Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
Glas. Sie trank einen Schluck, die Eiswürfel klickten. »1943 waren Sie sechzehn? Dann sind Sie jetzt zweiundvierzig.«
    »Und damit zu alt für Sie«, sagte ich. »Schon weit über den Berg. Ist das Leben nicht teuflisch?«
    »Wenn man's so betrachtet, ganz bestimmt. Aber ich weiß es nicht so genau, denn 1943 war ich noch gar nicht da.«
    Das war deutlich genug und in gewisser Weise genauso brutal wie ein Fußtritt. Sie merkte es und schien es auf der Stelle zu bedauern.
    Sie setzte sich ans Fenster und schlug ihre hübschen Beine übereinander. Dann kam Morgan. Den armen Kerl hatte ich ganz vergessen. Er nahm sogar die Mütze ab und verbeugte sich.
    »'n Abend, Miss - ich meine, Lady Hamilton.«
    Sie schenkte ihm tatsächlich ein goldenes Lächeln, stand auf und strich ihm mit den Fingern über den Stoppelbart. »Nennen Sie mich Sarah, Morgan. Wir haben viel miteinander durchgemacht.«
    Er lachte verlegen und fuhr sich übers Kinn. »Teufel, Sie haben's jedenfalls energisch angepackt, das muß man schon sagen.«
    »Ich hatte drei jüngere Brüder zu versorgen«, erwiderte sie. »Das ist manchmal ganz nützlich.«
    »Und die Hausangestellten?« fragte ich mißmutig.
    Sie warf mir einen durchdringenden Blick zu. »Ich hab's doch gesagt: Ich hatte drei jüngere Brüder, und so ist mir der Anblick wirklich nicht fremd.«
    Sie hatte bei mir eine wunde Stelle berührt. Ich schlug also zurück. »Das will ich meinen. Und kann ich konkurrieren?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, ob 1943 ein guter Jahrgang war.«
    Das war ein ausgesprochener Tiefschlag. Ich drehte mich zu Morgan um, der mich am Ärmel zupfte.
    »Okay«, sagte ich. »Bestell dir bei Ali das übliche und leg dich dann zum Schlafen in den Landrover. Ich setz dich später ab.«
    Schwankend machte er sich davon und steuerte die Bar an.
    »Und was ist das übliche?« fragte Sarah Hamilton.
    »Eine Stunde lang alle zehn Minuten einen doppelten Whisky Einen irischen, wenn er zu haben ist. Angeblich soll man hier jeden gewünschten Drink bekommen.«
    »Er sieht jetzt schon halb betrunken aus«, bemerkte sie. Es klang fast, als machte sie mir daraus einen Vorwurf.
    Ich schüttelte den Kopf. »Es packt ihn eben manchmal, bei Tauchern ist das so. Wie alt würden Sie ihn schätzen?«
    »Weiß ich nicht.« Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht fünfundsechzig.«
    »Er ist neunundvierzig, sieben Jahre älter als ich. So geht's einem Mann, der zu oft zu tief taucht und dann beim Druckausgleich nicht aufpaßt. Er ist jetzt schon praktisch tot.« Den letzten Satz sprach ich mehr zu mir selbst.
    »Und die Schuld daran geben Sie Jack Savage? Warum?« Ich sah sie lange an, aber es war inzwischen so dunkel geworden, daß ich ihr Gesicht nicht erkennen konnte. Außerdem erschien hinter ihr auf der Terrasse Aleko. Eine Sekunde später ging das Licht wieder an, und die Ventilatoren begannen sich zu drehen.
    »Ach, da sind Sie ja.« Er streckte mir lächelnd die Hand entgegen. »Ich bin gekommen, um den versprochenen Drink abzuholen. Am liebsten wäre mit ein ›China Clipper‹. Mal sehen, ob wir Kytros erwischen.«
    Ich hätte einen der Barmixer rufen können, aber da drehte er sich um und legte dem Mädchen sehr vertraut die Hand auf die Schulter. Das paßte mir ganz und gar nicht, also ließ ich sie lieber allein.
    Als ich die Bar erreichte, kam Kytros gerade aus seinem Büro und zündete sich eine Zigarette an. »Einen China Clipper«, rief ich mit unbewegter Miene.
    Er sagte gelassen zu Ali, dem Barmixer: »Dazu brauchen Sie eine goldene Limone. Im Lager in den irdenen Töpfen liegt noch ein halbes Dutzend. Und nehmen Sie gelben Dry Gin. Der Drink muß farblich richtig abgestimmt sein.« Er sah mich an: »Sonst noch etwas?«
    »Ich geb's auf«, sagte ich. »Einen doppelten Jameson.«
    Er winkte einen anderen Mixer herbei. »Jack, Sie sehen heute abend toll aus. Wie Humphrey Bogart in seinen besten Jahren. Das gefällt mir. Sollte Ihnen die junge Dame neues Leben eingehaucht haben?«
    Auch das war wieder ein Tiefschlag. »Tun Sie mir einen Gefallen«, bat ich, »ich bin schließlich alt genug, um ...«
    »Ihr Vater sein zu können? Wissen Sie, Jack, die Engländer haben Sie verdorben. Schade.« Er sah zur anderen Seite der Bar hinüber. »Neunzehn ist ein hübsches Alter. Aber die dort ...« Er schüttelte den Kopf. »Die war schon alt, als sie geboren wurde.«
    Vielleicht hatte er gar nicht so unrecht, aber mir gefiel das nicht. Er kam um die Bartheke herum und

Weitere Kostenlose Bücher