Die Nachtwächter
war nötig, und Mumm musste von hinten
schieben, um durch die verzweifelte Menge voranzukommen und die
Welt hinter der Barrikade zu erreichen. In der Dunkelheit zwängte sich
Mumm an Fliehenden vorbei und näherte sich der einen Seite der
Großen Marie. Sie war wie ein riesiger Sturmbock und kam wegen der
vielen Menschen nur langsam voran. Vermutlich fand Carcer großen
Gefallen an der Fahrt.
Verborgen in der Menge duckte sich Mumm unter den Wagen und
holte einen Hammer und einen Keil aus Wiggels Beutel.
»Du übernimmst das linke hintere Rad und haust dann ab, Billy«,
sagte er.
»Aber, Oberfeldwebel…«
»Das ist ein Befehl. Kehr zurück und bring die Leute so schnel wie
möglich von der Straße!«
Mumm näherte sich einem der Vorderräder und hielt den Keil
zwischen Rad und Achse bereit. Der Wagen stoppte kurz, und er schob
den Keil in die Lücke und schlug mit dem Hammer darauf. Ihm blieb
noch Zeit für einen zweiten Hammerschlag, bevor ein Knarren
ankündigte, dass die Ochsen erneut schoben. Rasch kroch Mumm
zurück und nahm den Beutel von Wiggel entgegen, bevor der kleine
Mann mit einem letzten widerstrebenden Blick in dem Wald aus Beinen
verschwand.
Mumm konnte einen dritten Keil platzieren, bevor laute Stimmen
weiter hinten darauf hinwiesen, dass man den Stillstand der Großen
Marie bemerkt hatte. Die Räder schaukelten und trieben die Keile
dadurch noch tiefer in die Lücken. Um sie daraus zu lösen, mussten die
Räder abgenommen werden.
Doch Ochsen waren sehr kräftige Tiere. Genug von ihnen hätten es
bestimmt geschafft, sowohl den Wagen als auch die Barrikade zu
ziehen. Und das Schöne an einer Barrikade war: Man stellte sie sich als etwas vor, in das Leute hineinwollten…
Mumm schlüpfte hinaus in die laute, verwirrende Nacht, in das
Durcheinander aus Soldaten, Wächtern und Flüchtlingen, die alle
aneinander vorbeiredeten. In den flackernden Schatten war Mumm nur
eine vage Gestalt von vielen. Selbstsicher bahnte er sich einen Weg zu
den Ochsen und dem Mann, der sie mit einem Stock antrieb und einen
für Mumm erfreulichen Anblick bot: Wenn man ihn nach seinem
Namen fragte, würde er bei insgesamt zehn möglichen Antworten sechs
richtige schaffen.
Mumm blieb nicht einmal stehen. Die andere Person durfte keine
Gelegenheit haben, »aber…« zu sagen, ganz zu schweigen von »He, was
machst du da?«. Er schob den Mann beiseite und blickte zu den
schwitzenden Tieren.
»Alles klar, ich weiß, wo das Problem liegt«, sagte Mumm wie jemand,
der al es über Ochsen wusste. »Eindeutig ein Fal von Verstopfung.
Aber das bringen wir in Ordnung. Heb den Schwanz dort. Na los,
Mann!«
Der Ochsentreiber gehorchte der Stimme der Autorität. Mumm griff
nach einem Klumpen Ingwer. Los geht’s, dachte er. Wenigstens ist es
ein warmer Ort in einer kalten Nacht. »In Ordnung. Und jetzt der
andere… Gut. Ich, äh, gehe jetzt wieder auf die andere Seite und… äh,
auf die andere Seite…«, sagte Mumm und eilte in die Schatten zurück.
Einmal mehr bahnte er sich einen Weg durch das Gedränge und
zwängte sich durch die schmale Lücke in der Barrikade.
»Alles in Ordnung, Oberfeldwebel, ich habe dich durch Frau Rudolfs
Esszimmerstühle kommen sehen«, sagte Fred Colon und zog Mumm
auf die Beine. »Du hast das Ding wirklich aufgehalten, Oberfeldwebel,
und ob. Du hast… urrgh…«
»Ja, du sol test mir erst die Hand schütteln, nachdem ich mich
gewaschen habe«, sagte Mumm und ging zur Pumpe.
Er lauschte nach seltsamen Geräuschen auf der anderen Seite der
Barrikade. Für einige Sekunden schien nichts Ungewöhnliches zu
geschehen. Und dann hörte er es…
Nach seinem Besuch bei den Ochsen war zunächst nichts passiert,
abgesehen davon, dass die Tiere ganz langsam die Augen verdrehten.
Und dann wurden ihre Augen rot. Es dauert eine Weile, bis etwas im
Kopf eines Ochsen geschieht, aber wenn es dann so weit ist, geschieht
es extensiv.
Das Muhen begann tief und stieg langsam höher. Es war ein
viszerales Geräusch, das weit über die Tundra der Vorzeit geklungen
war und dem frühen Menschen mitgeteilt hatte: Hier kommt das
Abendessen oder der Tod, und beide sind stinksauer. So hörte sich ein
großes Tier an, das doch zu klein war, um al e Emotionen
zurückzuhalten, die in ihm emporquol en. Und es war ein Duett.
Mumm kletterte auf die Barrikade und beobachtete, wie die Leute
wegliefen. Die ganze Große Marie erbebte. Das sah nicht sehr
beeindruckend aus,
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