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Die Nacht zum Dreizehnten

Die Nacht zum Dreizehnten

Titel: Die Nacht zum Dreizehnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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gewaltig verliebt hatte.
    Sie hatte sich zwar damals nach der großen Enttäuschung vorgenommen, sich nie wieder in einen Mann zu verlieben. Sie wollte ihr Leben ganz und gar ihrem Sohn und ihrer Arbeit widmen.
    Jedoch – was nützen einem Menschen alle guten Vorsätze, wenn eine höhere Macht eingreift und sie zunichte macht! Seufzend klappte sie den Aktendeckel, in dem sie ihre Manuskripte aufbewahrte, zu. Es war verlorene Zeit, die sie besser anwenden konnte.
    Sie überlegte, ob sie auf Station gehen und Harald Streiber besuchen sollte, aber sie fürchtete, daß man das mißdeuten würde. Sie hatte eigentlich keinen Grund, auf Station zu gehen. Vielleicht sollte sie statt dessen lieber einen kleinen Spaziergang machen. Es war die Gelegenheit, sich Köln ein wenig anzusehen, die Stadt, die sie noch nicht kannte und von der ihr Vater schon oft geschwärmt hatte.
    Sie zog sich ihr Jackett über und wollte ihr Zimmer verlassen, da schellte das Telefon. Sie überlegte, ob sie antworten sollte. Sie fürchtete, daß man sie vielleicht auf Station rufen könnte, weil eine Schwester ausgefallen war.
    Aber das war gerade der Grund, den sie suchte! Dann konnte sie ›ihren Patienten‹ wiedersehen.
    Sie nahm den Hörer ab und meldete sich. »Was ist?« Sie glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. »Das muß ein Irrtum sein. Ich kenne in Köln niemand, der mir Rosen schickt. Ist denn keine Karte dabei?«
    »Nein, aber wir haben keine andere Schwester Ariane. Der Name ist so selten, daß kein Irrtum vorliegen kann. Bitte, kommen Sie und holen sich die Blumen.« Schwester Angelikas Stimme klang nicht gerade sehr freundlich. Es schien, als sei sie ärgerlich, daß Ariane solch einen Riesenstrauß bekommen hatte.
    Sie überlegte, von wem die Rosen wohl stammen konnten? Von Dr. Bruckner, Dr. Heidmann, Dr. Phisto oder gar Oberarzt Wagner? Sie ahnte, daß sie alle in sie verliebt waren, aber daß einer von ihnen zwanzig Rosen schicken würde, hätte sie nicht für möglich gehalten …
    Sie verließ das Schwesternhaus, durchquerte den Garten und betrat die Chirurgische Klinik. Schwester Angelika war im Dienstzimmer. Sie deutete auf den Strauß. »Da liegt Ihre Pracht!«
    Ariane entfernte das Papier. Vergeblich suchte sie nach einer Karte oder einem Zettel, der die Identität des Absenders verraten hätte. Es war nichts da.
    »Ich verstehe das nicht …«
    Schwester Angelika zuckte mit den Schultern. »Nun, ich weiß es auch nicht. Wahrscheinlich wird sich derjenige noch melden. Man –«, Angelikas Stimme klang ironisch, »schenkt ja nicht ohne Hintergedanken so teure Blumen. Das sind ausgesuchte Rosen – die sind verdammt teuer!«
    Ariane knüllte das Papier zusammen und warf es in den Papierkorb. Sie nahm die Schere, die ihr Schwester Angelika reichte, und schnitt die Rosenenden an. »Wo lasse ich die?«
    »Ich werde Ihnen eine Vase geben.« Die alte Schwester nahm aus einem Schrank ein großes Gefäß. »Es ist zwar keine Blumenvase, es ist ein kleiner Eimer. Aber wir sind in der Station nicht auf solche Riesensträuße eingerichtet.«
    Ariane ordnete die Blumen sorgfältig in dem Gefäß. Einen Augenblick kam ihr der Gedanke, daß sie vielleicht von dem Patienten Streiber stammen könnten, aber sie verwarf den Gedanken sofort. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie ein kleiner Angestellter das Geld dafür aufbringen sollte.
    »Darf ich Sie um einen Gefallen bitten?« Angelika schaute Schwester Ariane bittend an. »Ich habe etwas Wichtiges auf der Verwaltung zu erledigen, und ich möchte die Station nicht allein lassen. Es ist sonst niemand da. Könnten Sie mich eine Viertelstunde vertreten? Es geht nur um das Telefon. Einer muß Telefonwache halten.«
    Im ersten Impuls wollte Ariane ablehnen, aber dann nickte sie. »Gut; wenn es nur eine Viertelstunde ist.«
    »Ich werde mich beeilen. Wahrscheinlich bin ich noch früher zurück.« Sie verließ eilig das Dienstzimmer. Ariane setzte sich an den Schreibtisch.
    Sie holte die Rosen dicht an sich heran, atmete den Duft ein und grübelte, wer von den Ärzten, die sie hier kennengelernt hatte, wohl so großzügig war, ihr diese teuren Rosen zu schenken.
    Schließlich blieb sie bei Dr. Bruckner hängen. Er war der einzige, dem sie eine solche großzügige Handlung zutrauen konnte. Vielleicht sollte es ein Zeichen von Dankbarkeit sein, daß sie so tatkräftig und richtig eingegriffen hatte, als niemand im Hause war? Sie nahm sich vor, dem Oberarzt bei nächster Gelegenheit zu

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