Die Nacht zum Dreizehnten
Tür, verließ das Dienstzimmer und ging mit schleppenden Schritten den Korridor entlang zum Fahrstuhl.
Als sie gerade die Fahrstuhltür öffnen wollte, kam Schwester Angelika hinter ihr hergelaufen und winkte mit dem Rosenstrauß. »Sie haben Ihre Blumen vergessen.«
Ariane Quenstadt biß die Zähne zusammen. Sie hob abwehrend die Hand. »Ich habe sie nicht vergessen. Ich habe sie absichtlich stehen lassen, denn ich erfuhr gerade, von wem sie stammen.«
»Von wem?« Schwester Angelika war neugierig geworden.
»Von dem Patienten Streiber.«
Schwester Angelika schüttelte den Kopf. »Ich hätte nicht gedacht, daß er soviel Geld hat, um so teure Rosen zu kaufen.«
»Es ist nicht Harald Streiber, der da liegt. Es ist –«, es fiel ihr schwer, den Namen auszusprechen, »Dietmar Bursoni – der Schlagersänger.«
»Dietmar Bursoni?« Kopfschüttelnd schaute Schwester Angelika die Rosen an, die sie in der Hand hielt. »Sind Sie dessen ganz sicher?«
»Ganz sicher! Sein Chauffeur und Pferdepfleger Harald Streiber hat nämlich gerade angerufen. Im Augenblick telefoniert er noch mit seinem Herrn und Meister.« Sie öffnete die Fahrstuhltür und wollte einsteigen; Schwester Angelika hielt die Tür auf. »Was mache ich jetzt mit den Rosen?«
»Bringen Sie sie bitte Herrn Bursoni und sagen Sie ihm, daß ich auf seine Geschenke keinen Wert lege.«
»Jetzt verstehe ich bald gar nichts mehr!«
»Das brauchen Sie auch nicht. Vielleicht werde ich es Ihnen später erklären. Bringen Sie ihm nur die Rosen. Er wird schon wissen, warum ich sie ablehne. Vielen Dank!« Sie griff nach der Fahrstuhltür und zog sie von innen zu. Sie drückte rasch auf den Knopf, der den Fahrstuhl zum Erdgeschoß brachte.
Müde ging sie dann über den Hof, durchquerte den Rosengarten und betrat das Schwesternhaus. Der Gedanke, daß Dietmar Bursoni sie zum Narren gehalten hatte, ihr vorgelogen hatte, er sei sein eigener Pferdepfleger, kränkte sie zutiefst. Sie mußte an ihren kleinen David denken, den Sohn dieses Mannes, von dessen Existenz er wußte und um den er sich aber in all den Jahren nicht gekümmert hatte.
Sie überlegte, ob sie ihren Vater anrufen und ihm mitteilen sollte, was geschehen war. Aber er würde es nicht begreifen, daß sie diesen Mann, der ihr so viel Leid angetan hatte, nicht zur Rechenschaft zog.
Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und barg den Kopf in ihren Händen. Da hatte sie sich noch einmal in diesen Mann verliebt, der sie jetzt fast ein zweites Mal hinters Licht geführt hätte, wenn dieser Anruf nicht gekommen wäre. Sie konnte dem Zufall nicht genug dankbar sein, daß er sozusagen im letzten Augenblick noch eingegriffen und sie vor impulsiven Handlungen bewahrt hatte.
Je länger sie darüber nachdachte, desto stärker wurde der Wunsch in ihr, Köln zu verlassen. Sie hatte morgen Vorlesung, aber sie glaubte, daß sie nicht in der Lage sein würde, sie zu halten. In einem plötzlichen Entschluß sprang sie auf, warf ihre Sachen in den Koffer, legte den Kasten mit den Diapositiven und die Manuskripte dazu und verließ das Schwesternhaus. Als sie am Pförtner vorbeiging, überlegte sie, ob sie wenigstens Schwester Angelika oder Dr. Bruckner Bescheid geben sollte, daß sie morgen ihre Vorlesung nicht halten würde, aber bestimmt würde jemand einspringen. Da waren ja zwei Oberärzte, die durchaus in der Lage waren, sie zu ersetzen. Sie ging also am Pförtner vorbei und erinnerte sich, daß sie an der Straßenecke einen Taxistand gesehen hatte. Sie konnte heute noch nicht nach Hause fahren. Es war ihr unmöglich, ihrem Vater gegenüberzutreten. Sie beschloß, die Nacht in einem Hotel zu verbringen.
»Fahren Sie mich bitte in ein Hotel.«
»Haben Sie einen besonderen Wunsch?« fragte der Fahrer. »Ich meine, in Beziehung auf die Preisgestaltung!«
»Ein gutes Mittelklassehotel reicht mir. Hauptsache, ich habe ein Zimmer mit Bad.«
»Gut. Soll es im Stadtzentrum sein?«
»Möglichst nahe am Bahnhof.«
Der Fahrer schaltete die Uhr ein und fuhr los. Ariane versuchte, einen Plan aufzustellen und zu überlegen, was sie tun sollte, aber die Gedanken versagten ihr. Sie kreisten unablässig um den Mann, der sie zum zweitenmal so tief enttäuscht hatte.
Sie fuhr erschrocken hoch, als der Fahrer sie ansprach: »Hier ist ein Hotel, das Ihnen zusagen würde. Soll ich nachfragen, ob ein Zimmer frei ist?«
»Bitte!« Ariane war froh, daß der Taxifahrer ihr die Arbeit abnahm. Es dauerte nicht lange, bis er
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