weiß noch, wie mir einmal auf dem Grund des Suezkanals die Luft ausging, dieses Gefühl des Erstickens, als preßte sich plötzlich eine gigantische Hand auf Mund und Nase. Genauso war mir jetzt wieder.
    »Und das war's dann?« fragte ich.
    »Es gibt einige Fälle, in denen der Patient zehn Jahre am Leben blieb. Alles ist natürlich möglich, die Medizin macht Fortschritte. Wer weiß?«
    »Nur glauben Sie nicht daran, wie?« Ich stellte mein Glas hin. »Warum erzählen Sie mir das alles?«
    Er beugte sich vor und sagte eindringlich: »Savage, sehen Sie denn nicht ein, daß sie das braucht, was ich ihr geben kann? Ständige Betreuung, ständige Überwachung. Sie bekommt alles, was man mit Geld kaufen kann. Die besten Ärzte, die seltensten Medikamente. Ich kann ihr das alles geben, aber Sie, Savage? Was können Sie ihr schon bieten?«
    Seine Augen funkelten, und von ihm ging plötzlich ein Geruch aus, der mich an eine kalte, feuchte Gruft erinnerte. Eine Todesahnung wehte mich an. Mein Herz klopfte wie wild.
    »Geh zum Teufel«, knurrte ich heiser und floh aus dem Salon, als wäre die Hölle hinter mir her.
    Sie saß in meiner Kabine auf dem Drehstuhl hinter dem Schreibtisch und betrachtete den alten deutschen Plan, der zum Schlüssel der ganzen Operation geworden war. Sie sah mich lächelnd an.
    »Ciasim ist zur ›Seytan‹ hinübergerudert. Er will sie bis heute abend wieder flott haben. Hast du mit Dimitri gesprochen?«
    »Ja.«
    Es lag wohl am Klang meiner Stimme. Ihre Miene änderte sich plötzlich, die Haut spannte sich über die Backenknochen.
    »Und was hat er gesagt?« fragte sie ruhig und stand auf. »Was hat er dir gesagt?«
    »Ich liebe dich, Sarah, im wahrsten Sinne dieses Wortes. Aber genügt das?«
    Sie runzelte die Stirn, als hätte sie mich nicht recht verstanden, aber dann wurde es ihr plötzlich klar. Sie lächelte erst, dann begann sie zu lachen, trat auf mich zu, packte mich bei den Haaren und schüttelte mich.
    »Nur darauf kommt es doch an. Oder willst du mir wirklich erzählen, daß dir das noch nicht aufgegangen ist?«
    Vielleicht klingt das absurd, aber für diesen einzigen Augenblick in meinem Leben

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