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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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war nötig, und Mumm musste von hinten
    schieben, um durch die verzweifelte Menge voranzukommen und die
    Welt hinter der Barrikade zu erreichen. In der Dunkelheit zwängte sich
    Mumm an Fliehenden vorbei und näherte sich der einen Seite der
    Großen Marie. Sie war wie ein riesiger Sturmbock und kam wegen der
    vielen Menschen nur langsam voran. Vermutlich fand Carcer großen
    Gefallen an der Fahrt.
    Verborgen in der Menge duckte sich Mumm unter den Wagen und
    holte einen Hammer und einen Keil aus Wiggels Beutel.
    »Du übernimmst das linke hintere Rad und haust dann ab, Billy«,
    sagte er.
    »Aber, Oberfeldwebel…«
    »Das ist ein Befehl. Kehr zurück und bring die Leute so schnel wie
    möglich von der Straße!«
    Mumm näherte sich einem der Vorderräder und hielt den Keil
    zwischen Rad und Achse bereit. Der Wagen stoppte kurz, und er schob
    den Keil in die Lücke und schlug mit dem Hammer darauf. Ihm blieb
    noch Zeit für einen zweiten Hammerschlag, bevor ein Knarren
    ankündigte, dass die Ochsen erneut schoben. Rasch kroch Mumm
    zurück und nahm den Beutel von Wiggel entgegen, bevor der kleine
    Mann mit einem letzten widerstrebenden Blick in dem Wald aus Beinen
    verschwand.
    Mumm konnte einen dritten Keil platzieren, bevor laute Stimmen
    weiter hinten darauf hinwiesen, dass man den Stillstand der Großen
    Marie bemerkt hatte. Die Räder schaukelten und trieben die Keile
    dadurch noch tiefer in die Lücken. Um sie daraus zu lösen, mussten die
    Räder abgenommen werden.
    Doch Ochsen waren sehr kräftige Tiere. Genug von ihnen hätten es
    bestimmt geschafft, sowohl den Wagen als auch die Barrikade zu
    ziehen. Und das Schöne an einer Barrikade war: Man stellte sie sich als etwas vor, in das Leute hineinwollten…
    Mumm schlüpfte hinaus in die laute, verwirrende Nacht, in das
    Durcheinander aus Soldaten, Wächtern und Flüchtlingen, die alle
    aneinander vorbeiredeten. In den flackernden Schatten war Mumm nur
    eine vage Gestalt von vielen. Selbstsicher bahnte er sich einen Weg zu
    den Ochsen und dem Mann, der sie mit einem Stock antrieb und einen
    für Mumm erfreulichen Anblick bot: Wenn man ihn nach seinem
    Namen fragte, würde er bei insgesamt zehn möglichen Antworten sechs
    richtige schaffen.
    Mumm blieb nicht einmal stehen. Die andere Person durfte keine
    Gelegenheit haben, »aber…« zu sagen, ganz zu schweigen von »He, was
    machst du da?«. Er schob den Mann beiseite und blickte zu den
    schwitzenden Tieren.
    »Alles klar, ich weiß, wo das Problem liegt«, sagte Mumm wie jemand,
    der al es über Ochsen wusste. »Eindeutig ein Fal von Verstopfung.
    Aber das bringen wir in Ordnung. Heb den Schwanz dort. Na los,
    Mann!«
    Der Ochsentreiber gehorchte der Stimme der Autorität. Mumm griff
    nach einem Klumpen Ingwer. Los geht’s, dachte er. Wenigstens ist es
    ein warmer Ort in einer kalten Nacht. »In Ordnung. Und jetzt der
    andere… Gut. Ich, äh, gehe jetzt wieder auf die andere Seite und… äh,
    auf die andere Seite…«, sagte Mumm und eilte in die Schatten zurück.
    Einmal mehr bahnte er sich einen Weg durch das Gedränge und
    zwängte sich durch die schmale Lücke in der Barrikade.
    »Alles in Ordnung, Oberfeldwebel, ich habe dich durch Frau Rudolfs
    Esszimmerstühle kommen sehen«, sagte Fred Colon und zog Mumm
    auf die Beine. »Du hast das Ding wirklich aufgehalten, Oberfeldwebel,
    und ob. Du hast… urrgh…«
    »Ja, du sol test mir erst die Hand schütteln, nachdem ich mich
    gewaschen habe«, sagte Mumm und ging zur Pumpe.
    Er lauschte nach seltsamen Geräuschen auf der anderen Seite der
    Barrikade. Für einige Sekunden schien nichts Ungewöhnliches zu
    geschehen. Und dann hörte er es…
    Nach seinem Besuch bei den Ochsen war zunächst nichts passiert,
    abgesehen davon, dass die Tiere ganz langsam die Augen verdrehten.
    Und dann wurden ihre Augen rot. Es dauert eine Weile, bis etwas im
    Kopf eines Ochsen geschieht, aber wenn es dann so weit ist, geschieht
    es extensiv.
    Das Muhen begann tief und stieg langsam höher. Es war ein
    viszerales Geräusch, das weit über die Tundra der Vorzeit geklungen
    war und dem frühen Menschen mitgeteilt hatte: Hier kommt das
    Abendessen oder der Tod, und beide sind stinksauer. So hörte sich ein
    großes Tier an, das doch zu klein war, um al e Emotionen
    zurückzuhalten, die in ihm emporquol en. Und es war ein Duett.
    Mumm kletterte auf die Barrikade und beobachtete, wie die Leute
    wegliefen. Die ganze Große Marie erbebte. Das sah nicht sehr
    beeindruckend aus,

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