Die Nachtwächter
einer
Person, die weiß: In einer schwierigen Situation muss sie auf den guten
Willen von jemandem hoffen, der gar keinen Grund hat, guten Willen
zu zeigen.
»Du wärst erstaunt über einige der Fal en, die es hier gibt«, fuhr Mumm fort. »Manche von ihnen sind sehr ausgeklügelt, wenn ich das sagen
darf.«
»Ich hätte nie damit gerechnet, dass sich die Ziegel auf dem Dach so
verschieben, Herr.«
»Sie sind an geschmierten Schienen befestigt.«
»Ausgezeichnet, Herr!«
»Einige der Fallen würden dich in etwas Tödliches stürzen lassen«,
sagte Mumm.
»Da kann ich von Glück sagen, dass ich in diese Grube gefal en bin.«
»Oh, sie wirkt ebenfalls tödlich«, sagte Mumm. »Nach einer Weile.« Er
seufzte. Natürlich ging es ihm darum, die Gilde von solchen Dingen
abzuhalten, aber… Sein Name stand nicht mehr auf der Liste? Es gefiel
ihm nicht, wenn ihm irgendwelche verstohlenen Gestalten nach dem
Leben trachteten, Leute, die vorübergehend in den Diensten dieser oder
jener Feinde standen. Andererseits hatte er darin immer eine Art
Vertrauensvotum gesehen. Es zeigte, dass er die Reichen und
Arroganten ärgerte, die es verdienten, geärgert zu werden.
Außerdem war die Assassinengilde leicht zu überlisten. Sie hatte
strenge Regeln, an die sie sich um der Ehre willen hielt. Mumm, der
sich in praktischen Bereichen nicht mit Regeln belastete, fand das
durchaus in Ordnung.
Man hatte seinen Namen von der Liste gestrichen? Die einzige andere
Person, die angeblich nicht auf der Liste stand, war der Patrizier Lord
Vetinari. Die Assassinen verstanden das Spiel der Politik in Ankh-
Morpork besser als sonst jemand, und wenn sie jemanden von ihrer
Liste strichen, so glaubten sie, dass der Tod des Betreffenden nicht nur
das Spiel verdarb, sondern das Spielbrett zerbrach…
»Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mich herausziehen könntest,
Herr«, sagte Jocasta.
»Was? Oh, ja. Tut mir Leid, hab saubere Sachen an«, sagte Mumm.
»Aber wenn ich ins Haus zurückkehre, sage ich dem Butler, dass er mit
einer Leiter hierher kommen sol . Was hältst du davon?«
»Vielen Dank, Herr. Freut mich, dir begegnet zu sein, Herr.«
Mumm schlenderte zum Haus zurück. Nicht mehr auf der Liste?
Konnte er Einspruch erheben? Viel eicht dachten die Assassinen…
Der Duft strich über ihn hinweg. Er sah auf.
In der Nähe blühte ein Fliederstrauch.
Er starrte wortlos.
Verdammt! Verdammt ! Jedes Jahr vergaß er es. Nein, das stimmte nicht.
Er vergaß es nicht. Er verstaute die Erinnerungen wie altes
Silberbesteck, das nicht anlaufen sollte. Und jedes Jahr kehrten sie
zurück, scharf und funkelnd, stachen ihm ins Herz. Ausgerechnet
heute…
Er streckte die Hand aus, und seine Finger zitterten, als er nach einer
Blüte griff und vorsichtig den Stiel brach. Er schnupperte daran, und
einige Sekunden blickte er ins Nichts. Schließlich setzte er sich wieder
in Bewegung und trug die Blüte vorsichtig ins Ankleidezimmer.
Willikins hatte für heute die offizielle Uniform vorbereitet. Sam Mumm sah verwundert darauf hinab, und dann fiel es ihm ein. Wachkomitee.
Na schön. Der verbeulte alte Brustharnisch kam dafür nicht in Frage…
Nicht für Seine Gnaden, den Herzog von Ankh und Kommandeur der
Stadtwache, Sir Samuel Mumm. In dieser Hinsicht hatte sich Lord
Vetinari sehr klar ausgedrückt, verdammter Mist.
Die Tatsache, dass Sam Mumm die Notwendigkeit dieser Sache
einsah, machte al es noch ärgerlicher. Er verabscheute die offizielle
Uniform, aber inzwischen repräsentierte er etwas mehr als nur sich
selbst. Sam Mumm war in einer schmutzigen Rüstung bei
Besprechungen erschienen, und selbst Sir Sam Mumm fand immer
wieder einen Grund, die ganze Zeit über seine Straßenuniform zu
tragen. Aber ein Herzog… Ein Herzog musste feiner aussehen. Ein
Herzog konnte nicht einfach den Hintern aus der Hose hängen lassen,
wenn er ausländischen Diplomaten gegenübertrat. Auch der alte Sam
Mumm hatte seinen Hintern nicht aus der Hose hängen lassen, aber es
wäre nicht zu einem Krieg gekommen, wenn er es doch einmal getan
hätte.
Der einfache alte Sam Mumm hatte sich gewehrt, die meisten Federn
entfernt und die lächerliche Strumpfhose weggeworfen. Das Ergebnis
war eine Paradeuniform, deren Träger zumindest den Eindruck
erweckte, männlichen Geschlechts zu sein. Aber der Helm war golden
verziert, und die nach Maß fertigenden Waffenschmiede hatten einen
neuen, glänzenden Brustharnisch mit goldenen
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