Die Nachtwächter
sein…«
»Soll das heißen, du willst zum Militär, um auf dem Schlachtfeld zu
plündern?«, brachte der Major schockiert hervor. »Ein kleiner… Junge
wie du?«
»Einmal, als der alte Sconner zwei Tage lang nüchtern war, hat er
kleine Soldaten für mich gebastelt«, sagte Nobby. »Sie hatten diese
kleinen Stiefel, die man ihnen abnehmen konnte…«
»Sei still!«, ächzte der Major.
»… und die kleinen hölzernen Zähne, die man…«
»Sei endlich still! «, rief der Major. »Hast du denn überhaupt kein Interesse an Ehre? Ruhm? Liebe zur Stadt?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Nobby »Bekommt man viel dafür?«
»So etwas ist unbezahlbar !«
»In dem Fal bleibe ich lieber bei den Stiefeln, wenn’s dir recht ist«,
sagte Nobby. »Man kann sie für zehn Cent das Paar verkaufen, wenn
man den richtigen Laden kennt…«
»Sieh dir Kavallerist Gabitass an!«, stieß der inzwischen recht
verärgerte Major hervor. »Zwanzig Jahre im Dienst, ein hervorragender
Soldat! Ihm käme es nie in den Sinn, die Stiefel eines gefallenen Feinds
zu stehlen, oder?«
»Nein, Herr!«, erwiderte Gabitass. »So was ist total schwachsinnig!« *
* Und das stimmte. Halte dich nicht mit den Stiefeln auf, hätte Kavallerist Gabitass geraten, wenn er bereit gewesen wäre, einen Rat zu geben. Man muss jemanden vom Tross bestechen, um einen Vorrat anzulegen, und letztendlich
»Äh… ja!«, bestätigte der Major. »Von Männern wie Kaval erist
Gabitass könntest du viel lernen, mein lieber Nobbs. Offenbar hat die
Zeit bei den Rebellen deinen Kopf mit völlig falschen Ideen gefüllt.«
»Ich bin kein Rebel !«, entfuhr es Nobby. »Nenn mich nicht Rebel ,
denn ich bin keiner, ich bin ein Ankh-Morpork-Junge und stolz darauf,
jawohl! Ha, du irrst dich, ich bin nie ein Rebel gewesen, und es ist
gemein von dir, mich so zu nennen! Ich bin ein ehrlicher Junge!«
Große Tränen rollten ihm über die Wangen, wuschen den Schmutz
weg und legten tiefe Schichten aus älterem Schmutz frei.
Mit so etwas hatte der Major keine Erfahrung. Aus allen
Körperöffnungen des kleinen Jungen schien Flüssigkeit zu strömen. Er
richtete einen Hilfe suchenden Blick auf Gabitass.
»Du bist ein verheirateter Mann, Kaval erist. Was sol en wir jetzt
machen?«
»Ich könnte ihm eine Ohrfeige geben, Herr«, antwortete Gabitass.
»Das ist sehr rücksichtslos, Kaval erist! Nun, äh, eben hatte ich noch
ein Taschentuch…«
»Ha, ich habe meinen eigenen Wischlappen, herzlichen Dank, du
brauchst gar nicht so herablassend zu tun«, schniefte Nobby und zog
ein Tuch aus der Tasche. Genauer gesagt: Er zog ein Dutzend Tücher
aus der Tasche, darunter auch eins mit den Initialen S.S.S. Sie waren so
miteinander verheddert wie die Flaggen-aller-Nationen eines
Zauberkünstlers, und in dem Durcheinander steckten auch einige
Geldbörsen und ein halbes Dutzend Löffel.
Nobby wischte sich das Gesicht mit dem ersten Tuch ab, stopfte
dann alles in die Tasche zurück und stellte fest, dass ihn die Männer
groß anstarrten.
»Na? Was ist?«, fragte er trotzig.
»Erzähl uns von Keel!«, sagte der Major.
verdient man nur ein paar Dollar. Spezialisiere dich auf Schmuck. Den kann
man leicht transportieren. Kavallerist Gabitass hatte zu viele Schlachtfelder gesehen, um das Wort »Ruhm« auszusprechen, ohne dabei
zusammenzuzucken.
»Ich weiß gar nichts nich’«, erwiderte Nobby automatisch.
»Aha, das bedeutet, dass du etwas weißt«, sagte der Major, der
tatsächlich zu den Personen zählte, die einen so kleinen Triumph
genossen.
Nobby stand mit ausdrucksloser Miene auf dem Stuhl. Der
Hauptmann beugte sich vor und flüsterte dem Major etwas ins Ohr.
»Äh, nur nach den Regeln der Mathematik, Stefan«, flüsterte
Hauptmann Wrangel. »Ich glaube, in diesem Fal sol das doppelte
Negativum nur betonen, dass er…«
»Erzähl uns von Keel!«, rief der Major.
»Major, warum überlässt du solche Dinge nicht den Experten?«,
erklang eine Stimme.
Der Major sah auf. Carcer und seine Männer waren ins Zelt
gekommen. Der Feldwebel lächelte wieder.
»Hast da einen kleinen Gefangenen, was?«, fragte Carcer, trat näher
und musterte Nobby. »Ist bestimmt ein Rädelsführer, ja. Hat er dir
irgendwas verraten? Wohl kaum. Man braucht eine besondere
Ausbildung, um aus solchen Leuten etwas herauszuholen, haha.«
Er schob die Hand in die Tasche. Als sie wieder zum Vorschein kam,
glänzten Messingringe an den Fingern.
»Nun, Junge«, sagte Carcer,
Weitere Kostenlose Bücher