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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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schlecht fürs Geschäft.
    »Na schön«, sagte er und zog die Stiefel an. Sie waren zu eng, und die Sohlen bestanden aus dünner, feuchter Pappe.
    Dr. Rasen winkte vage und schien seinen Patienten damit zu entlassen. »Er gehört dir, Rosie. Trag die Klappe einige Tage, Herr Keel. Mit ein wenig Glück ist das Auge danach in Ordnung. Jemand hat mit einem sehr scharfen Messer zugestoßen. Ich habe mir alle Mühe gegeben, und die Naht ist gut, aber es wird eine scheußliche Narbe zurückbleiben.«
    Erneut hob Mumm die Hand und tastete nach der Augenklappe.
    »Und rühr das Ding nicht an!«, sagte Rasen scharf.
    »Komm jetzt… John«, sagte Rosie. »Bringen wir dich nach Hause.«
    Sie trat nach draußen. Wasser tropfte von den Dachvorsprüngen, aber der Regen hatte nachgelassen.
    »Ich wohne auf der anderen Seite des Pseudopolisplatzes«, sagte Mumm.
    »Geh voraus«, sagte Rosie.
    Sie hatten noch nicht das Ende der Straße erreicht, als Mumm zwei dunkle Gestalten bemerkte, die ihnen folgten. Er wollte sich umdrehen, aber Rosie schloss die Hand um seinen Arm und hinderte ihn daran.
    »Lass sie in Frieden, und sie lassen dich in Frieden«, sagte sie. »Sie begleiten uns nur zum Schutz.«
    »Zu meinem oder deinem Schutz?«
    Rosie lachte. »Zu unser beider.«
    »Ja, geh nur weiter, werter Herr, und wir sind so leise wie kleine Mäuse«, ertönte eine schrille Stimme hinter ihnen. Eine etwas tiefere Stimme fügte hinzu: »Ja, Schätzchen. Sei ein braver Junge, dann kann Tante Dutzie darauf verzichten, ihre Handtasche zu öffnen.«
    »Das sind Dutzie und Putzie!«, entfuhr es Mumm. »Die Schmerzlichen Schwestern! Sie wissen genau, wer ich bin!« Er drehte sich um.
    Die dunklen Gestalten – beide trugen altmodische Strohhüte – wichen zurück. In der Düsternis erklangen einige metallische Geräusche, und Mumm versuchte, sich ein wenig zu entspannen. Zwar standen die Schmerzlichen Schwestern mehr oder weniger auf der gleichen Seite wie die Wache, aber man wusste nie genau, woran man mit ihnen war. Genau das machte sie so nützlich. Jeder Freier, der in einem der Freudenhäuser den Frieden störte, fürchtete die Schwestern weit mehr als die Wache. Die Wache hatte Regeln. Und die Wache hatte nicht Dutzies Handtasche. Und Putzie konnte mit ihrem Papageien-Regenschirm schreckliche Dinge anrichten.
    »Ich bitte euch«, sagte Mumm. »Dutzie? Putzie? Macht keinen Unsinn.«
    Etwas berührte ihn an der Brust. Er senkte den Kopf und sah einen Regenschirm, an dessen Spitze ein Papagei aus Holz steckte. »Geh weiter, werter Herr«, sagte eine Stimme.
    »Solange du noch Zehen hast, Schätzchen«, fügte eine andere Stimme hinzu.
    »Ist wahrscheinlich eine gute Idee«, sagte Rosie und zog an Mumms Arm. »Aber ich weiß, dass du sie beeindruckt hast.«
    »Woher weißt du das?«
    »Du liegst nicht zusammengekrümmt am Boden und gibst blubbernde Geräusche von dir. Komm jetzt, geheimnisvoller Mann.«
    Mumm blickte nach vorn und hielt nach dem blauen Licht der Wache vom Pseudopolisplatz Ausschau. Es würde nicht mehr lange dauern, bis alles einen Sinn ergab.
    Aber als er die Wache erreichte, sah er kein blaues Leuchten über dem Eingang. Oben hinter den Fenstern brannte Licht.
    Mumm hämmerte an die Tür, bis sie sich einen Spalt öffnete.
    »Was in aller Welt geht hier vor?«, fragte er die Nase und das Auge – mehr war von dem Mann hinter der Tür nicht zu sehen. »Und geh mir aus dem Weg!«
    Er stieß die Tür auf und trat ein.
    Es war nicht das Wachhaus, zumindest nicht hier drin. Er sah die vertraute Treppe, aber eine Wand teilte das Haftzimmer, und Teppiche lagen auf dem Boden, und Gobelins hingen an den Wänden… Und ein Hausmädchen hielt ein Tablett und starrte, ließ das Tablett fallen und schrie…
    »Wo sind meine
Leute
!«, rief Mumm.
    »Du gehst auf der Stelle, hast du gehört? Du kannst nicht einfach so hereinplatzen! Hinaus mit dir!«
    Mumm drehte sich zu dem Alten um, der die Tür geöffnet hatte. Er sah wie ein Butler aus und hielt einen Knüppel in der Hand. Vielleicht war Nervosität der Grund oder einfach nur das Alter: Das Ende des Knüppels zitterte unter Mumms Nase. Er griff nach dem Ding und warf es zu Boden.
    »Was ist hier los?«, fragte er. Der Alte schien ebenso verwirrt zu sein wie er selbst.
    Ein seltsamer, hohler Schrecken regte sich in Mumm. Durch die offene Tür eilte er zurück nach draußen in die feuchte Nacht. Rosie und die Tanten waren mit der Dunkelheit verschmolzen, typisch für Geschöpfe der

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