Die Nacht zum Dreizehnten
berühmte Schlagerstar sich zu einem arroganten, egoistischen Menschen entwickelt hatte, den sein vieles Geld verdarb. Sie fand sein damaliges Verhalten unerhört und hatte ihm nie verziehen, daß er auf die Briefe, die sie ihm anfänglich geschrieben hatte, niemals reagierte. Für sie war dieser Mann gestorben.
Sie ging durch den Garten auf die Chirurgische Klinik zu. Nun kam es ihr doch etwas komisch vor, daß sie Schwesternarbeit leisten sollte. Sie hatte es nie in ihrem Leben gelernt, aber mit ein wenig Intelligenz müßte es doch möglich sein, diese Arbeit zufriedenstellend zu verrichten.
III
Dr. Bruckner saß bereits im Kasino und aß zu Abend, als sein Assistent und Freund Dr. Heidmann eintrat. »Schon so früh?« wunderte er sich.
»Ja, ich habe heute meinen freien Abend!« Bruckner nahm seinen kleinen Kalender zur Hand und schlug ihn auf. Er zeigte auf eine Eintragung: »›Donnerstag, der 12. – freier Abend!‹ Da wollte ich so früh wie möglich die Klinik verlassen. Schade, daß Sie nicht mitkommen können.«
»Ja – das ist wirklich schade.« Heidmann setzte sich gegenüber von Dr. Bruckner. Maria, die alte Kasinobedienerin kam aus der Teeküche und begrüßte Dr. Heidmann freundlich. »Heute gibt es nur kalt.«
»Ein kaltes Buffet kann ganz gut sein!« Dr. Heidmann griff nach einer Scheibe Brot, zog sich die Butter heran und bestrich das Brot damit. »Neulich war ich einmal auf einer Ärztetagung. Da gab es auch ein kaltes Buffet. Es war wirklich schlimm, wie sich die Kollegen auf die Speisen stürzten. Wenn man nicht rechtzeitig Zugriff, bekam man nichts.«
Er nahm sich ein paar Scheiben Schinken und legte sie auf sein Brot. »Was haben Sie heute vor?«
Dr. Bruckner hob lächelnd die Hand. »Ich möchte es nicht einmal sagen, wo ich hingehe. Sonst fühlen Sie sich am Ende doch noch veranlaßt, mich anzurufen, wenn es irgendwo brennt. Ich weiß –«, er hob lächelnd die Hand, als er merkte, daß Dr. Heidmann etwas erwidern wollte, »daß Sie mich nur im äußersten Notfall holen würden, aber ein solcher Notfall kann schnell eintreten, und dann haben Sie heute also nur den Kollegen Wagner, der Oberarztdienst hat.«
Dr. Heidmann maulte. »Das ist nicht dasselbe.« Er nahm eine Flasche Bier, die auf dem Tisch stand, hob die Kapsel ab und füllte sein Glas. »Aber Sie haben recht! Schließlich muß man auch als Oberarzt einmal völlig abschalten können. Übrigens –«, er trank einen Schluck Bier und blickte Dr. Bruckner an, »wie finden Sie die neue Schwester?« Als Bruckner nicht sofort antwortete, fügte er hinzu: »Ich finde sie großartig! Ich habe selten eine Frau gesehen, die soviel Charme und gleichzeitig Autorität besitzt. Normalerweise kuscht man ja vor einer Schwester nicht, bei ihr habe ich aber das Gefühl, daß sie absolut weiß, was sie will und sich kein X für ein U vormachen läßt.«
»Da mögen Sie recht haben. Ich finde sie auch großartig. Nur –«, Thomas Bruckner nahm eine neue Scheibe Brot und legte sie auf seinen Teller, »es gibt da einige Dinge, die mich zum Nachdenken angeregt haben.«
»Zum Nachdenken angeregt? Das verstehe ich nicht.«
»Haben Sie denn gar nichts beobachtet?«
Dr. Heidmann schüttelte den Kopf. »Nein, aber sie hatten auch mehr Gelegenheit dazu. Ich habe sie ja nur ganz flüchtig gesehen.«
»Schließlich sollte auch die flüchtige Begegnung mit einem anderen Menschen Grund genug sein, um sich kleine Einzelheiten zu merken, die einen Rückschluß auf sein Wesen, seine soziale Stellung, vielleicht auch auf seinen Charakter zulassen.« Er trank sein Glas leer und wehrte ab, als Heidmann eine neue Flasche öffnen wollte. »Bitte, nicht mehr! Sie wollen mich doch nicht jetzt schon betrunken machen.«
»Von Bier?«
»Bier enthält ebenfalls Alkohol. Man braucht nur genügend davon zu trinken, um einen richtigen, Schwips zu bekommen.«
»Bei dem Kölsch, das man hier in Köln trinkt, habe ich allerdings mehr das Gefühl, daß es sich um ein nierenanregendes Mittel handelt.«
Thomas Bruckner nickte. »Der Alkoholgehalt des Kölsch ist auch nicht hoch, im übrigen haben ja die Ärzte in Köln früher Kölsch wirklich als ein Diureticum verordnet. Wer zu Nierensteinen neigte, mußte möglichst viel Kölsch trinken. Und das war immerhin eine Anordnung, die Kölner Bürger sehr gern und ausgiebig ausführten.«
Er griff nach einer Flasche mit Mineralwasser. »Ich werde mich lieber hieran halten, das hat weder Kalorien noch Alkohol. Man
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