Die Nachtwächter
stellte fest, dass er auf einer Art Tisch lag. Eine junge Frau lehnte neben ihm an der Wand. Kleidung und Haltung genügten Mumms Polizistenhirn, um sie zu identifizieren: eine Näherin. Aber nicht eine der intelligenteren. Der Mann trug einen langen, schwarzen Umhang und einen albernen Schlapphut, der ebenfalls eine Identifikation erlaubte: Hilfe, ich bin in den Händen eines
Doktors
!
Er setzte sich abrupt auf.
»Wenn du mich anrührst, verpasse ich dir eine!«, rief er und versuchte, die Beine vom Tisch zu schwingen. Die Hälfte seines Kopfes ging in Flammen auf.
»An deiner Stelle würde ich es ruhig angehen lassen«, sagte der Doktor und drückte ihn sanft zurück. »Das war ein sehr scheußlicher Schnitt. Und rühr die Augenklappe nicht an!«
»Schnitt?«, wiederholte Mumm, und seine Finger berührten den dicken Stoff einer Augenklappe. Erinnerungen flackerten auf. »Carcer! Hat ihn jemand geschnappt?«
»Wer auch immer dich angegriffen hat – er ist entkommen«, sagte der Doktor.
»Nach dem Sturz?«, fragte Mumm. »Er dürfte zumindest gehinkt haben! Hör mal, ich muss…«
Und dann bemerkte er all die anderen Dinge. Er hatte sie nacheinander zur Kenntnis genommen, aber erst jetzt reichte ihm das Unterbewusstsein die komplette Liste.
Er trug seine Kleidung nicht mehr…
»Was ist mit meiner Uniform passiert?«, fragte er. Er bemerkte den
Ich habe es ja gesagt-
Blick, den die Frau dem Doktor zuwarf.
»Der Angreifer hat dich bis auf die Unterhose ausgezogen und dich auf der Straße liegen gelassen«, sagte sie. »Ich habe einige passende Sachen bei mir gefunden. Es ist erstaunlich, was die Leute alles zurücklassen.«
»Wer hat meine Rüstung genommen?«
»Namen kenne ich nicht«, sagte die Frau. »Ich sah einige Männer, die mit irgendwelchen Dingen davonliefen.«
»Gewöhnliche Diebe? Haben sie keine Quittung hinterlassen?«
»Nein!« Die Frau lachte. »Warum sollten sie?«
»Dürfen
wir
irgendwelche Fragen stellen?«, ließ sich der Doktor vernehmen, während er seine Instrumente reinigte.
Dies war nicht richtig…
»Nun, ich meine… danke, ja«, sagte Mumm.
»Wie heißt du?«
Mumms Hand verharrte auf halbem Weg zum Gesicht. »Soll das heißen, du kennst mich nicht?«
»Sollten wir dich kennen?«, fragte der Doktor.
Dies war nicht
richtig
…
»Wir sind hier doch in Ankh-Morpork, oder?«, vergewisserte sich Mumm.
»Äh, ja.« Der Doktor wandte sich an die Frau. »Er hat einen Schlag an den Kopf bekommen, aber ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm ist.«
»Ich vergeude meine Zeit«, sagte die Frau. »Wer bist du?«
Alle
in der Stadt kannten Mumm. Bei der Gilde der Näherinnen war das zweifellos der Fall. Und der Doktor schien nicht dumm zu sein. Vielleicht war dies nicht der geeignete Zeitpunkt, um die Wahrheit zu sagen. Möglicherweise befand er sich hier an einem Ort, der für einen Polizisten ungesund sein konnte. Es mochte Gefahren mit sich bringen, Mumm zu sein.
»Keel«, sagte er. Der Name fiel ihm einfach so ein. Den ganzen Tag über, seit der Fliederblüte, hatte er dicht unter der Oberfläche seines Denkens gewartet.
»Ja, gut«, sagte die Frau und lächelte. »Möchtest du dir auch einen Vornamen einfallen lassen?«
»John«, sagte Mumm.
»Sehr originell. Nun…
John,
es ist keine Seltenheit, dass hier halbnackte Männer in den Straßen liegen. Und komischerweise möchten sie nicht ihren wahren Namen oder ihren Wohnort nennen. Du bist nicht der Erste, den Dr. Rasen hier zusammengeflickt hat. Ich bin Rosie. Und jetzt ist eine kleine Gebühr fällig, verstehst du? Für uns beide.«
»Schon gut, ich weiß, wie das läuft«, sagte Mumm und hob die Hände. »Dies sind die Schatten, stimmt’s?« Beide nickten. »Na gut. Danke. Ich habe natürlich kein Geld dabei, aber wenn ich nach Hause komme…«
»Ich begleite dich.« Die Frau reichte ihm einen längst aus der Mode geratenen Mantel und ein Paar uralte Stiefel. »Ich möchte nicht, dass du unterwegs Probleme bekommst, zum Beispiel durch einen plötzlichen Gedächtnisschwund.«
Mumm nickte, aber vorsichtig. Sein Gesicht schmerzte, und er fühlte sich überall wund, und er trug Sachen, die nach einem Abort stanken. Er wollte zum Wachhaus zurück, sich dort waschen, umziehen und einen kurzen Bericht schreiben, bevor er heimkehrte. Diese junge Dame konnte eine Nacht in der Zelle verbringen und am nächsten Tag der Näherinnengilde übergeben werden. Dort hielt man nichts von Geldschneiderei dieser Art. So etwas war
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